Strafzumessung I: Die „einbezogene Jugendstrafe“, oder: So passt es nicht

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Jeder Verteidiger, der im Jugendrecht tätig ist, weiß – oder sollte wissen -, dass es nach dem JGG anders als im Erwachsenenrecht keine Gesamtfreiheitsstrafe gibt, sondern nur eine Einheitsjugendstrafe (§ 31 Abs. 2 JGG). Was bei deren Bildung zu beachten und vor allem wie diese Strafe zu begründen ist, zeigt noch einmal der BGH, Beschl. v. 16.11.2016 – 2 StR 316/16. Da hatte die Jugendkammer den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes unter Einbeziehung „der Strafe“ aus einer anderen Verurteilung wegen desselben Tatvorwurfs zu einer Einheitsjugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Das hat beim BGH „nicht gehalten“:

„Auch der Strafausspruch hinsichtlich des Angeklagten M. hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Es ist zwar nicht zu beanstanden, dass die Jugendkammer die Verhängung einer Jugendstrafe gegen den Angeklagten für erforderlich erachtet hat. Sowohl schädliche Neigungen wie auch die Schwere der Schuld hat das Landgericht rechtsfehlerfrei angenommen. Hingegen begegnen die Ausführungen zur Höhe der Einheitsjugendstrafe durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Jugendkammer hat diese – wie sich dem Tenor der angefochtenen Entscheidung entnehmen lässt – „unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Stralsund – Zweigstelle Bergen – vom 14. Januar 2016 (35 Ls 20/15 jug.)“ gebildet. Dies ist rechtsfehlerhaft.

Bei Anwendung von § 31 Abs.2 JGG wird nicht lediglich die Strafe, sondern das Urteil in die Bildung der Einheitsjugendstrafe übernommen. Dabei hat der Tatrichter eine neue, selbständige, von der früheren Beurteilung unabhängige einheitliche Rechtsfolgenbemessung für die früher und jetzt abgeurteilten Taten vorzunehmen (BGHR JGG § 31 Abs. 2 Einbeziehung 4, 5). Ist – wie hier – in der einzubeziehenden Entscheidung bereits eine frühere Entscheidung einbezogen worden, sind sämtliche Entscheidungen unter Neubewertung zur Grundlage einer einheitlichen Sanktion zu machen (BGHR JGG § 31 Abs. 2 Einbeziehung 7). Daran fehlt es hier. Das Landgericht hat zwar im Rahmen der konkreten Strafbemessung berücksichtigt, dass der Angeklagte erheblich vorbestraft ist und unter laufender Bewährung stand. Es hat auch einleitend – ohne nähere Erläuterung, und im Widerspruch zur Tenorierung – das „Urteil“ des Amtsgerichts Stralsund – Zweigstelle Bergen – vom 14. Januar 2016 einbezogen. Gleichwohl lassen die Ausführungen der Jugendkammer besorgen, dass sie sich der Notwendigkeit, eine neue, selbständige Bewertung aller früher und jetzt abgeurteilten Taten vornehmen zu müssen, nicht bewusst war. Die Strafzumessungserwägungen beziehen sich lediglich auf die jetzt neu abzuurteilende Tat. Eine Auseinandersetzung mit den früheren Entscheidungen und ihrer Bedeutung für den Erziehungsbedarf lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Die „Einbeziehung“ des Urteils des Amtsgerichts Stralsund vom 14. Januar 2016 erfolgt lediglich formelhaft und erfasst zudem – obwohl geboten – auch nicht die in die genannte Entscheidung einbezogene frühere Verurteilung des Amtsgerichts Stralsund – Zweigstelle Bergen – vom 26. August 2014.“

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