So, heute ist Feiertag – „Tag der deutschen Einheit“, also ein „Quasi-Sonntag“, an dem es naturgemäß etwas ruhiger zugeht. Ich will aber für diejenigen, die vielleicht doch arbeiten (müssen), posten. Nix Dolles, aber m.E. doch ganz interessante Entscheidungen, die zum Teil schon länger in meinem Blogordner hängen.
Dazu gehört zunächst der BGH, Beschl. v. 13.06.2017 – 1 BvR 1370/16 – betreffend das Auswahlverfahren für die Anwaltszulassung beim BG. Also nichts, was Strafrechtlecher in erster Linie interessiert. Denn die brauchen ja keine Zulassung, um am BGH tätig zu sein. In dem Verfahren hat das BVerfG die Verfassungsbeschwerde eines Rechtsanwaltes, die sich gegen das Auswahlverfahren für die Zulassung als Rechtsanwalt beim BGH richtete nicht zur Entscheidung angenommen. Die Verfassungsbeschwerde sei unzulässig, weil sie den Anforderungen an die Beschwerdebegründung nicht genüge.
Der beschwerdeführende Rechtsanwalt hatte als Bewerber am Wahlverfahren für die Zulassung als Rechtsanwalt beim BGH teilgenommen. Vom zuständigen Wahlausschuss wurde er jedoch nicht auf die 16 Rangplätze umfassende Wahlliste aufgenommen, die dem BMJ zur Entscheidung über die Zulassung vorgelegt wurde. Die daraufhin durch den Rechtanwalt gegen den Wahlausschuss erhobene Klage wies der BGH ab (BGH, Urt. v. 02.05.2016 – AnwZ 1/14). Mit seiner gegen die Entscheidungen des Wahlausschusses und des BGH sowie mittelbar gegen die §§ 164 bis 170 BRAO gerichteten Verfassungsbeschwerde rügte der Rechtanwalt insbesondere eine Verletzung seiner Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG.
Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde mangels Zulässigkeit nicht zur Entscheidung angenommen. Dazu aus der PM des BVerfG:
„1. Liegt zu den mit der Verfassungsbeschwerde aufgeworfenen Verfassungsfragen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bereits vor, der die angegriffenen Entscheidungen folgen, so ist der behauptete Grundrechtsverstoß in Auseinandersetzung mit den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Maßstäben zu begründen. Dieser Anforderung genügt die Beschwerdebegründung nicht. Das Wahlverfahren ist bereits mehrfach vom Bundesverfassungsgericht überprüft worden. Soweit sich der Beschwerdeführer mittelbar gegen die §§ 164 ff. BRAO wendet, wirft er keine Fragen auf, die Anlass zu einer Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung geben. Unter Berücksichtigung des Einschätzungs- und Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers, der auch für die Frage der Erforderlichkeit und der Angemessenheit einer Berufsausübungsbeschränkung gilt, sind keine hinreichend substantiierten Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass das in §§ 164 ff. BRAO geregelte Wahlverfahren verfassungswidrig sein könnte.
2. Auch soweit der Beschwerdeführer mit seiner Verfassungsbeschwerde die konkrete Auslegung und Anwendung der §§ 164 ff. BRAO rügt, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig. Die Möglichkeit einer Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG wird auch in dieser Hinsicht nicht substantiiert aufgezeigt.
a) Der Beschwerdeführer berücksichtigt nicht den für die verfassungsrechtliche Überprüfung der Wahlentscheidung geltenden Maßstab. Gelangt das zuständige Gericht zu einer Bestätigung der Wahl, hat das Bundesverfassungsgericht neben der verfassungsrechtlichen Prüfung der für die Wahl maßgeblichen Vorschriften lediglich nachzuprüfen, ob die Beurteilung der gerügten Wahlfehler durch das zuständige Gericht mit spezifischem Verfassungsrecht vereinbar ist. Dass dies vorliegend nicht der Fall sein könnte, ergibt sich aus der Beschwerdebegründung nicht. Es fehlt bereits die dafür erforderliche vertiefte Auseinandersetzung mit der Begründung des Bundesgerichtshofs und der einschlägigen verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung.
b) Die Möglichkeit eines Verstoßes gegen die anwaltliche Selbstverwaltung ist auf der Grundlage des Vortrags des Beschwerdeführers zu der konkreten Zusammensetzung des Wahlausschusses ebenfalls nicht gegeben. Das alleinige Vorschlagsrecht für die zu ernennenden Rechtsanwälte bei dem Bundesgerichtshof liegt nach § 166 Abs. 2 BRAO in den Händen der Rechtsanwaltskammern. Die jeweilige Anzahl der Richter und Rechtsanwälte im Wahlausschuss ergibt sich gemäß § 165 Abs. 1 BRAO – neben dem Präsidenten des Bundesgerichtshofs – aus der jeweils aktuellen Zahl der Zivilsenate des Bundesgerichtshofs und der aktuellen Zusammensetzung der Präsidien der Bundesrechtsanwaltskammer und der Rechtsanwaltskammer beim Bundesgerichtshof zuzüglich des Präsidenten des Bundesgerichtshofs. Diese Zahlen sind mithin veränderlich. Warum der Umstand, dass an der konkreten Entscheidung mehr Richter als Rechtsanwälte beteiligt waren, den Beschwerdeführer in seiner Berufsfreiheit verletzen könnte, ist vor diesem Hintergrund weder ausreichend dargelegt worden noch sonst ersichtlich.“
Für Strafrechtler ist eine Zulassung ja nicht erforderlich. Obwohl, wenn man in manchen Beschlüssen des BGH zu den behandelten Revisionen etwas liest, ist man geneigt, sich eine Zulassung auch in dem Bereich zu wünschen. 🙂
Wenn man die Beschlüsse des BGH zugrunde legt, sollte man aber auch so manche LG-Richter, scheint da eine zusätzliche Zulassung auch nicht zu schaden, oder :-)? OK, Scherz beiseite: Ich habe ja immer Bauchschmerzen, wenn man sich als Mandant seinen Anwalt (zumindest für einen Teil des Rechtzuges) nicht aussuchen kann (verstehe aber auch die Beweggründe für das ganze). Wenn ich aber die Begründung des BVerfG so sehe, scheint es zumindest in diesem Fall ganz gut zu sein. Ich meine, sich nicht mit den einschlägigen Entscheidungen des BVerfG zu dieser Thematik zu befassen (so ließt sich das für mich), und einfach mal drauf los zu „verfassungsbeschweren“ zeugt nicht von der größten Qualifikation. Oder bin ich da zu hart (ernste Frage)?
Nee, ist schon ok. Man sollte sich immer mit der ständigen Rechtsprechung des jeweils zuständigen Rechtsmittelgerichts befassen.
Volker Römermann, der Beschwerdeführer in dem Verfahren, hat den Rechtsstreit über die Zulassung beim BGH ja auf seiner Homepage dokumentiert.
https://www.roemermann.com/de/aktuelles/themen/rechtsstreit-wahl-der-bgh-anwaelte.html
Dort findet sich auch seine 155-seitige Verfassungsbeschwerde. Sie können sich also selbst ein Urteil über seine Argumente bilden – und darüber, ob sich da jemand „einfach so drauf los verfassungsbeschwert hat“.
Ich erinnere mich sofort an das ruinöse Urteil des Ersten Senats vom 13. Dezember 2000
– 1 BvR 335/97 – zur Singularzulassung bei den Oberlandesgerichten.
Da wurden damals und da werden heute hinsichtlich der Zulassung beim BGH Interessenssüppchen gekocht. Ich bin nicht des Guten Glaubens.