Bei der zweiten Entscheidung, die ich vorstelle, handelt es sich auch um einen Beschluss des 5. Strafsenats des BGH, nämlich um den BGH, Beschl. v. 07.12.2021 – 5 StR 187/21.
In dem Beschluss verweist der 5. Strafsenat noch einmal auf das BGH, Urt. v. 30.09.2021 – 5 StR 161/21, das ich heute morgen vorgstellt habe (vgl. StPO I: Schwangere Schöffin nimmt an der HV teil, oder: Auswirkung eines ärztlichen Beschäftigungsverbots?). Der BGH bekräftigt in dem neuen Beschluss noch einmal seine Rechtsauffassung aus dem urt. v. 30.09.2021. Aber der Beschluss ist nicht (nur) deshalb interessant, sondern auch wegen der Anmerkung des BGH zur Besorgnis der Befangenheit bei einer schwangeren Schöffin:
„Ungeachtet des Umstands, dass bereits die Zulässigkeit der Verfahrensbeanstandung zweifelhaft ist, mit der der Beschwerdeführer die „fehlerhafte“ Besetzung der Strafkammer rügt, erweist sie sich auch als unbegründet. Denn das einer ehrenamtlichen Richterin nach § 16 Abs. 1 MuSchG ausgesprochene Beschäftigungsverbot führt nicht zu einem Mitwirkungsverbot in der Hauptverhandlung. Das an den Arbeitgeber, nicht aber an das Gericht gerichtete Beschäftigungsverbot führt schon deshalb nicht zu einer gesetzeswidrigen Besetzung, weil die als öffentliches Ehrenamt ausgeführte Schöffentätigkeit (§ 31 Satz 1 GVG) nicht dem persönlichen Anwendungsbereich des Mutterschutzgesetzes unterfällt (vgl. dazu im Einzelnen BGH, Urteil vom 30. September 2021 – 5 StR 161/21, zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen).
Soweit der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift die Auffassung vertritt, ein Verfahrensbeteiligter könne in diesen Fällen auf die Weiterbeschäftigung der Schöffin mit einem Befangenheitsgesuch reagieren, das „gemeinhin Erfolg“ haben werde, trifft dies schon deshalb nicht zu, weil – wie dargelegt – die weitere Mitwirkung einer Schöffin, für die ein ärztliches Beschäftigungsverbot nach § 16 MuSchG erteilt ist, keinen Verstoß gegen das Recht auf den gesetzlichen Richter darstellt. Zudem ist eine Strafkammer unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt dazu verpflichtet, die Schwangerschaft einer Berufsrichterin oder Schöffin offenzulegen oder Fragen der Verfahrensbeteiligten dazu zu beantworten; jedenfalls bei einer Schöffin gilt im Hinblick auf etwaige ärztliche Beschäftigungsverbote nach § 16 MuSchG Gleiches (vgl. zum unzulässigen Ausforschen etwaiger Befangenheitsgründe auch BGH, Beschluss vom 14. April 2020 – 5 StR 14/20, NJW 2020, 2741; Urteil vom 2. September 2020 – 5 StR 630/19, NStZ 2020, 749). Anderes mag allenfalls gelten, wenn ausnahmsweise die Verhandlungsunfähigkeit einer zur Entscheidung berufenen Person wegen einer ernsthaften Erkrankung aufgrund konkreter und tragfähiger Anhaltspunkte in Rede steht oder es um die Frage geht, ob eine Konstellation im Sinne der Entscheidung des 2. Strafsenats vom 7. November 2016 (2 StR 9/15, BGHSt 61, 296) vorliegt (zwingender nachgeburtlicher Mutterschutz einer Berufsrichterin). Dass eine Schöffin aufgrund einer Schwangerschaft aus gesundheitlichen Gründen nicht geeignet sein sollte, das Schöffenamt auszuüben, liegt auch in Fällen des § 16 MuSchG regelmäßig fern.“