Die zweiten Feiertage sind immer schwierig zum Bloggen. Man weiß nie so genau, welche Entscheidungen man vorstellen soll. Schließlich ist Feiertag und da passen dann m.E. weder „Fehlentscheidungen“ noch „schwierige“ Sachverhalte, denn schließlich ist ja Feiertag. Darum weiche ich heute auf eine zivilrechtliche Entscheidung des BGH aus, die m.E. spartenübergreifend“ von Interesse ist. Es ist der BGH, Beschl. v. 29.11.2016 – VI ZB 16/16, der eine Frage behandelt, mit der der BGH sich immer wieder befassen muss. Nämlich: Wird eine/die anwaltliche „Unterschrift“ den an sie zu stellen Anforderungen (noch) als „Unterschrift“ gerecht? Die Antwort darauf ist eben in allen Sparten bei „bestimmenden Schriftsätzen“ von erheblicher Bedeutung ist.
In dem Beschluss vom 29.11.2016 hatte der BGH die Unterschrift eines Rechtsanwalts nach § 130 Nr. 6 ZPO unter einem Berufungs- und Berufungsbegründungsschriftsatz zu beurteilen. Die bestand „vor allem aus einem in die Länge gezogenen, nach oben offenen Halbkreis mit jeweils nach innen weisenden kurzen Schnörkeln“. Das OLG Frankfurt hatte diesen Schriftzug nicht als Unterschrift angesehen, weil er keine individuellen charakteristischen Merkmale aufweise, die ihn als Wiedergabe eines Namens darstellten. Es hatte deshalb die Berufung als verspätet angesehen und sie als unzulässig verworfen. Die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Klägers hatte dann beim BGH Erfolg.
Der BGH fasst seine „Unterschriftrechtssprechung“ noch einmal sehr schön zusammen und stellt fest: Eine den Anforderungen des § 130 Nr. 6 ZPO genügende Unterschrift setzt nach der ständigen Rechtsprechung des BGH – Nachweise im Beschluss –
- einen die Identität des Unterzeichnenden ausreichend kennzeichnenden Schriftzug voraus,
- der individuelle und entsprechend charakteristische Merkmale aufweist, die die Nachahmung erschweren,
- der sich als Wiedergabe eines Namens darstellt
- und der die Absicht einer vollen Unterschrift erkennen lässt, selbst wenn er nur flüchtig niedergelegt und von einem starken Abschleifungsprozess gekennzeichnet ist.
Liegen diese Voraussetzungen vor, kann nach Ansicht des BGH selbst ein vereinfachter und nicht lesbarer Namenszug – anders als eine dem äußeren Erscheinungsbild nach bewusste und gewollte Namensabkürzung – als Unterschrift anzuerkennen sein, wobei für den BGH insbesondere von Bedeutung ist, ob der Unterzeichner auch sonst in gleicher oder ähnlicher Weise unterschreibt.
Und im entschiedenen Fall hat der unterzeichnende Rechtsanwalt noch einmal Glück gehabt. Denn dem BGH hat der „Halbkreis mit Schnörkeln“ als Unterschrift, weil hinreichend individuell ausgeführt, noch gereicht. Das vor allem auch deshalb, weil Zweifel an der Urheberschaft des Unterzeichnenden nicht bestanden haben. In anderen Fällen hat er das in seiner Rechtsprechung in der Vergangenheit anders gesehen. Und dann droht Fristversäumung und es stellt sich ggf. die Haftungsfrage. Deshalb: Nicht zu „kunstvoll unterschreiben“.
Gibt es solche Entscheidungen eigentlich nur zu anwaltlichen Unterschriften oder widmet sich die Justiz auch der Erkennbarkeit richterlicher Signaturen? 🙂
ja, gibt es:
https://blog.burhoff.de/2016/02/nur-auf-und-abstriche-unter-dem-urteil-das-ist-keine-unterschrift/
Danke für den Hinweis, dann lohnt es sich ja ggf. auch gerichtliche Entscheidungen auf eine genügende Unterschrift hin zu untersuchen.