Archiv für den Monat: Oktober 2020

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Welche Gebühren nach Verbindung in der Berufungsinstanz

© haru_natsu_kobo Fotolia.com

Am Freitag hatte ich gefragt: Ich habe da mal eine Frage: Welche Gebühren nach Verbindung in der Berufungsinstanz?

Dazu vorab Folgendes: Ich hatte ja schon in der Frage darauf hingewiesen, dass man die Frage nicht ohne Nachfragen beantworten konnte. Und so war dann der weitere Ablauf.

Meine erste (Rück)Frage:

„Moin, sorry,

aber ich kann damit so leider nichts anfangen.

Was ist wann wo und wie verbunden worden?“

Darauf habe ich als Antwort erhalten:

„Beim AG wurden 2 Strafverfahren nach Anklageerheblung zur gemeinsamen Verfahrensverhandlung verbunden. Als Pflichtverteidigerin hat mir das Gericht auch beide Gebühren im jeweiligen Verfahren erstattet. Ich wollte erfragen, ob ich die Verfahrensgebühr für die Berufung (und die Terminsgebühr dann auch) entsprechend Vorgehen in der 1.Instanz zweifach abrechnen kann?“

Das reichte m.E. für eine Antwort immer noch nicht, so dass ich noch einmal „rückgefragt“ habe, und zwar:

„Wie lautet genau der Verbindungsbeschluss?“

Darauf kam dann als Antwort:

„Zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.“

Und darauf habe ich dann geantwortet:

„Moin,

m.E. spricht das für eine Verschmelzungsverbindung = nur noch eine Sache.

Welche Gebühren genau sind denn vom AG erstattet worden? Bitte konkret.

Im Übrigen: Für die Einlegung der Berufung entsteht die Verfahrensgebühr für das Berufungsverfahren eh nicht. § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 RVG.“

Das ist nicht sehr konkret, ich weiß. Aber für eine konkrete Antwort fehlen – wenigstens mir – die entsprechenden Angaben, aus denen ich klar erkennen kann, ob es sich um eine Verhandlungsverbindung gehandelt hat oder um eine Verschmelzungsverbindung, wofür einiges spricht. Im letzteren Fall liegt ab Verbindung nur noch eine Angelegenheit vor, d.h. die Gebühren können dann nach § 15 RVG auch nur (noch) einmal entstehen. Das steht übrigens alles auch bei Burhoff/Volpert, RVG, 5. Aufl., Teil A: Verbindung von Verfahren“ – Bestellung hier möglich.

Auf meine dritte Nachfrage habe ich dann eine Antwort nicht mehr bekommen. Vielleicht war das dem Fragesteller zu lästig. Vielleicht war er aber auch verärgert. Denn ich hatte angefühgt:

„Im Übrigen:

Ich bitte, in Zukunft vollständige Sachverhalte mitzuteilen. Ich beantworte Anfragen ja gern, habe aber keine Lust und auch keine Zeit, mir die maßgeblichen Sachverhalte zu erfragen.“

Und mit Verlaub: Das meine ich auch so.

Und bei der Gelegenheit: Bitte keine Anfragen über den Messenger bei Facebook. Ich mag dieses kleine Chatfenster nicht so sehr. es dürfte ja auch kein Problem sein, entweder über das Kontaktformular hier beim Blog oder über meine Emailadresse, die im Impressumg der Homepage steht, zu schreiben.

HV II: Angemessene Vorbereitungszeit für das Plädoyer, oder: Wann ist zu „knapp bemessen?

Im zweiten Posting komme ich noch einmal auf den BGH, Beschl. v. 21.07.2020 – 5 StR 236/20 – zurück. Über die in dem Beschluss im Vordergrund stehende Frage – Unverzüglichkeit bei Stellung eines Befangenheitsantrags – hatte ich ja schon berichtet (vgl. hier: StPO I: Befangenheitsantrag, oder: “Unverzüglich” heißt nicht “sofort”).

Der BGH hat in dem Beschluss dann aber auch noch (kurz) Stellung genommen zu der Frage, die Ausgangspunkt für den Streit zwischen Gericht und Verteidiger war, nämlich: Wie viel Zeit gibt es/braucht man zur Vorbereitung des Plädoyers?

