In der zweiten Entscheidung, dem OLG Zweibrücken, Urt. v. 07.12.2020 – 1 OLG 2 Ss 53/20 – geht es ebenfalls um Lichtbilder
Der Angeklagte ist vom AG u.a. wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallor verurteilt worden. Das LG hat seine Berufung verworfen. Das Landgericht hat sich u.a. auf der Grundlage eines in der Hauptverhandlung erstatteten Gutachtens eines KFZ-Sachverständigen die Überzeugung verschafft, dass der Angeklagte, der mit einem Lkw gefahren ist, den Anstoß an dem anderen Fahrzeug wahrgenommen und damit gerechnet hat, hierdurch einen nicht unerheblichen Schaden an dem Fahrzeug verursacht zu haben. Dagegen die Revision, mit der der Angeklagte u.a. mit seiner Verfahrensrüge einen Verstoß gegen § 261 StPO geltend macht. Ohne Erfolg:
b) Ein Verstoß gegen § 261 StPO liegt ebenfalls nicht vor.
aa) Das Landgericht hat in den schriftlichen Urteilsgründen (UA S. 16) dargelegt:
„Der Sachverständige hat (..) ausgeführt, dass der Kollisionsort vom Fahrersitz aus mittels des sogenannten Rampenspiegels einsehbar gewesen sei (..) Der Sachverständige fügte zur Unterstreichung dieser Aussage ein Lichtbild bei, das er vom Fahrersitz eines baugleichen LKW aufgenommen hatte. Dieses auf Seite 14 seines schriftlichen Gutachtens, das sich im Sonderband „Gutachten“ befindet, befindliche Lichtbild wurde in der Hauptverhandlung in Augenschein genommen und bestätigt die entsprechenden Angaben des Sachverständigen“.
Der Beschwerdeführer beanstandet unter Hinweis auf das Fehlen eines entsprechenden Vermerks im Hauptverhandlungsprotokoll betreffend einer Inaugenscheinnahme des Lichtbilds, dass dieses nicht prozessordnungsgemäß zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht worden sei und dass das Landgericht seine Überzeugung insoweit nicht aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung geschöpft habe.
bb) Die Rüge dringt nicht durch.
Die im Zusammenhang mit der Schilderung der mündlichen Ausführungen des Sachverständigen stehende Passage in den schriftlichen Urteilsgründen ist wohl dahin zu verstehen, dass die Strafkammer ihre Überzeugung von der Einsehbarkeit der Kollisionsstelle auf dessen sachkundige Darlegungen gestützt hat, wobei der Sachverständige seine Ausführungen (unter anderem) anhand eines Lichtbilds tätigte. Tatsachen solcher Art, die der Sachverständige als Grundlage seines Gutachtens in der Hauptverhandlung vorträgt, sowie Hilfsmittel, die der Sachverständige hierbei verwendet, darf das Gericht ohne weiteres der Urteilsfindung zugrunde legen (BGH, Urteil vom 04.03.1987 – 3 StR 526/86, juris Rn. 9). Sie sind Bestandteil der sachverständigen Äußerungen und werden dadurch zum Gegenstand der Hauptverhandlung. Die Verwendung von Hilfsmitteln durch einen Sachverständigen stellt auch keine wesentliche – und deshalb gem. § 273 Abs. 1 StPO in das Hauptverhandlungsprotokoll aufzunehmende – Förmlichkeit dar (vgl. BGH, Urteil vom 08.11.1983 – 5 StR 517/83, juris Rn. 7: Vorhalt von Lichtbildern an einen Zeugen).
Aber selbst dann, wenn es sich bei der fraglichen Wendung in den schriftlichen Urteilsgründen nicht nur um die missverständlich formulierte Darstellung eines Vorhalts handeln sollte, sondern die Strafkammer bei ihrem Urteil tatsächlich fälschlich davon ausgegangen ist, das Lichtbild sei – zusätzlich – durch Inaugenscheinnahme zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemacht worden, hat die Rüge keinen Erfolg. Denn wenn das Lichtbild im Rahmen des mündlichen Sachverständigengutachtens Gegenstand der Hauptverhandlung war, kann das Urteil nicht auf der unterlassenen Inaugenscheinnahme beruhen (vgl. zur unterlassenen Verlesung einer Urkunde: BGH, Beschluss vom 22.09.2006 – 1 StR 298/06, NStZ 2007, 235; OLG Hamm, Beschluss vom 11.05.2017 – III-4 RBs 152/17, juris Rn. 13). Das Landgericht hat die betreffende Feststellung im Übrigen entscheidend auf die mündlichen Ausführungen des Sachverständigen gestützt. Der Senat kann auch vor diesem Hintergrund sicher ausschließen, dass das Landgericht im Falle der Durchführung einer förmlichen Inaugenscheinnahme des Lichtbildes zu einer anderen Überzeugung gelangt wäre.