Und die dritte Entscheidung kommt mit dem KG, Beschl. v. 03.08.2021 – – (3) 121 Ss 60/21 (32/21) – aus Berlin. Denn stelle ich wegen der Ausführungen des KG zur Entziehung der Fahrerlaubnis in den Fällen des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB – unerlaubtes Entfernen und bedeutender Fremdschaden – vor. Die Ausführungen des KG zu verschiedenen Verfahrensrügen mag jeder selbst lesen.
Das KG führt zum Fremdschaden u.a. aus:
„5. Auch die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Einziehung des Führerscheins mit Anordnung einer Sperrfrist halten revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand; die dazu getroffenen Feststellungen erweisen sich als lückenhaft.
Gemäß § 69 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 StGB liegt ein Regelfall der Fahrerlaubnisentziehung wegen charakterlicher Ungeeignetheit vor, wenn der Täter eines unerlaubten Entfernens vom Unfallort im Sinne von § 142 StGB weiß oder wissen kann, dass durch den Unfall an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist.
a) Ob ein bedeutender Schaden vorliegt, beurteilt sich nach der Höhe des Betrages, um den das Vermögen des Geschädigten als direkte Folge des Unfalls vermindert wird (vgl. OLG Hamm NZV 2011, 356 m.w.N.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. Juli 2013 – III-3 Ws 225/13 -, juris; OLG Dresden, Beschluss vom 12.05.2005 – 2 Ss 278/05 – BeckRS 2005, 06462 – m.w.N.; OLG Naumburg NZV 1996, 204; OLG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20.12.1995 – 2 Ss 366/95 -, juris). Da bei der Bemessung dieser Schadensgrenze nur diejenigen Schadenspositionen berücksichtigungsfähig sind, die zivilrechtlich erstattungsfähig sind (vgl. OLG Hamm und OLG Düsseldorf a.a.O.; Weiland in juris-PK Straßenverkehrsrecht, § 69 Rdn. 53; Valerius in LK-StGB 13. Aufl., § 69 Rdn. 127 m.w.N.; von Heintschel-Heinegg/Huber in MüKo-StGB 4. Aufl., § 69 Rdn. 71 m.w.N.), muss das Tatgericht jedenfalls bei Unfallgeschehen, bei denen – wie hier – nicht bereits von vornherein ersichtlich ist, dass ein bedeutender Schaden entstanden ist (vgl. BayObLG, Beschluss vom 9. Juni 1998 – 1St RR 115/98 -, juris), nicht nur mitteilen, welche unfallbedingten Fremdschäden entstanden sind, sondern auch, wie diese wertmäßig zu beziffern sind. Dies kann regelmäßig etwa durch (gedrängte) Wiedergabe eines entsprechenden schriftlichen Kfz-Sachverständigengutachtens geschehen.
Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Das Landgericht teilt lediglich mit, dass der Angeklagte mit seinem Pkw gegen die rechte Seite des vom Zeugen D. geführten Pkw fuhr, wodurch an beiden Fahrzeugen Lackschäden, hingegen keine Dellen in den jeweiligen Karosserieteilen entstanden. Bei einem derartigen Unfallgeschehen drängt sich ein bedeutender Fremdschaden, namentlich der vom Zeugen D. klageweise geltend gemachte Schadensbetrag nicht ohne weiteres auf, so dass es näherer Ausführungen zur Fremdschadenshöhe bedurft hätte, woran es im angefochtenen Urteil jedoch fehlt. Die bloße Wiedergabe des vom Zeugen D. klageweise geltend gemachten – angesichts der mitgeteilten Schäden an den Kfz ohnehin vergleichsweise hoch angesetzten – Schadensersatzbetrages genügt den Darlegungsanforderungen nicht. Denn der Senat vermag anhand dessen nicht zu überprüfen, welche Schadenspositionen der Zeuge überhaupt geltend macht, sowie ob und ggf. in welcher Höhe sie zivilrechtlich erstattungsfähig sind. Er kann deshalb auch nicht prüfen, ob ein bedeutender Fremdschaden nach § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB entstanden ist.
b) Hinzu tritt, dass das Landgericht in seine diesbezügliche Entscheidung trotz des angenommenen Regelfalls von § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB die seit der Tat vom 4. Februar 2017 verstrichene Zeit (zum Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts bereits über vier Jahre) hätte einfließen lassen müssen (vgl. BVerfG ZfSch 2018, 47; BGH StV 1992, 30; OLG Oldenburg, Beschluss vom 17. Januar 2005 – Ss 428/04 (I 2) -, juris). Die von der Kammer herangezogene Begründung, die Ungeeignetheit des Angeklagten zum Führen eines Kraftfahrzeugs bestehe wegen seiner fehlenden Einsicht in das von ihm begangene Unrecht fort, ist nicht tragfähig. Allein der Umstand, dass ein Angeklagter von seiner Unschuld überzeugt ist und sich entsprechend in – jedenfalls insoweit – prozessordungskonformer Weise verteidigt, lässt noch nicht den Schluss auf eine charakterliche Ungeeignetheit zum Führen eines Kraftfahrzeugs zu (zur Strafzumessung bei zulässigem Verteidigungsverhalten vgl. Senat, Beschluss vom 27. Mai 1997 – (3) 1 Ss 88/97 (38/97) -; KG StV 2021, 48). Hierbei ist in den Blick zu nehmen, dass der Angeklagte nach den getroffenen Feststellungen seit Begehung der verfahrensgegenständlichen Verkehrsstraftat weder strafrechtlich noch sonst straßenverkehrsrechtlich in Erscheinung getreten ist und das festgestellte Unfallgeschehen keine Besonderheiten aufweist, das auf langfristige, noch zum Zeitpunkt der Berufungshauptverhandlung fortbestehende charakterliche Defizite des Angeklagten hindeutet, die verkehrsrechtlich von Relevanz sind. Wenngleich die verstrichene Zeit nicht zwingend einer Entziehung der Fahrerlaubnis entgegensteht (vgl. Senat, Beschluss vom 1. November 2010 – (3) 1 Ss 317/10 (108/10) -, juris; OLG Koblenz DAR 2008, 47), legen die dargelegten Umstände nach Einschätzung des Senats nahe, dass die charakterliche Ungeeignetheit des Angeklagten zum Führen eines Kraftfahrzeugs nicht mehr gegeben ist (vgl. dazu auch OLG Hamm DAR 2013, 160 und Beschluss vom 11. September 2014 – III-4 RVs 111/14 -, juris). Dass sich das Landgericht damit nicht auseinandergesetzt hat, macht die angefochtene Entscheidung lückenhaft.“