Und heute dann – am Tag des Inkrafttretens der Änderungen in der StPO durch das „Gesetz zur Fortentwicklung der StPO u.a.“ v. 25.06.2021 – hier dann StPO-Entscheidungen. Die kommen aber mal nicht vom BGH oder von OLG, sondern von LG.
Zunächst stelle ich den LG Dresden, Beschl. v. 02.06.2021 – 1 Qs 3/21 – vor. Er behandelt eine Durchsuchungsproblematik, nämlich die Durchsuchung bei einem Dritten (§ 103 StPO). Die Aussagen des LG dazu sind nicht neu, aber man muss sie sich immer wieder bewusst machen:
„Die Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
1. Ungeachtet der Beendigung der Durchsuchung und damit der Erledigung des Beschlusses aufgrund der bereits erfolgten und abgeschlossenen Durchsuchung bleibt die Beschwerde gleichwohl zulässig.
Die Notwendigkeit eines effektiven Rechtsschutzes gegen den Eingriff in das Grundrecht der Betroffenen aus Art. 13 GG gebietet, dass auch nach Abschluss der Durchsuchung deren Rechtmäßigkeit mit dem grundsätzlich gegen diese Maßnahme gesetzlich vorgesehenen Rechtsmittel zur Überprüfung gestellt werden kann (vgl. BGH. Beschluss vom 13.10.1999 – StB 7, 8/99). Daher bleibt ein Feststellungsinteresse des von der Durchsuchungsmaßnahme Betroffenen für den Fall bestehen, dass — wie hier — die Rechtswidrigkeit der Maßnahme gerügt wird.
2. Der Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Dresden vom 29.09.2020 war in Bezug auf den Beschwerdeführer rechtswidrig.
Der angefochtene Beschluss genügt nicht den Anforderungen. die aus rechtsstaatlicher Sicht an die richterliche Anordnung einer Durchsuchung gemäß §§ 103, 105 StPO zu stellen sind.
Art. 13 Abs. 1 GG garantiert die Unverletzlichkeit der Wohnung und gewährt dem Einzelnen einen elementaren, dem staatlichen Eingriff entzogenen Lebensbereich innerhalb dessen er seine Privatsphäre ungestört entfalten kann. Dabei fallen auch Betriebs- und Geschäftsräume grundsätzlich in den Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG. Hat eine nicht verdächtige Person durch ihr Verhalten auch aus Sicht der Ermittlungsbehörden in keiner Weise Anlass zu den Ermittlungsmaßnahmen gegeben, müssen deshalb konkrete Gründe und nicht nur die allgemeine Lebenserfahrung dafür sprechen, dass der gesuchte Beweisgegenstand in den zu durchsuchenden Räumlichkeiten des Unverdächtigen gefunden werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.01.2016 — 2 BvR 1361/13).
Dies war vorliegend nicht der Fall. Die Notwendigkeit der Durchsuchung aller Räume auf dem Grundstück pp.Str. wurde durch das Amtsgericht damit begründet, dass sämtliche auf dem Grundstück ansässigen Firmen mit der Familie des Beschuldigten in Verbindung stehen. Dies ergebe sich v.a. daraus, dass Eigentümer der gesamten Immobilie der Vater des Beschuldigten sei. Aus der Ermittlungsakte ergibt sich zunächst, dass die pp. mbH Eigentümerin des Grundstücks ist, wobei es sich bei deren Geschäftsführer tatsächlich um den Vater des Beschuldigten handelt (vgl. BI. 1058 d.A.). Darüber hinaus waren aber keine ausreichend konkreten Anhaltspunkte ersichtlich, die für eine konkrete Verbindung des Beschuldigten zum Unternehmen des Beschwerdeführers sprachen. Der Umstand, dass der Beschuldigte sich häufig in dem auf dem Grundstück pp.Str. befindlichen Bürogebäude der Firma pp. aufhielt, führt nicht zu einer anderen Beurteilung, da sich das Gebäude in einer nicht unerheblichen Entfernung zu den vom Beschwerdeführer gemieteten Räumlichkeiten befindet. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Beschuldigte über entsprechende Möglichkeiten verfügte, auch auf Räumlichkeiten der anderen auf dem Grund-stück ansässigen Firmen zuzugreifen, waren nicht gegeben. Hierbei handelte es sich lediglich um Vermutungen, die nicht durch weitere Tatsachen gestützt wurden. Für die Annahme, dass die gesuchten Beweisgegenstände in den Räumlichkeiten des Beschwerdeführers aufgefunden werden könnten, sprach vor diesem Hintergrund bereits nicht die allgemeine Lebenserfahrung, erst recht aber gab es hierfür keine konkreten Gründe.
Die bloße Vermutung, die Durchsuchung werde zum Auffinden relevanter Beweismittel führen, reicht für ein Vorgehen nach § 103 StPO nicht aus. Der Beschluss war daher rechtswidrig.“
Die Kostenentscheidung folgt aus entsprechender Anwendung des § 467 StPO.“
Und <<Werbemodus an>> – ceterum censeo – wenn ich schon das „Gesetz zur Fortentwicklung der StPO u.a.“ v. 25.06.2021″ anspreche, dann weise ich auch auf mein Ebook „Fortentwicklung der StPO u.a. Die Änderungen in der StPO 2021 – ein erster Überblick“ hin, dass mal hier als PDF bestellen kann. Preis: 27 EUR. <<Werbemodus aus>>