Auch die zweite Entscheidung, der BGH, Beschl. v. 13.05.2020 – 4 StR 607/19 – ist schon etwas älter. Das LG hatte den Angeklagten u.a. auch wegen eines tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte verurteilt. Wenn ich den BGH-Beschluss richtig verstehe, hatte der Angeklagte wohl im Straßenverkehr anlasslos plötzlich abgebremst, weshalb ein nachfahrendes (den Angeklagten verfolgendes [?]) Polizefahrzeug aufgefahren war. Dazu führt der BGH aus:
„2. Der Senat kann offenlassen, ob im Fall II.2 der Urteilsgründe das durch das anlasslose plötzliche Abbremsen des Beschuldigten mit bedingtem Vorsatz herbeigeführte Auffahren des Polizeifahrzeugs auf das Fahrzeug des Beschuldigten entsprechend der rechtlichen Wertung des Landgerichts einen tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte darstellt und damit der Tatbestand des § 114 Abs. 1 StGB tateinheitlich verwirklicht ist. Er neigt jedoch dazu, die Voraussetzungen des § 114 Abs. 1 StGB in diesem Fall zu bejahen.
Ein tätlicher Angriff im Sinne von § 114 Abs. 1 StGB setzt eine in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper zielende Einwirkung voraus (RGSt 41, 181, 182; RGSt 59, 264, 265 jeweils zu § 113 Abs. 1 StGB aF; OLG Hamm, Beschluss vom 12. Februar 2019 – 4 RVs 9/19 Rn. 12; Fischer, StGB, 67. Aufl., § 114 Rn. 5; SSW-StGB/Fahl, 4. Aufl., § 114 Rn. 5; Lackner/Kühl/Heger, StGB, 29. Aufl., § 114 Rn. 2; Schönke/Schröder/Eser, StGB, 30. Aufl., § 114 Rn. 4; Leipziger Kommentar/Rosenau, 12. Aufl., § 113 Rn. 26). An diesem Begriffsverständnis hat sich durch die Einfügung der Vorschrift des § 114 StGB durch das Zweiundfünfzigste Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches vom 23. Mai 2017 (BGBl. I 2017, 1226) nichts geändert. Vielmehr wurde der tätliche Angriff lediglich aus § 113 Abs. 1 Alternative 2 StGB herausgelöst und in § 114 Abs. 1 StGB neu gefasst, ohne dass hierbei eine inhaltliche Änderung des Begriffsverständnisses beabsichtigt gewesen wäre (vgl. BT-Drucks. 18/11161, S. 12; OLG Hamm, Urteil vom 10. Dezember 2019 – III-4 RVs 88/19 Rn. 17 ff.; SSW, aaO Rn. 1; Leipold/Tsambikakis/Zöller-Barton, Anwaltkommentar StGB, 3. Aufl., § 114 Rn. 7 mwN).
Zwar wirkte der Beschuldigte durch das Hindernisbereiten direkt nur auf das auffahrende Polizeifahrzeug ein. Indes liegt es in einer derartigen Fallkonstellation nahe, von einer unmittelbar auf die Körper der im Fahrzeug befindlichen Polizeibeamten zielenden Einwirkung auszugehen, weil sich die Kraftentfaltung wegen der äußerst engen Verbindung mit dem Fahrzeug zwangsläufig und (nahezu) gleichzeitig auf die Körper der Insassen auswirkt.
Der Senat braucht diese Rechtsfrage nicht zu entscheiden. Denn das plötzliche Abbremsen erfüllt jedenfalls die Tatbestandsvoraussetzungen für ein Widerstandleisten mit Gewalt im Sinne von § 113 Abs. 1 Alternative 1 StGB, da insoweit der Einsatz von körperlich wirkender Kraft gegen Sachen ausreicht, wenn er mittelbar gegen die Person wirkt (BGH, Urteil vom 16. November 1962 – 4 StR 337/62, BGHSt 18, 133, 134; BGH, Beschluss vom 21. September 1983 . 3 StR 224/83; Fischer, StGB, 67. Aufl., § 113 Rn. 23). Der Senat schließt aus, dass sich die rechtliche Wertung des Tatgeschehens als tateinheitlich begangener tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte oder Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte auf die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ausgewirkt hat.“
Interessantes „Widerstandleisten“ 🙂 .
Mal was anderes als „…sperrte sich gegen die Fesselung durch Steifmachen…“
Gerne auch mal mit Adhäsionsantrag auf Schmerzensgeld für die „Zerrung“ von POM Fritz… Weil ja sonst nix zu tun ist, zeigt man diese Kinkerlitzchen als Widerstand an.