Einziehung II: Fehlinformation des Mandanten, oder: Keine Auswirkungen?

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Die zweite Entscheidung kommt ebenfalls vom LG Amberg und sie ist ebenso falsch wie die heute morgen vorgestellte (vgl. den LG Amberg, Beschl. v. 31.05.2019 – 11 KLs 106 Js 7350/18 und dazu: Einziehung I: Obersatz richtig, Entscheidung falsch, oder: Nicht Halter des Pkw).

In dem dem LG Amberg, Beschl. v. 29.05.2019 – 12 KLs 107 Js 2871/18 – zugrunde liegenden Verfahren hat der Kollege Jendricke, der mir den LG-Beschluss geschickt hat, den Angeklagten als Pflichtverteidiger gegen den Vorwurf der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verteidigt. Nach Abschluss des Verfahrens hat der Kollege auch hier die Festsetzung des Gegenstandswertes für eine zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV RVG beantragt. Der sei nach seiner Ansicht auf insgesamt 30.991,60 € festzusetzen. Dieser Betrag setzte sich aus dem Wert von Bargeld in Höhe von 1.810,82 €, dem Wert eines Smartphones in Höhe von 900 € und dem Wert für einen PKW Mercedes E 300 von 28.280,78 € zusammen.

Der Bezirksrevisor hat der Festsetzung des Gegenstandswertes auch bezüglich des PKW Mercedes widersprochen. Das LG hat den Wert des Pkws bei der Festsetzung des Gegenstandswertes dann außer Acht gelassen und hat den Gegenstandswert auf nur auf 2.710,82 € festgesetzt:

„Der Gegenstandswert war auf 2.710,82 Euro festzusetzen. Dieser Betrag setzt sich aus dem Wert des Bargeldes in Höhe von 1.810, 82 Euro und dem Wert des Smartphones in Höhe von 900,00 Euro zusammen. Im Rahmen der Hauptverhandlung wurde die Einziehung des Bargeldes .und des Smartphones erörtert. Diese Gegenstände standen jeweils im Eigentum des Verurteilten B. Insoweit war der Gegenstandswert daher wie geschehen festzusetzen.

Nicht zu berücksichtigen war jedoch der Wert des sichergestellten PKW Mercedes E 300. Zwar bezieht sich die Vorschrift Nr. 4142 VV RVG auf eine Tätigkeit des Rechtsanwalts im Hinblick auf die Einziehung oder verwandte Maßnahmen. Nr. 4142 VV RVG ist daher insbesondere anzuwenden bei einer Einziehung nach den §§ 74 ff. StGB und ausnahmsweise bei einer Beschlagnahme nach den §§ 94, 98 StPO, wenn die Sache – zumindest auch – als etwaiger Einziehungsgegenstand von Bedeutung ist. Die Vorschrift setzt zudem keine gerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwaltes voraus, insbesondere muss die Einziehung nicht im Verfahren beantragt worden sein. Ausreichend ist es, wenn sie in Betracht kommt. Die Gebühr wird grundsätzlich auch für eine außergerichtliche nur beratende Tätigkeit des Rechtsanwalts verdient. Es genügt insbesondere, wenn der Anwalt den Angeklagten nur über die außergerichtliche Einziehung berät (vgl. Gerold/Schmidt, RVG-Kommentar, 23. Auflage 2017, Rdnrn: 6,7,12 aus Beck Online).

Vorliegend jedoch kam eine Einziehung des PKW Mercedes E 300 von vorneherein nicht in Betracht. Das Fahrzeug stand nicht im Eigentum des Verurteilten B. Die Tatsache, dass der Verteidiger fälschlicherweise aufgrund von unvollständigen oder fehlerhaften Informationen seines Mandanten davon ausging, der PKW sei lediglich finanziert und stehe im Eigentum des Verurteilten B., ändert hieran nichts. Hätte der Verurteilte die tatsächlichen Verhältnisse von vornherein wahrheitsgemäß und korrekt dargelegt, wäre eine Einziehung zu keinem Zeitpunkt auch nur ansatzweise in Betracht gekommen. Deshalb wurde der PKW nach Bekanntgabe des Umstandes, dass es sich um ein Leasing Fahrzeug handelt, durch die Staatsanwaltschaft bereits vor der Hauptverhandlung herausgegeben. Im Rahmen der Hauptverhandlung erfolgten insoweit keine Erörterungen mehr. Der Wert des PKW Mercedes E 300 spielt daher für die Festsetzung des Gegenstandswertes nach Nr. 4142 VV RVG keine Rolle.“

Diese Entscheidung ist ebenso falsch wie der Beschluss des LG Amberg vom 31.5.2019 im Verfahren 11 KLs 106 Js 7350/18 (vgl. dazu LG Amberg, Beschl. v. 31.05.2019 – 11 KLs 106 Js 7350/18 und dazu: Einziehung I: Obersatz richtig, Entscheidung falsch, oder: Nicht Halter des Pkw). Auf die dortige Anmerkung kann daher verwiesen werden. Daran ändert sich nichts dadurch, dass der Kollege offenbar von seinem Mandanten zunächst falsch informiert worden ist. Denn entscheidend sind die Informationen, die (zunächst) erteilt werden und die den Beratungsbedarf, der die Nr. 4142 VV RVG entstehen lässt, hervorrufen. Dass sich die später als falsch herausstellen, lässt die einmal entstandene Gebühr Nr. 4142 VV RVG nicht entfallen (§ 15 Abs. 4 RVG). Auch wenn das LG und/oder die Staatskasse das gerne möchten.

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