Dazu der BGH:

„cc) Auch wenn es demnach auf die inhaltliche Prüfung des Ablehnungsgesuchs nicht ankommt, sieht der Senat Anlass für den Hinweis, dass bei einem Verfahren wie dem vorliegenden angesichts des Gewichts der drohenden Rechtsfolge (unbefristete Unterbringung nach § 63 StGB) die Zeit für die Vorbereitung der Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigung nicht zu knapp bemessen werden darf, gerade wenn der Sachverständige erst kurz zuvor die Erstattung des entscheidenden Gutachtens beendet hat und angesichts vorausschauender Terminierung keine Zeitnot besteht. Ein „kurzer Prozess“ wäre bei einer solchen Sachlage verfehlt.“

„Nicht zu kurz“ – typisch Revisionsgericht 🙂 , nach Möglichkeit nur nicht festlegen. Allerdings ist dies auch eine Stelle, an der man sich m.E. kaum festlegen kann. Denn, wie viel Zeit erforderlich ist, ist immer auch eine Frage des Einzelfalls. Da kann man nicht mit festen Größen arbeiten. Aus dem Umstand, dass der BGh die Frage abspricht und sich dazu – kurz – äußert kann man aber m.E. ableiten, dass die hier vom Gericht eingeräumte Zeit zur kurz war/gewesen wäre.

HV I: Frühere Angaben (nur) nach „qualifizierter Belehrung“ verwertbar, oder: Lücke beim Schwurgericht?

Bild von Pete Linforth auf Pixabay

Auf geht es in die 44. KW. Schauen wir, was Sie Gutes bringt.

Hier starte ich zum Warmwerden mit zwei „kleinen“ Entscheidungen des BGH zur Hauptverhandlung. Bei der ersten handelt es sich um den BGH, Beschl. v. 25.08.2020 – 2 StR 202/20.

Das LG hatte den Angeklagten wegen Mordes zu einer lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet; gehandelt hat es sich wohl um dieses Verfahren. Die Revision des Angeklagten hat  dann beim BGH Erfolg.

„1. Die Revision rügt eine Verletzung von § 252 StPO. Dem liegt zu Grunde, dass das Landgericht am ersten Hauptverhandlungstag die Mutter des Angeklagten als Zeugin vernommen hat. Sie wurde gemäß § 52 StPO über ihr Zeugnisverweigerungsrecht belehrt und verweigerte sodann unter Berufung auf dieses Recht die Aussage. „Auf Befragen“ erklärte sie sich damit einverstanden, dass ihre Angaben aus dem Ermittlungsverfahren verwertet und die Polizeibeamten hierzu befragt werden dürfen. Hierauf gestützt hat die Strafkammer die Angaben der Zeugin sodann ausweislich der Urteilsgründe durch Vernehmung eines Vernehmungsbeamten in die Hauptverhandlung eingeführt.

2. Die zulässig erhobene (vgl. Senat, Beschlüsse vom 13. Juni 2012 . 2 StR 112/12, BGHSt 57, 254, 256 Rn. 6 f.; vom 17. Dezember 2019 . 2 StR 419/19, NStZ 2020, 432 Rn. 15) Verfahrensbeanstandung ist begründet.

a) § 252 StPO ist – über den Wortlaut hinaus – nicht nur als Verlesungs-, sondern als Verwertungsverbot aufzufassen, das auch jede andere Verwertung der bei einer nichtrichterlichen Vernehmung gemachten Aussage, insbesondere die Vernehmung von Verhörspersonen, ausschließt. Zwar kann ein zur Zeugnisverweigerung berechtigter Zeuge die Verwertung seiner in einer polizeilichen Vernehmung getätigten Angaben wirksam gestatten, wenn er zuvor über die Folgen des Verzichts ausdrücklich belehrt worden ist (sog. „qualifizierte Belehrung“; st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 23. September 1999 – 4 StR 189/99, BGHSt 45, 203, 208; Beschluss vom 26. September 2006 – 4 StR 353/06, NStZ 2007, 352, 353; Beschluss vom 10. Februar 2015 . 1 StR 20/15, NStZ 2015, 232; Senat, Beschluss vom 13. Juni 2012, aaO). Indes ist durch den Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls im vorliegenden Fall bewiesen, dass eine qualifizierte Belehrung der Mutter des Angeklagten nicht erfolgte. Aus dem Hauptverhandlungsprotokoll ergibt sich, dass die Einverständniserklärung der Zeugin weder auf deren Initiative zurückging (hierzu vgl. BGH, Beschluss vom 30. März 2007 – 1 StR 349/06) noch „nach Belehrung“ erfolgte (vgl. Senat, Beschluss vom 17. Dezember 2019, aaO, Rn. 18 f.), sie sich vielmehr „auf Befragen“ erklärte. Damit lässt sich dem Protokoll nicht entnehmen, dass die Zeugin hinreichend belehrt worden oder ihr die Tragweite ihrer Erklärung bewusst war. Da die Belehrung eine wesentliche Förmlichkeit des Verfahrens darstellt (§ 273 Abs. 1 StPO), beweist das Schweigen des Protokolls, dass sie nicht stattgefunden hat (vgl. Senat, Beschluss vom 13. Juni 2012, aaO, Rn. 8).

