StPO III: Aussetzung der HV nach Verständigung, oder: Bindungswirkung und Belehrungspflicht?

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Und dann als dritte Entscheidung dann noch der BGH, Beschl. v. 17.02.2021 – 5 StR 484/20 -, der auch zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt ist.

Gegenstand der Entscheidung ist dann auch noch einmal die Verständigung (§ 257c StPO), und zwar wie folgt: In einem Verfahren wegen Handeltreibens mit BtM ist es in einer ersten Hauptverhandlung zu einer Verständigung nach § 257c StPO gekommen. Im Hinblick darauf hatte der Angeklagte ein den Ankla­gevorwurf vollständig einräumendes Geständnis abgegeben. Da dann ein Schöffe und der richterliche Beisitzer erkrankten, musste diese Hauptverhandlung aus­gesetzt werden. Nach dem Neubeginn der Hauptverhandlung teilte der Vorsit­zende den Inhalt der Verständigung in der HV dahin mit, „dass bei einer glaubhaften und geständigen Einlassung des Angeklagten zu den Anklagevorwürfen eine Ge­samtfreiheitsstrafe zwischen 2 Jahren und 6 Monaten und 2 Jahren und 9 Mona­ten verhängt [werde]. Nach Aussetzung der Hauptverhandlung [sei] die Bindung an diese Verständigung entfallen.“ Im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung legte der Angeklagte nunmehr ein Teilgeständnis ab.

Der Angeklagte wird dann zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und 9 Monaten verurteilt : Dagegen seine, die keinen Erfolg hat.

Der BGH geht davon aus, dass die Bindungswirkung an die Absprache entfallen ist. Die Aussetzung des Verfahrens führe zum Wegfall der Bindungswirkung. Das ergebe sich zwar  nicht aus § 257c Abs. 4 StPO hervor, weil die Aussetzung hier nicht genannt werde. Der Gesetzgeber habe allerdings zum Ausdruck gebracht, dass die Bindungswirkung nach den allgemeinen Grundsätzen entfalle. Danach gelte eine Absprache nur zwischen den Beteiligten – also könnten auch nur die Richter gebunden werden, die den Deal geschlossen haben. Eine Aussetzung führe zu einem Neubeginn des Hauptverfahrens. Darüber sei der Angeklagte auch zu informieren – eine Belehrung darüber hinaus sei aber nicht erforderlich.

Auch hier im Übrigen wegen des Umfangs der Entscheidung nur die Lietsätze, die lauten:

  1. Wird das Verfahren, in dem es zu einer Verständigung ge­kommen war, ausgesetzt, entfällt die Bindung des Gerichts an die Verständigung.
  2. Das aus der Aussetzung resultierende Entfallen der Bin­dungswirkung führt grundsätzlich zur Unverwertbarkeit des im Vertrauen auf den Bestand der Verständigung abgegebe­nen Geständnisses in der neuen Hauptverhandlung.
  3. Eine Pflicht, den Angeklagten zu Beginn der neuen Hauptver­handlung über die Unverwertbarkeit seines in der ausgesetz­ten Hauptverhandlung abgegebenen Geständnisses aus­drücklich („qualifiziert“) zu belehren, besteht nicht, wenn der Angeklagte vor der Verständigung ordnungsgemäß nach § 257c Abs. 5 StPO belehrt worden war; es genügt, wenn er zu Beginn der neuen Hauptverhandlung darüber informiert wird, dass eine Bindung an die in der ausgesetzten Hauptver­handlung getroffene Verständigung entfallen ist (Abgrenzung zu BGH – 1. Senat – NStZ 2019, 483).

Bei der erwähnten Entscheidung des 1. Strafsenats handelt es sich um den BGH, Beschl. v. 24.04.2019 – 1 StR 153/19. Wenn man den so liest, hat man schon den Eindruck, dass der 5. Strafsenat ein wenig „eiert“, um nicht dem Großen Seant vorlegen zu müssen.

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