Auch ich hatte ja schon mehrfach über den (angeblichen) Zitierfehler in Zusammenhang mit der Verkündung der StVO-Novelle 2020 berichtet. Dazu gibt es ja auch schon Rechtsprechung, und zwar den OLG Oldenburg, Beschl. v. 08.10.2020 – 2 Ss (OWi) 230/20 – dazu: OWi I: Wirksamkeit der StVO 2013?, oder: Zitiergebot bei der StVO-Novelle 2013 nicht verletzt – und den BayObLG, Beschl. v. 11.11.2020 – 201 ObOWi 1043/20 dazu: OWi IV: Wirksamkeit der StVO bzw. Zitiergebot verletzt, oder: BayObLG: BKatVO gilt fort) .
Hier stelle ich dann die nächste mir bekannt gewordene Entscheidung zu der Problematik vor. Es handelt sich um den KG, Beschl. v. 20.10.2020 – 3 Ws (B) 249/20 –, der ebenfalls eine Verletztung des Zitiergebotes betreffend die vom AG in dem Fall angewendete StVO 2013 verneint:
„Das Rechtsmittel stellt in den Raum, das Amtsgericht habe nichtiges Recht angewendet. Hintergrund ist die anlässlich der 54. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 20. April 2020 (BGBl. I 2020, 814) aufgetretene Diskussion um die Folgen eines Zitierfehlers (Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG) und die in diesem Zusammenhang offenbar durch ein Rundschreiben des Justizministeriums Baden-Württemberg publizierte Auffassung, auch frühere Fassungen der StVO seien in diesem Sinn fehlerbehaftet.
Hierzu bemerkt der zuständige Einzelrichter des Senats:
1. Ob und inwieweit die 54. Änderungsverordnung wirksam ist, kann hier offen bleiben, weil die durch den Betroffenen begangene Verkehrsordnungswidrigkeit bereits 2019 und mithin vor dem Inkrafttreten der Novelle begangen worden ist. Schon die Einschätzung der Verteidigung, das Amtsgericht habe die geänderte StVO angewendet, entbehrt jeder Grundlage. Im Übrigen sind weder der vom Betroffenen verwirklichte Tatbestand des § 23 Abs. 1a StVO noch die im Bußgeldkatalog bezeichneten Regelrechtsfolgen durch die StVO-Novelle geändert worden.
2. Der durch das Rechtsmittel vertretenen Auffassung, die durch das Amtsgericht angewendete StVO vom 6. März 2013 (BGBl. I 2013, S. 367) sei nichtig, wird nicht gefolgt. Einer Publikation des ADAC vom 4. September 2020 (“Mitteilungen der Juristischen Zentrale Nr. 57“) entnimmt der Senat die vom Justizministerium Baden-Württembergs vertretene Ansicht, bei der 2013 in Kraft getretenen Neufassung der StVO fehle ein Hinweis auf einen Satzteil in § 6 Abs. 1 Nr. 3 StVG, nämlich „erster Halbsatz“. Dies überzeugt nicht. Die Eingangsformel der Verordnung vom 6. März 2013 zitiert alle Buchstaben des § 6 Abs. 1 Nr. 3 mit Ausnahme der Buchstaben a und b, nämlich zum ersten Spiegelstrich „c, f bis i“ und zum zweiten Spiegelstrich „d und e“. Für die nicht genannten Buchstaben a und b enthält der Gesetzestext den Hinweis „(weggefallen)“; sie enthalten keine Regelungen mehr. Damit erübrigt sich ein Hinweis darauf, dass die ausdrücklich bezeichneten Buchstaben c bis i der im ersten Halbsatz des § 6 Abs. 1 Nr. 3 StVG bezeichneten „Erhaltung der Sicherheit und Ordnung auf öffentlichen Straßen“ dienen. Zum selben Ergebnis kommt das OLG Oldenburg (Beschluss vom 8. Oktober 2020 – 2 Ss OWi 230/20 – [bei juris; zur Veröffentlichung vorgesehen im DAR]), das nur etwas anders formuliert: „Durch die in der Eingangsformel erfolgte Nennung verschiedener Buchstaben von § 6 Abs. 1 Nr. 3 StVG ist auch der vorhergehende Satzteil der Nr. 3 mitumfasst, da der den Buchstaben nachfolgende Text mit dem vorhergehenden – vor der Buchstabenfolge stehendem Text – eine Einheit bildet.“
Der offenbar von der Verteidigung erhobene Einwand, die StVO vom 6. März 2013 sei wegen eines im Zusammenhang mit § 26a StVG begangenen Zitierfehlers nichtig – der diesbezügliche Passus der Rechtsmittelschrift bricht mitten im Satz ab –, trifft nicht zu. § 26a StVG ermächtigt zum Erlass eines Bußgeldkatalogs. Hierbei handelt es sich um ein anderes Regelwerk als die StVO.“