Die zweite Entscheidung, die ich zum Wochenauftakt vorstelle, ist dann ein weiterer OLG-Beschluss zur EncroChat-Thematik und zwar der OLG Rostock, Beschl. v. 23.03.2021 – 20 Ws 70/21, den mir der Kollege Stehr aus Göppingen geschickt hat.
Ergangen ist der Beschluss in einem BtM-Verfahren im Verfahren der weiteren (Haft)Beschwerde. Das OLG verwirft – und macht es sich dabei m.E. sehr einfach. Denn es führt zum dringenden Tatverdacht, bei dem ja die Frage der Verwertung von EncorChat-Erketnntnissen eine Rolle spielt, nur aus:
„Der dringende Tatverdacht (§ 112 Abs. 1 StPO) folgt aus den bislang gewonnenen, verwertbaren Beweismitteln. Schon die Verwendung eines Krypto-Handys der Fa. EncroChat deutet auf ein konspiratives Verhalten zur Begehung und Verdeckung von Straftaten hin (OLG Bremen, Beschluss vom 18.12.2020 – 1 Ws 166/20 – juris -). Soweit der Beschuldigte die Ansicht vertreten lässt, die EncroChat-Erkenntnisse und die darauf aufbauenden Beweisergebnisse seinen prozessrechtlich nicht verwertbar, teilt der Senat diese Auffassung nicht. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Beschlussgründe des OLG Bremen (a.a.O.) und des Hanseatischen OLGG Hamburg vom 29.01.2021 — 1 Ws 2/21 — Bezug genommen. Den dort vertretenen Auffassungen schließt sich der Senat an. Zur Verwertbarkeit der Erkenntnisse ausländischer Ermittlungsbehörden (EncroChat) vgl. zudem Pauli, NStZ 2021, 146 (m.w.N.).“
„Sehr einfach“, man kann , ja man muss es anders nennen: M.E. ist das, was das OLG da macht so nicht hinnehmbar. Abgesehen davon, dass man sich gar nicht erst die Mühe macht eigene Gedanken zu Papieren zu bringen – man verweist nur auf OLG Bremen und OLG Hamburg, die beide auch hier Gegenstand der Berichterstattung waren (OLG Bremen, Beschl. v. 18.12.2020 – 1 Ws 166/20 und dazu VV I: Verwertung einer Überwachung der TK mit Krypto-Handys, oder: Stichwort “EncroChat” und OLG Hamburg, Beschl. v. 29.01.2021 – 1 Ws 2/21 und dazu EncroChat-Erkenntnisse, oder: Verwertbar, auch wenn “nicht mehr hinnehmbar rechtsstaatswidrig….”, ist auch die Aussage/Schlußfolgerung: Verwendung eines Krypto-Handys ==> dringender Tatverdacht nicht hinnehmbar. Denn damit wird m.E. dem Beschuldigten eine Art Beweislast auferlegt. Er muss sich von dem Verdacht entlasten. Aber: Nein, das muss er nicht. Ich denke, das würde in Karlsruhe kaum halten. Ganz schön „mutig“ das OLG, aber leider zu Lasten des Beschuldigten, der nach dem Beschluss den Eindruck haben muss, dass das OLG die erforderliche Einzelfallprüfung nicht vorgenommen hat.
Das muss diese Unschuldsvermutung sein, von der immer alle reden. Bodenlos.
Zum Vorgehen der französischen Behörden und zur Funktion von EncroChat recht interessant ist die Entscheidung des UK Court of Appeal vom 05.02.21 in der CRi 2021,62 (auf Englisch). Man hat also eine Art Staatstrojaner installiert bzw. eine online-Durchsuchung vorgenommen, bei der die Textnachrichten vor dem Verschlüsseln und Versenden ausgelesen und an die Polizeibehörden übermittelt wurden..