Die zweite Entscheidung kommt vom OLG Frankfurt am Main. Sie hat ein „Verkehrsgeschehen“ zum Gegenstand, das der ein oder andere kennen wird.
Der Beklagte hatte bei der Klägerin Pkw gemietet. Im Mietvertrag vereinbarten die Parteien eine Haftungsfreistellung zu Gunsten des Beklagten für selbstverschuldete Unfälle mit einer Selbstbeteiligung von 1.050,- € pro Schadenfall. Nach der in den Mietvertrag einbezogenen Allgemeinen Vermietbedingungen war die Klägerin, sofern der Schaden grob fahrlässig herbeigeführt wurde, aber berechtigt, ihre Leistungsverpflichtung zur Haftungsfreistellung in einem der Schwere des Verschuldens entsprechenden Verhältnis zu kürzen.
Es ist dann zu folgendem Unfallgeschehen gekommen.
„Am 14.9.2016 gegen 18:15 Uhr verursachte der Beklagte einen Schaden am Mietfahrzeug. Er befuhr die BAB A. aus Richtung Stadt1 kommend in Richtung Stadt2. Auf dem Rücksitz des Fahrzeugs befanden sich die beiden damals acht bzw. neun Jahre alten Kinder des Beklagten. In Höhe der Abfahrt Stadt3 wechselte er von der linken auf die rechte Fahrspur. Da er bei seinem zuvor getätigten kurzen Schulterblick wahrgenommen hatte, dass sein rechts hinter ihm sitzender achtjähriger Sohn einen Gegenstand in der Hand hielt, den er zunächst nicht identifizieren konnte, drehte er sich nach Beendigung des Fahrspurwechsels nach hinten zu diesem Kind auf der Rückbank um. Da er hierbei kurzzeitig das Verkehrsgeschehen außer Acht ließ, bremste er nicht mehr rechtzeitig und fuhr auf das etwa mittig vor ihm auf der rechten Spur fahrende Motorrad des Zeugen A auf.“
Die Klägerin hat zunächst 70 % des entstandenen Schadens geltend gemacht. Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin, mit der noch 50 % geltend gemacht worden sind, hatte Erfolg. Das OLG Frankfurt meint im OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 12.02.2020 – 2 U 43/19:
„Ein vollständiges Umdrehen während der Fahrt mit einem Pkw auf der Autobahn im stockenden Verkehr zu einem auf dem rechten Rücksitz befindlichen achtjährigen Kind, das zu einem leichten Auffahren auf ein vorausfahrendes Motorrad führt, ist als grob fahrlässig anzusehen. Dass ein Kraftfahrer die vor ihm befindliche Fahrspur beobachten muss, um möglicherweise in hohem Maße gefährliche Situationen zu vermeiden, stellt eine einfachste ganz naheliegende Überlegung dar.“
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