Festsetzung von Rahmengebühren im OWi-Verfahren, oder: Zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 5115 VV RVG

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Und zum Ausklang der Woche dann noch Gebührenrecht.

Zunächst der der AG Offenbach, Beschl. v. 15.07.2021 – 275 Owi 248/21 – zum Anfall der zusätzlichen Gebühr Nr. 5115 VV RVG und zur Bemessung der Rahmengebühren im Bußgeldverfahren.

Gegen den Betroffenen ist ein Bußgeldbescheid ergangen. Gegen den hatte der Verteidiger des Betroffene Einspruch eingelegt und zugleich Akteneinsicht beantragt. Zudem hat der Verteidiger angekündigt, nach Einsichtnahme eine Einlassung abzugeben. Das Verfahren ist dann später nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden, ohne dass der Verteidiger eine Einlassung abgegeben hat. Der Betroffene beantragte die Erstattung der ihm entstandenen notwendigen Auslagen und macht auch die zusätzliche Verfahrensgebühr nach Nr. 5115 VV RVG geltend. Die Verwaltungsbehörde hat die Erstattung dieser Gebühr abgelehnt. Der hiergegen gerichtete Antrag auf gerichtliche Entscheidung hatte keinen Erfolg:

„Die Mitwirkungsgebühr gem. Nr. 5115 VV RVG war nicht festzusetzen, da hier keine anwaltliche Mitwirkung vorlag, durch die eine Verfahrensbeendigung eingetreten ist.

Für die Entstehung dieser Gebühr ist ein Beitrag des Verteidigers an der Verfahrensbeendigung erforderlich. Dabei sind allerdings keine hohen Anforderungen an den Beitrag zu stellen. So kann bereits die Mitteilung, dass keine Angaben zur Sache gemacht werden, einen Beitrag darstellen. Im hiesigen Fall hatte der Verteidiger allerdings eine solche Angabe nicht gemacht. Er hatte vielmehr erklärt, Einspruch einzulegen und angekündigt, eine weitere Stellungnahme abzugeben. Eine solche Stellungnahme erfolgte allerdings nicht. Es erfolgte gerade nicht die Mitteilung, dass von einem Schweigerecht Gebrauch gemacht werde. Der Behörde wurde vielmehr suggeriert, dass noch weitere Angaben erfolgen würden. Auch die Sachstandsanfrage des Verteidigers stellt keine Verfahrenshandlung dar, die an einer Beendigung des Verfahrens mitwirkt.“

Und zur Bemessung der Rahmengebühren führt das AG aus:

„Grundsätzlich ist bei der Bemessung der Gebühr von der Mittelgebühr auszugehen. Bei Straßenverkehrsordnungswidrigkeiten ist allerdings in der Regel, aufgrund des Massencharakters, der einfach gelagerten Sachverhalte und der niedrigen Höhe der Bußgelder eine Gebühr unterhalb der Mittelgebühr festzusetzen. Bei Verkehrsordnungswidrigkeiten, denen ein standardisiertes Messverfahren zugrunde liegt, erfolgt in der Regel eine Festsetzung deutlich unterhalb der Mindestgebühr, da es sich dabei um besonders einfache Sachverhalte handelt, die leicht zu prüfen sind, keine rechtlichen Schwierigkeiten aufweisen und für die Betroffenen häufig nicht von besonderer Bedeutung sind. Zu berücksichtigen ist auch, dass bei solchen Verkehrsordnungswidrigkeiten in der Regel keine Zeugen zu vernehmen sind, da der Beweis alleine durch Urkunden und Lichtbilder geführt wird. Dies ist bei Verkehrsordnungswidrigkeiten, denen kein standardisiertes Messverfahren zugrunde legt, in der Regel nicht der Fall. Es ist allerdings immer eine Prüfung des Einzelfalles vorzunehmen und der Umfang und die Bedeutung des konkreten Verfahrens zu bestimmen.

Dem hiesigen Verfahren lag ein Geschwindigkeitsverstoß zu Grunde, wobei nur ein Fahrlässigkeitsvorwurf gemacht wurde. Von der Behörde wurde die Regelgeldbuße von 160 Euro und das Regelfahrverbot von 1 Monat festgesetzt. Der Antragsteller hat mitgeteilt, dass die Betroffene deutlich oberhalb des Einkommensdurchschnittsverdiene. Damit hat das Verfahren für sie aufgrund der geringen Bußgeldhöhe eine niedrige Bedeutung, auch wenn hier ein Fahrverbot verhängt wurde. Aufgrund ihrer guten Einkommensverhältnisse wäre es für die Betroffene, im Vergleich zu weniger gut gestellten Menschen, ein leichtes gewesen, dass Fahrverbot durch die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln und Taxis zu kompensieren.

Inhaltlich enthält die Akte nur 9 Seiten relevanten Inhaltes. Das Verfahren lag damit hinsichtlich seines Umfanges am absolut unteren Ende. Ausweislich des Akteninhaltes war hinsichtlich des Geschwindigkeitsverstoßes der Vollbeweis erbracht. Die Messung erfüllte die Voraussetzungen eines standardisierten Messverfahrens. Hätte der Verteidiger den Akteninhalt geprüft, so wäre ihm bewusst gewesen, dass in diesem Verfahren nur eine Verurteilung der Betroffenen hätte erfolgen können, sofern nicht zuvor ein Verfahrensfehler auftritt. Der Akteninhalt war allerdings überhaupt nicht bekannt, da die Behörde dem Akteneinsichtsgesuch des Verteidigers nicht nachgekommen war und dies auch im Verfahren zu keinem Zeitpunkt nachgeholt hat. Der Verteidiger hatte damit nur einen Aktenumfang von 2 Seiten zu prüfen, nämlich den Anhörungsbogen und den Bußgeldbescheid. Auf dieser Basis konnte nur eine Prüfung erfolgen, ob die auf dem Lichtbild des Anhörungsbogens abgebildete Fahrerin die Betroffene war. Ein derart beschränkter Prüfungsumfang rechtfertigt nur die Festsetzung deutlich unterhalb der Mittelgebühr liegender Gebühren. Dies gilt sowohl für die Grund- als auch für die Verfahrensgebühr.“

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