b) Dies muss zur Aufhebung des angefochtenen Urteils mit den Feststellungen führen. Der Senat kann letztlich nicht ausschließen, dass das angefochtene Urteil auf dem Verfahrensmangel beruht. Zwar begründet die Strafkammer ihre Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten ganz wesentlich – und insoweit rechtsfehlerfrei – mit den erhobenen rechtsmedizinischen Befunden und den Angaben des Angeklagten gegenüber polizeilichen Vernehmungsbeamten und dem Sachverständigen. Sie stützt sich aber auch darauf, dass seine Mutter sich nicht bereit erklärte, ihn bei seiner geplanten Flucht finanziell zu unterstützen, was sich allein aus deren Angaben gegenüber dem sie befragenden Polizeibeamten ergeben hat. Hierauf sowie auf die Angaben der Mutter zur Entwicklung des Angeklagten (dessen Gewaltausbrüche, dessen übersteigertes Ego etc.) haben die Urteilsgründe schließlich auch zur Bejahung des Mordmerkmals der niedrigen Beweggründe rekurriert sowie für die Frage der Schuldfähigkeit des Angeklagten zum Tatzeitpunkt.“

So richtig „gefallen“ hat dem BGG hat das LG-Urteil aber auch im Übrigen wohl nicht. Das merkt man der „Segelanweisung“ an:

„3. Für die neue Verhandlung und Entscheidung bemerkt der Senat: Der neue Tatrichter hat Gelegenheit, umfassende eigene, in sich widerspruchsfreie Feststellungen zu treffen und sich gegebenenfalls zu den subjektiven Voraussetzungen bei der Annahme des Mordmerkmals der niedrigen Beweggründe gründlicher als bislang geschehen zu verhalten (zu Sprache und Darstellung in Urteilsgründen vgl. Meyer-Goßner/Appl, Die Urteile in Strafsachen, 29. Aufl., Rn. 207 ff., 228 ff.). Die Beurteilung der Frage, ob Beweggründe der Tat „niedrig“ sind, also nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen, mithin in deutlich weiter reichendem Maße als bei einem Totschlag als verwerflich und deshalb als besonders verachtenswert erscheinen, hat – was das Landgericht nicht verkannt hat – aufgrund einer Gesamtwürdigung aller äußeren und inneren für die Handlungsantriebe des Täters maßgeblichen Faktoren zu erfolgen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 11. Oktober 2005 – 1 StR 195/05, NStZ 2006, 284, 285; Beschluss vom 10. Januar 2006 – 5 StR 341/05, NJW 2006, 1008, 1011). In subjektiver Hinsicht muss hinzukommen, dass der Täter die Umstände, die die Niedrigkeit seiner Beweggründe ausmachen, in ihrer Bedeutung für die Tatausführung ins Bewusstsein aufgenommen hat und, soweit gefühlsmäßige oder triebhafte Regungen in Betracht kommen, diese gedanklich beherrschen und willensmäßig steuern kann (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 25. September 2019 – 5 StR 222/19, Rn. 11 mwN; BeckOK-StGB/Eschelbach, 47. Ed., § 211 Rn. 34 mwN). Versteht sich nicht von selbst, dass der Angeklagte zu einer zutreffenden Wertung in der Lage war, weil etwa die Fähigkeit dazu aufgrund eines – hier festgestellten – Persönlichkeitsmangels zusammen mit einem – ebenfalls festgestellten – langjährigen Alkohol- und Betäubungsmittelabusus beeinträchtigt gewesen sein könnte (vgl. Senat, Urteil vom 28. Januar 2004 – 2 StR 452/03, NJW 2004, 1466), bedarf es einer nicht nur floskelhaften Gesamtschau der Persönlichkeit des Angeklagten und seiner Entwicklung wie auch der Tat selbst und des Nachtatgeschehens (vgl. BGH, Beschluss vom 17. April 2007 – 5 StR 548/06, NStZ 2007, 525; BeckOK-StGB/Eschelbach, aaO). Hierbei kann freilich in den Blick genommen werden, dass die Schwelle für die Annahme, der Täter habe seine Antriebe gedanklich beherrschen und willensmäßig steuern können, umso niedriger ist, je schwerwiegender die Tötungstat ist (vgl. Senat, Urteil vom 19. Oktober 2001 – 2 StR 259/01, NJW 2002, 382, 384 mwN).“

