Pflicht I: Bestellung wegen „Schwere der Tat“, oder: Grenze bei einem Jahr Straferwartung

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Heute dann drei Pflichtverteidigerentscheidungen. Zunächst stelle ich den KG, Beschl. v. 13.12.2018 –  3 Ws 290/18 vor. Nichts Dreamatisches, sondern einfach noch einmal die Erinnerung an die Bestellsvoraussetzungen wegen „Schwere der Tat“. Und es gilt: Die Grenze liegt bei einem Jahr Straferwartung, und zwar auch wenn die Grenze erst infolge einer zu erwartenden Gesamtstrafenbildung in Betracht kommt:

„Nach gefestigter Rechtsprechung ist die Bestellung eines Pflichtverteidigers in der Regel geboten, wenn dem Angeklagten die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe droht, die mindestens im Bereich von einem Jahr liegt (vgl. KG StV NStZ-RR 2013, 116; 1982, 412; OLG Naumburg StV 2013. 433; Laufhütte in KK-StPO, 7. Auflage, § 140 Rn. 21; Lüderssen/Jahn in LR-StPO 26. Aufl., § 140 Rn. 57; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt. StPO 61. Aufl. § 140 Rdn. 23; alle mwN). Neben der dem Angeklagten hier drohenden Strafe sind wegen der bei § 140 Abs. 2 StPO stets erforderlichen Gesamtbewertung aber auch sonstige schwerwiegenden Nachteile zu berück-sichtigen, die er infolge der drohenden Verurteilung zu gewärtigen hat (vgl. OLG Hamm StV 2004, 586). Die Grenze der Straferwartung um ein Jahr Freiheitsstrafe ist deshalb auch dann zu beachten, wenn ihr Erreichen erst infolge einer zu erwartenden Gesamtstrafenbildung in Betracht kommt (vgl. Senat, Beschluss vom 26. Oktober 2016 – (3) 161 Ss 162/16 (88/16) – juris m.w.N.; KG, Beschluss vom 6. Januar 2017 – 4 Ws 212/16 – juris).

Neben der hier verfahrensgegenständlichen Tat wird dem Angeklagten mit – dem Kammervorsitzenden bei Beschlussfassung unbekannter – Anklage der Staatsanwaltschaft Berlin vom 9. Oktober 2018 – 283 Js 2 5/18 – vorgeworfen, am 30. Dezember 2017 eine gefährliche Körperverletzung und am 9. Juni 2018 eine Körperverletzung in Tateinheit mit Sachbeschädigung begangen zu haben. In der gebotenen Gesamtschau ist zu erwarten, dass gegen den Angeklagten im Falle eines den An-klagevorwürfen entsprechenden Schuldspruchs – gegebenenfalls im Verfahren nach § 460 StPO – eine Gesamtfreiheitstrafe von mindestens einem Jahr verhängt werden wird.“

Da muss man also schon mal ein wenig rechnen 🙂 .

Und: Zu der Problematik dann auch: LG Halle, Beschl. v. 23.11.2018 – 10a Qs 132/18.

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