„ein geschwungenes W“ reicht nicht, oder: Die mangelhafte Unterschrift „zwingt“ zur Urteilsaufhebung

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Nach den drei (Akten)Einsichtentscheidungen vom Aschermittwoch bringe ich dann heute drei weitere OWi-Entscheidungen, die schon etwas länger in meinem Blogordner hängen. Ich weise zunächst hin auf den OLG Frankfurt, Beschl. v.  03.01.2018 – 2 Ss-OWi 133/17, den mir der Kollege Sokolowski zur Verfügung gestellt hat. Ich räume, er hat eine allgemeine Problematik zum Inhalt, ist aber im Bußgeldverfahren ergangen, passt daher also in die heutige Reihe.

Es geht um die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Unterzeichung eines Urteils. Die Frage spielt in der Praxis ja immer wieder eine Rolle. denn nur, wenn das Urteil ordnungsgemäß unterzeichnet ist – also vom Richter „unterschrieben“ ist – liegt eine Grundlage für das Rechtsmittelverfahren vor. Ist das nicht der Fall, wird das „Urteil“ auf die Sachrüge hin aufgehoben. So war es hier beim OLG Frankfurt:

„Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und ebenso begründet worden. Sie hat auch in der Sache — zumindest vorläufig — Erfolg.

Die Sachrüge greift durch und zwingt zur Aufhebung des Urteils, weil es an einer notwendigen Prüfungsgrundlage fehlt Denn Gegenstand der Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht sind allein die Entscheidungsgründe, wie sie sich aus der gemäß § 275 StPO mit der Unterschrift des Richters zu den Akten gebrachten Urteilsurkunde ergeben (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 275 Rdn. 22).

Vorliegend genügt die Unterzeichnung des Urteils nicht den Anforderungen, die an eine ordnungsgemäße Unterschrift zu stellen sind.

Eine wirksame Unterzeichnung setzt voraus, dass die Identität des Unterschreibenden durch einen individuellem Schriftzug gekennzeichnet ist, so dass nicht lediglich ein Namenskürzel, sondern charakteristische Merkmale einer Unterschrift mit vollem Namen vorliegen müssen, die eine Nachahmung durch einen Dritten zumindest erschweren (vgl. OLG Köln NStZ-RR 2011, 348 f). Dazu bedarf es zwar nicht der Lesbarkeit des Schriftgebildes, erforderlich ist aber, dass jemand, der den Namen des Unterzeichnenden und dessen Unterschrift kennt, den Namen aus dem Schriftbild herauslesen kann (vgl. OLG Köln a.a.O. m. w. N.).

Das ist vorliegend nicht der Fall. Die Zeichnung der Richterin besteht lediglich in einem größen geschwungenen „W “ . Einzelne Buchstaben aus dem Namen der Richterin, die „XXX“ heißt, können der Zeichnung nicht entnommen werden. Somit fehlt es an irgendeiner Ähnlichkeit mit einem einzigen Buchstaben aus dem Namen der Richterin.“

Irgendwie merkt man dem Beschluss an, dass das OLG lieber anders entschieden hätte. Da ist die – in meinen Augen – nicht nur überflüssige, sondern auch falsche Formulierung „zumindest vorläufig“, denn die Rechtsbeschwerde hat ja nicht vorläufig Erfolg, sondern diese Rechtsbeschwerde hat endgültig Erfolg. Und da ist dann auch die Formulierung „zwingt“, die die OLG immer gerne dann benutzen, wenn Sie doch lieber anders entschiedn hätten. Aber bei dem fest gestellten Rechtsfehler hilft nun mal keine Trickserei über die Beruhensprüfung usw. Auch nicht beim OLG Frankfurt.

3 Gedanken zu „„ein geschwungenes W“ reicht nicht, oder: Die mangelhafte Unterschrift „zwingt“ zur Urteilsaufhebung

  1. Elmar der Anwalt

    Wenn man das mal weiterdenkt…

    So ´ne Entscheidung kann auch der Anwaltschaft gewaltig um die Ohren fliegen! Siehe § 130 Nr.6 ZPO.

    Und mit dem kranken Hirn des Strafrechtlers jetzt mal in´s unreine gedacht: Was hat denn das für Auswirkungen, wenn ein Arzt auf einem BTM – Rezept „unwirksam“, also unleserlich (soll bei Ärzten ja schonmal vorkommen – habe ich gehört) unterschreibt und der Apotheker gibt dem Patienten daraufhin z.B. seine Morphinpflaster??

  2. Sokolowski

    Update:

    Für den Betroffenen hat sich der – wie ihn das OLG nennt “ vorläufige Erfolg“ nunmehr in einen endgültigen Erfolg gewandelt:

    Aus einer Geldbuße von 240 €, 1 Punkt und einem Monat Fahrverbot wurde nun – rechtskräftig – eine Geldbuße von 55 €…, kein Punkt und kein Fahrverbot.

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