Und als zweite Entscheidung dann das KG, Urt. v. 10.07.2017 – 22 U 79/16. Ergangen ist das Urteil in einem Verfahren betreffend Unfallregulierung nach einem Verkehrsunfall. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das von dem Sohn des Klägers geführte Fahrzeug, das bei dem Verkehrsunfall beschädigt worden ist, bereits bei einem Unfall im Mai 2013 einen Vorschaden im Heckbereich erlitten hatte. Das KG hatte in einem Hinweisbeschluss darauf hingewiesne, dass dann kommt eine Verpflichtung zur Zahlung des von dem Kläger geltend gemachten Reparaturaufwandes in Höhe von 8.218,14 EUR nur dann in Betracht komme, wenn der Schaden aus dem Jahr 2013 zum Unfallzeitpunkt am 24. 11. 2014 sach- und fachgerecht beseitigt worden war. Das hatte der Kläger aber wohl nicht ausreichend nachgewiesen.
Dazu das KG im Hinweisbeschluss v. 02.03.2017 – 22 U 79/16:
- b) Von einer derartigen sach- und fachgerechten Beseitigung kann entgegen der Auffassung des Klägers nicht allein deshalb ausgegangen werden, weil der Gutachter pp. mit Schreiben vom 7. Juni 2013 die Reparatur bestätigt hat. Die Bestätigung geht zwar dahin, dass die Reparatur fachgerecht erfolgt ist. Wie der Sachverständige zu dieser Erkenntnis gekommen ist, ob er etwa nur eine äußere Besichtigung vorgenommen hat oder das Fahrzeug auf eine Hebebühne gestellt hat, ergibt sich aus der Erklärung nicht. Es ist auch nicht auszuschließen, dass sich die Bewertung der Reparatur allein auf den weiteren Hinweis bezieht, dass die Betriebs- und Verkehrssicherheit wiederhergestellt ist.
- c) Der Kläger hat auch keine Rechnung einer geeigneten Werkstatt vorgelegt, aus der sich die Reparatur und die eingesetzten Ersatzteile im Einzelnen ergeben. Entgegen der Berufung ist das landgerichtliche Urteil aber auch nicht deshalb zu beanstanden, weil das Landgericht nicht den Sachverständigen pp. zu der Frage der sach- und fachgerechten Beseitigung der Vorschäden vernommen hat. Einer Vernehmung steht allerdings weder entgegen, dass der Kläger selbst im Termin vom 14. März 2016 erklärt hat, er wisse nicht, ob Herr pp. mehr als zweimal während der Reparatur des Vorschadens in der Werkstatt gewesen ist, noch die Tatsache, dass der Kläger vorprozessual mit dem Sachverständigen Verbindung aufgenommen hat. Denn eine Partei darf einerseits auch Tatsachen behaupten, die sie nur vermutet, andererseits ist die Kontaktaufnahme eines Rechtsanwalts zu einem möglichen Zeugen nicht unzulässig. Eine Vernehmung kommt gleichwohl deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger nicht ausreichend dargelegt hat, dass der (sachverständige) Zeuge eine sach- und fachgerechte Reparatur bestätigen kann. Mit dem Schriftsatz vom 18. Dezember 2015 hat der Kläger behauptet, der Sachverständige könne eine sach- und fachgerechte Reparatur entsprechend seinem Gutachten bestätigen. Im Schriftsatz vom 25. September 2015 und vom 3. November 2015 hat er behauptet, dass der Sachverständige kontrolliert habe, dass die Reparatur vollständig nach den Vorgaben seines Gutachtens ausgeführt wird. Im Schriftsatz vom 3. November 2015 heißt es dann aber weiter, dass der linke Längsträger und der linke Kofferraumboden repariert wurden, ebenso wie die Parksensoren. All dies entspricht aber gerade nicht dem Gutachten des Sachverständigen pp. vom 27. Mai 2013, so dass dieser eine Reparatur entsprechend den Vorgaben aus seinem Gutachten schon nach dem Vortrag des Klägers nicht bestätigen kann. Soweit der Kläger nunmehr mit der Berufung behauptet, die Reparatur des linken Längsträgerendstücks, des linken Kofferraumbodens und der Parksensoren sei sach- und fachgerecht, handelt es sich um neuen Vortrag, der nach § 531 ZPO ausscheidet. Insoweit kann er sich auch nicht auf einen fehlenden Hinweis des Gerichts nach § 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO berufen. Denn die fehlende sach- und fachgerechte Beseitigung der Vorschäden ist von den Beklagten erstinstanzlich durchgehend geltend gemacht worden. Nach alldem kommt es nicht darauf an, ob der Kläger überhaupt erneut auf der Grundlage einer fiktiven Reparaturkostenberechnung abrechnen kann, wenn er nicht nachweist, dass der frühere Schaden exakt nach dem der Abrechnung zugrunde liegenden Sachverständigengutachten beseitigt worden ist und ob, was von der Beklagten mit der Berufungserwiderung bestritten, die Parksensoren überhaupt beschädigt worden sind.“
Dre Kläger hat seine Berufung nicht zurückgenommen. Das KG hat sie dann im o.a. Urteil zurückgewiesen. (Amtlicher) Leitsatz der Entscheidung:
„Rechnet ein Geschädigter einen Vorschaden auf Gutachtenbasis ab, kommt eine Abrechnung auf Gutachtenbasis wegen eines im gleichen Bereich liegenden Neuschadens nur dann in Betracht, wenn eine sach- und fachgerechte Reparatur des Vorschadens dargelegt und ggfls. bewiesen wird. Ein Abweichen des Reparaturweges von dem Vorschadensgutachten – hier: Instandsetzung statt Austausch von Teilen – deutet auf eine nicht sach- und fachgerechte Reparatur hin.“