Heute mache ich dann den ersten Pflichtverteidigungstag 2021. Über die Feiertage habe ich da ein paar Entscheidungen angesammelt.
Ich eröffne die Berichterstattung mit Entscheidungen zur rückwirkenden Bestellung eines Pflichtverteidigers. Das ist sicherlich die Frage, die die Gerichte derzeit am meisten beschäftigt. Dauerbrenner also.
Ich stelle dazu dann aber nur noch die Leitsätze zu den Entscheidungen vor, und zwar:
1. In Anbetracht der Neuregelung der Rechts der Pflichtverteidigung und der damit verbundenen Stärkung der Rechte des Beschuldigten unter Nominierung eines eigenen Antragsrechts gemäß § 141 Abs. 1 StPO kann es besonderen Umständen zulässig sein, auch rückwirkend einen Pflichtverteidiger zu bestellen.
2. Die Staatsanwaltschaft hat einen Beiordnungsantrag gemäß § 142 Abs. 1 Satz 2 unverzüglich zur Entscheidung vorzulegen. Der Staatsanwaltschaft kommt hierbei kein Ermessensspielraum zu, vielmehr ist sie unverzüglich zur Vorlage verpflichtet. Insbesondere spielt es dabei keine Rolle, ob eine etwaige Stellungnahme des Verteidigers Einfluss auf die Entscheidung der Staatsanwaltschaft hätte.
Eine nachträgliche, rückwirkende Bestellung des Rechtsanwalts als Pflichtverteidiger für ein abgeschlossenes Verfahren ist schlechthin unzulässig und unwirksam und mithin ausgeschlossen.
Die nachträgliche Bestellung eines Rechtsanwalts zum Pflichtverteidiger ist zulässig, wenn der Antrag auf Beiordnung rechtzeitig vor Abschluss des Verfahrens gestellt wurde, die Voraussetzungen für eine Beiordnung gem. § 140 Abs. 1, 2 StPO vorlagen und die Entscheidung durch gerichtsinterne Vorgänge unterblieben ist, auf die ein Außenstehender keinen Einfluss hatte.
Nur kurz dazu.
Beim LG Berlin-Beschluss hätte man als Leitsazu auch nehmen können: Haben wir immer schon so gemacht, machen wir auch weiter so. Wenn schon auf eine Entscheidung des KG von 2103 Bezug genommen wird.
Und dem AG Braunschweig kann man nur empfehlen, sich ggf. doch mal einen neuen Kommentar zu kaufen. Meyer-Goßner/Schmitt, 61. Aufl., 2018, ist vielleicht in den Fragen nicht ganz auf dem Stand der Neuregelung aus 2019. Das Ergebnis des AG ist zwar richtig, die angeführte Rechtsprechung betrifft aber „altes Recht“.