Verjährungsfragen spielen für die Betroffenen in Bußgeldverfahren eine große Rolle. Daher ist m.E. auch der OLG Stuttgart, Beschl. v. 10.01.2017 – 1 Ss 732/16 – von Interesse. Es geht um eine unwirksame Ersatzzustellung des Bußgeldbescheides. Zum Zeitpunkt der (Ersatz-)Zustellung, die durch Einlegen in den Briefkasten erfolgte, war der Betroffene nicht mehr unter der Anschrift, an der die Ersatzzustellung erfolgte, wohnhaft. Der Betroffene war bereits vor der Tat in die Schweiz verzogen gewesen und hatte sich auch umgemeldet. Er hatte nur seinen Namen auf dem Briefkasten nicht entfernt. Nachdem er innerhalb von drei Monaten nach der „Zustellung“ keine Kenntnis von dem Bußgeldbescheid erlangt gehabt hatte, berief sich der Betroffene auf Verjährung.
Das AG hat ihn dann dennoch zu einer Geldbuße verurteilt. Zwar sei tatsächlich Verjährung eingetreten; der Betroffene könne sich hierauf jedoch nicht berufen. Das AG folgte insoweit der Rechtsansicht des OLG Hamm (NStZ 2015, 525), wonach ein Betroffener sich wegen Rechtsmissbrauchs nicht auf die Unwirksamkeit einer Ersatzzustellung berufen könne, wenn er bei der Verwaltungsbehörde einen Irrtum über seinen tatsächlichen Lebensmittelpunkt bewusst und zielgerichtet herbeigeführt habe. Dies gelte auch in Fällen, in denen ein Betroffener nicht durch Angabe einer falschen Anschrift selbst aktiv geworden ist, sondern im Wesentlichen lediglich die erforderliche Ummeldung unterlassen hat.
Das OLG Stuttgart sieht das – m.E. zu Recht – anders und sagt:
„Ist eine Ordnungswidrigkeit verjährt, ist kein Raum für die Prüfung, ob sich der Betroffene wegen Rechtsmissbrauchs auf die Unwirksamkeit einer Ersatzzustellung des gegen ihn ergangenen Bußgeldbescheides berufen darf. Denn die Verjährung im Bußgeldverfahren unterliegt nicht der Dispositionsfreiheit des Betroffenen.“
Also: Verjährt ist verjährt. Da wird nicht dran herum gefummelt. Im Übrigen: Das AG hatte übersehen, dass wohl auch nach der Rechtsansicht des OLG Hamm sich auf die Unwirksamkeit der Ersatzzustellung berufen konnte. Daher war die vom OLG entschiedene Frage auch nicht entscheidungserheblich und das OLG Stuttgart musste nicht dem BGH vorlegen. Warum es dann aber die Frage überhauprt entscheidet und nicht dahinstehen lässt, leuchtet mir nun wieder nicht ein 🙂 .