Rechtsmittel I: Die Rechtsmittelbefugnis des Betreuers, oder: Welchen Aufgabenbereich hat der Betreuer?

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Heute dann noch einmal StPO-Entscheidungen, und zwar jeweils zu Rechtsmittelfragen.

Den Opener macht der OLG Brandenburg, Beschl. v. 25.05.2021 – 2 Ws 48/21 – zur Wirskamkeit eines Rechtsmittels des Betreuers.

Dem Angeschuldigten war durch das LG ein Rechtsanwalt K. zum Pflichtverteidiger bestellt worden, nachdem dem Angeschuldigten zuvor mit Fristsetzung von zwei Wochen Gelegenheit zur Benennung eines Verteidigers gegeben wurde und er darauf nicht reagiert hatte. Es beantragte dann der u.a. mit den Aufgabenkreisen „Vertretung in Rechtsangelegenheiten“ und „Vertretung gegenüber Behörden“ bestellte Betreuer des Angeschuldigten die Beiordnung von Rechtsanwalt B, zum Pflichtverteidiger. Dieser Antrag wurde abeglehtn. Dagegen die sofortige Beschwerde des Betreuers. Das OLG hat die als unzulässig verworfen:

„Die fristgerecht angebrachte sofortige Beschwerde ist unzulässig, weil der Betreuer des Angeschuldigten zur Einlegung des Rechtsmittels nicht berechtigt ist.

Ausweislich der Rechtsmittelschrift hat der Betreuer Rechtsanwalt B. zur Einlegung der sofortigen Beschwerde beauftragt. Die auf den Rechtsanwalt lautende Vollmacht ist anwaltlich versichert worden. Demgemäß handelt es sich um ein Rechtsmittel des Betreuers, dem ein eigenes Recht auf Rechtsmitteleinlegung indes nicht zusteht.

Ein gemäß § 1896ff. BGB bestellter Betreuer ist nur dann aus eigenem Recht gemäß § 298 Abs. 1 StPO rechtsmittelbefugt, wenn sein Aufgabenbereich sich speziell oder nach dem allgemeinen Umfang der Bestellung auf eine Betreuung in dem betreffenden Strafverfahren bezieht (OLG Hamburg, Beschl. v. 17. Juni 2013 – 2 Ws 23-25/13, zit. nach Juris; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 63. Aufl. § 298 Rn. 1 mwN). Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Die Bestellung für die Aufgabenkreise „Vertretung in Rechtsangelegenheiten“ und „Vertretung gegenüber Behörden“, hinsichtlich derer auch ein Einwilligungsvorbehalt nicht angeordnet ist, genügt insoweit nicht, weil sie gänzlich unspezifisch ist und sich nicht speziell auf das Strafverfahren bezieht. Der Aufgabenbereich eines Betreuers, der sich nicht speziell auf eine Betreuung als Vertreter in dem Strafverfahren bezieht, umfasst nicht auch die Vertretung in Strafsachen (BGH, Beschl. v. 2. September 2013 – 1 StR 369/13, BeckRS 2013, 17195; OLG Hamburg, aaO., OLG Dresden, Beschl. v. 5. Februar 2015 – 2 OLG 21 Ss 734/14; instruktiv Gerdes BtPrax 2021, 53-57 mwN.; aA OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30. Juni 1995, 1 Ws 516/95, Rpfl. 1996, 81f.; offengelassen von OLG Hamm, Beschl. v. 28. April 2016 – III-4 Ws 108/16). Da das Strafverfahrensrecht eine Beteiligung oder sonstige Anhörung des Betreuers nicht vorsieht, gelten gegenüber dem Zivilprozess (§§ 51 Abs. 1, 53 ZPO i.V.m. §§ 1902,1903 BGB) insoweit auch abweichende Grundsätze (vgl. BGH, Beschl. v. 23. April 2008 – 1 StR 165/08; Beschl. v. 25.09.2012 – 4 StR 354/12, zit. nach Juris; Gerdes aaO.).“

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