Die zweite Entscheidung kommt aus dem Norden, und zwar vom OLG Oldenburg. Das hat im OLG Oldenburg, Beschl. v. 23.06.2020 – 2 Ss (OWi) 158/20 – zu den Feststellungen bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung, die mit einer Messung mit Provida festgestellt worden ist, Stellung genommen. Das AG hatte im Urteil (nur) die berücksichtigten Toleranzen mitgeteilt und festgestellt, dass der Abstand auf der ausgewerteten Strecke von ca. 1.000 m bei ausreichender Sichtbarkeit gleich geblieben ist. Das hat dem OLG genügt:
„Diese Angaben sind beim Messverfahren ProViDa modular ausreichend, da hier nicht die vom OLG Hamm (Beschluss vom 22.6.2017, 1 RBs 30/17, juris) als nicht standardisiert eingestufte Fest- oder Fixpunktmessung – zunächst Ermittlung der Zeitspanne, die das Tatfahrzeug für das Durchfahren der durch zwei Fixpunkte festgelegten Strecke benötigt hat und hiervon getrennte Ermittlung der Länge dieser Strecke mittels des Wegstreckenzählers des Polizeifahrzeuges- zum Tragen gekommen ist, sondern eine Auswertung analog der auto 2 Messung –Ermittlung der Geschwindigkeit des Polizeifahrzeuges und Übertragung auf das Tatfahrzeug- nur bezogen auf eine nachträglich manuell festgelegte Strecke (der Beamte führt also quasi eine Automatikmessung durch: Beck/Löhle-Reuß, Fehlerquellen bei polizeilichen Messverfahren, 12. Aufl., § 15 RN 25, 26). Entscheidend ist nämlich auch bei der zuletzt genannten Variante lediglich, dass der Abstand zu Beginn und Ende der Messung gleich geblieben ist bzw. sich nicht vergrößert hat (zur Unterscheidung der beiden Methoden der nachträglichen Auswertung: Burhoff/Grün-Grün/Schäfer, Messungen im Straßenverkehr, 4. Aufl., § 1 RN 1183).“
Nichts Besonderes, aber zur Auffrischung ganz nett 🙂 .
Und wenn das Buch „Burhoff/Grün, Messungen im Straßenverkehr“ schon zitiert wird, <<Werbemodus an>>: Das kann man hier bestellen, ebenso wie Burhoff, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 5. Aufl. <<Werbemodus aus>>.
Ist nun mir oder dem OLG ein Denkfehler unterlaufen? Eine Auto-2 Messung bedeutet, dass die Geschwindigkeit des hinterherfahrenden (Polizei-)Messfahrzeugs ermittelt wird. Diese wird dann auf das vorausfahrende Tatfahrzeug übertragen.
Das OLG schreibt, „…, dass der Abstand […] sich nicht vergrößert hat.“.
Vergrößert sich dieser, heißt das aber, dass das Tatfahrzeug schneller als die vorgeworfene Geschwindigkeit gefahren wäre. Es führe dem Messfahrzeug sozusagen davon. Damit fiele der Tatvorwurf zu Gunsten des Betroffenen aus, da ihm „zu wenig“ vorgeworfen würde.
Anders verhält es sich, wenn der Abstand sich verkleinert hätte. Das hieße, das nachfahrende Messfahrzeug wäre schneller als der Vorausfahrende gewesen und immer näher gekommen; der Abstand hätte sich verkleinert. Dem Betroffenen würde eine höhere Geschwindigkeit vorgeworfen, als er gefahren ist.
Somit erschließt sich mir der Passus des OLG nicht wirklich.