Für mich stellt sich die Frage: Warum übersieht das Schwurgericht (!!) in einem solchen Verfahren das Erfordernis einer „qualifizierten Belehrung“? Sollte doch zumindet einer der drei Berufsrichter kennen.

Sonntagswitz: Heute Sommer-/Winterzeit, so lange es noch geht…oder einfach: Zeit

© Teamarbeit – Fotolia.com

Heute Nacht sind die Uhren umgestellt worden, also leben wir wieder nach der Winterzeit. Das ist dann wieder Anlass für Sommer-/Winterzeitwitze – so lange es nocht geht. Na ja, bei dem Tempo, das die EU hat, geht es sicherlich noch länger. Hier sind dann:

“Mist, diese Winterzeit!”

“Aber warum denn?”

“Dieses blöde Uhren verstellen, ich musste 300 Euro Strafe zahlen.”

“Hä? Wieso Strafe?”

“Na ja, hatte die Gas- und Wasseruhr auch zurückgestellt!”


Eine Schnecke kriecht im Winter einen Kirschbaum hoch. Kommt ein Vogel vorbei und fragt:

„Was machst Du denn da?“

Die Schnecke: „Ich will Kirschen essen.“

„Aber da hängt doch nichts dran!“ sagt da der Vogel.

„Wenn ich oben bin, schon,“ antwortet die Schnecke.


Zwei Männer treffen sich auf der Straße. „Heute morgen war es aber eisig kalt.“

„Wie kalt war es denn?“

„Ich weiß es nicht genau, aber ich habe einen Anwalt gesehen, der seine Hände in den eigenen Taschen hatte.“


Und dann noch:

Zeitumstellung.

Hätte gerne die Zeit ohne Corona wieder 🙂 .

Wochenspiegel für die 43. KW., das war ein noch wenig Corona, WhatsApp, bequemer Betriebsrat und StVO-Novelle 2013

© Aleksandar Jocic – Fotolia.com

Heute dann der erste Winterzeitsonntag 2020, und auch der mit dem allwöchentlichen Wochenspiegel zur ablaufen 43. KW. Hinweisen möchet ich auf folgende Beiträge:

  1. LG München erneut: Gastwirt hat wegen des Corona-Lockdowns Anspruch gegen Betriebsschließungsversicherung,
  2. Senior sorgt mit Pfefferspray für Abstand,

  3. Die Spielerleihe, der Spielertausch und COVID-19,

  4. WhatsApp und Co. – Geheimdienste sollen per Trojaner mitlesen,

  5. Wie bequem muss ein Betriebsratsmitglied sitzen?.

  6. VG Hannover: Journalist hat gegen Polizei auf Anspruch auf Auskunft über Staatsangehörigkeit eines Straftäters ,

  7. LG Frankfurt: Vereinsvorstand muss Administratorenrechte an Facebook-Seite an Verein herausgeben auch wenn diese unter Nutzung eines privaten Accounts erstellt wurde,
  8. Wer sein Kind liebt…

  9. Phishing-E-Mail: Wie einfach ist der Betrugsversuch?,

  10. und aus meinem Blog – natürlich 🙂 – OWi I: Wirksamkeit der StVO 2013?, oder: Zitiergebot bei der StVO-Novelle 2013 nicht verletzt