Bei der dritten Entscheidung handelt es sich dann um den KG, Beschl. v. 09.07.2018 – (4) 151 AuslA 206/17 (1/18). Ihn stelle ich wegen der vom KG entschiedenen Frage, ob das Verbot der Mehrfachverteidigung (§ 146 StPO) auch im Auslieferungsverfahren Anwendung findet, vor. Das KG hat die Frage bejaht:
Dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft Berlin, Rechtsanwalt J wegen Verstoßes gegen das Verbot der Mehrfachverteidigung (§ 146 Satz 1 StPO) gemäß § 146a Abs. 1 Satz 1 StPO als Beistand zurückzuweisen, war stattzugeben.
1. §§ 146, 146a StPO sind gemäß § 40 Abs. 3 IRG, der auf alle Vorschriften des 11. Abschnitts des I. Buches der StPO mit Ausnahme der §§ 140, 141 Abs. 1 bis 3 und 142 Abs. 2 StPO verweist, im Auslieferungsverfahren entsprechend anwendbar (vgl. OLG Rostock NStZ 2012, 101; Thomas/Kämpfer in MüKo-StPO, § 146 Rn. 9; Lagodny/Schomburg/Hackner in Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen 5. Aufl., § 40 Rn. 28; Böhm in Grützner/Pötz/Kreß/Gazeas aaO, § 40 Rn. 40). Die im Schriftsatz des Beistands Rechtsanwalt P vom 3. Juli 2018 herangezogene gegenteilige Position vermag im Hinblick auf den eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht zu überzeugen. Angesichts der Verweisungsnorm stellt sich auch die Frage der Analogiefähigkeit von § 146 StPO nicht.
2. Zweifelhaft erscheint allerdings, ob durch die Meldung des Rechtsanwalts J als Beistand der gesondert Verfolgten N „für ein etwaiges Verfahren nach dem Rahmenbeschluss zum Europäischen Haftbefehl, das Ihrer Behörde aus Malta übersandt werden mag,“ (Schreiben an die Staatsanwaltschaft Berlin vom 27. November 2014) eine Vertretung begründet worden ist, aufgrund derer die jetzige Vertretung der derselben Tat beschuldigten Verfolgten sich als verbotene Doppelbeistandschaft darstellt. Denn insoweit ist bisher kein deutsches (Auslieferungs-) Verfahren anhängig, da N bisher im Inland nicht ergriffen wurde und – soweit bekannt – weiterhin flüchtig ist.
3. Dies kann jedoch dahinstehen, da Rechtsanwalt J sich auch als Verteidiger in dem gegen N und – insoweit nach § 154 Abs. 1 StPO eingestellt – die Verfolgte geführten Ermittlungsverfahren 286 Js 6062/14 der Staatsanwaltschaft Berlin gemeldet hat. Die gleichzeitige Vertretung der N in dem gegen sie geführten Ermittlungsverfahren und der Verfolgten in dem hiesigen, wegen derselben Tat geführten Auslieferungsverfahren begründet die (unwiderleglich vermutete [vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 61. Aufl., § 146 Rn. 9]) Möglichkeit von Interessenkonflikten, der das Verbot des § 146 StPO entgegenwirken soll.
Die Norm lässt daher eine abweichende Regelung selbst dann nicht zu, wenn ein Interessenwiderstreit sicher auszuschließen wäre. Letztlich kann dies aber auch dahinstehen, da ein solcher Ausschluss vorliegend nicht möglich ist.“