Täteridentifizierung im Bußgeldverfahren. Da sollte es für den Amtsrichter auf der Grundlage der Rechtsprechung des BGH in BGHSt 41, 376 zumindest einfach sein, das amtsgerichtliche Urteil richtig/zutreffend zu begründen. Denn die Vorgaben des BGH – und ihm folgend aller OLG – sind einfach. Es reicht eine Bezugnahme nach § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf ein von dem Verkehrsverstoß gefertigtes Lichtbild, wenn diese „prozessordnungsgemäß“ ist.
Zu der Frage hat jetzt vor kurzem auch noch einmal das OLG Bamberg im OLG Bamberg, Beschl. v. 14. 11. 2016 – 3 Ss OWi 1164/16 – Stellung genommen. Es handelt sich (mal wieder) um einen mit Zitaten gespickten – um nicht zu sagen „aufgeblähten“ – Beschluss des OLG. Auf den ersten Blick meint man, dass das OLG sicherlich etwas Neues auf den Weg bringt bzw. bringen will. Ist aber m.E. nicht der Fall, denn das, was das OLG zu „prozessordnungsgemäß“ ausführt, ist Mainstream:
„aa) Ob das Tatgericht seinen Willen, zur Erleichterung der Abfassung der Urteilsgründe auf bei den Akten befindliche Abbildungen gemäß 267 I 3 StPO i.V.m. § 71 I OWiG Bezug zu nehmen, um sie zum Bestandteil seiner Urteilsgründe zu machen, hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht hat, kann im Einzelfall nur unter Berücksichtigung der Urteilsgründe in ihrer Gesamtheit beurteilt werden. Die Einhaltung einer besonderen Form, die Wiedergabe des Gesetzeswortlauts, die Verwendung einer verdeutlichenden Floskel (“wegen der Einzelheiten“) oder gar die ausdrückliche Zitierung der Bestimmung des § 267 I 3 StPO schreibt weder das Gesetz vor (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 08.12.2006 – 5 Ss [OWi] 199/06 = VerkMitt 2007, Nr. 20 = VRS 112 [2007], 43), noch lässt sich diese Notwendigkeit aus übergeordneten Erwägungen, etwa aus dem Gesetzeszweck, herleiten. Entscheidend sind letztlich immer die für das Prinzip, dass die Urteilsgründe aus sich selbst heraus verständlich sein müssen, auch sonst zu wahrenden Gebote der Eindeutigkeit und der Bestimmtheit (BGH, Urt. v. 28.01.2016 – 3 StR 425/16 = StraFo 2016, 155 = NStZ-RR 2016, 178 = BGHR StPO § 267 I Satz 3 Verweisung 5).
bb) Nach diesem Maßstab dürfen die keinem Selbstzweck dienenden Anforderungen an die Abfassung der tatrichterlichen Urteilsgründe, die nicht dazu dienen, den Inhalt der in der Hauptverhandlung erhobenen Beweise (womöglich lückenlos) zu dokumentieren, sondern lediglich das Ergebnis der Hauptverhandlung wiedergeben und die rechtliche Nachprüfung der getroffenen Entscheidung ermöglichen sollen (st.Rspr.; vgl. neben BGH, Beschl. v. 04.09.1997 – 1 StR 487/97 = NStZ 1998, 51a. BGH, Beschl. v. 11.04.2012 – 3 StR 108/12 = StV 2012, 706 = NStZ-RR 2012, 212; vgl. auch OLG Bamberg, Beschl. v. 01.12.2015 – 3 Ss OWi 834/15 = StraFo 2016, 116 m.w.N.; KK-OWiG/Senge § 71 Rn. 107), nicht grundlos überspannt werden. Hierauf liefe es jedoch gerade im auf verwaltungsrechtliche Pflichtenmahnung angelegten verkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren als Massenverfahren hinaus, eine den Anforderungen des § 267 I 3 StPO genügende Bezugnahme auf bei den Akten befindliche Abbildungen unter Ausblendung des Gesamtzusammenhangs der Urteilsgründe unterschiedslos und pauschal mit der Begründung in Frage zu stellen, dass für deren Wirksamkeit die bloße Angabe der Fundstellen in den Akten regelmäßig nicht als ausreichend anzusehen sei. Erörtert der Tatrichter – wie hier – etwa bei Nennung der Fundstellen ausdrücklich, wenn auch knapp einzelne als signifikant erachtete und mit bestimmten Merkmalen der Physiognomie des in Augenschein genommenen Betr. übereinstimmende Besonderheiten, kann vielmehr an seinem auch nach außen erkennbaren eindeutigen Willen, die Abbildungen durch Bezugnahme zum Gegenstand der Urteilsgründe zu machen, kein Zweifel bestehen. Schon nach allgemeiner Anschauung enthält die unter solchen Umständen verfasste Angabe der Fundstelle in den Akten die unmissverständliche Aufforderung an den Leser, nicht nur die Beschreibung des Gegenstands zur Kenntnis zu nehmen, sondern sich bei Gelegenheit darüber hinaus durch dessen unmittelbare Betrachtung einen eigenen Eindruck zu verschaffen (BGH, Urt. v. 28.01.2016 – 3 StR 425/16 = StraFo 2016, 155 = NStZ-RR 2016, 178 = BGHR StPO § 267 I Satz 3 Verweisung 5). Der Verständniszusammenhang der Urteilsgründe wird hierdurch nicht tangiert, zumal die nur deskriptive Darlegung einiger signifikanter und vom Tatrichter wiedererkannter Gesichtspartien andernfalls als sinnlos anzusehen wäre (BGH a.a.O.). Dass das AG diese Merkmale nicht näher als geschehen beschrieben oder den Grad der Übereinstimmung mit den auf dem Messfoto erkennbaren Merkmalen nicht eingehender dargelegt hat, ist unschädlich. Denn die Überprüfung, ob der Betr. mit dem abgebildeten Fahrzeugführer tatsächlich identisch ist, steht dem Rechtsbeschwerdegericht ohnehin nicht zu und wäre ihm überdies gar nicht möglich. Die Nachprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht ist vielmehr auf die durch die wirksame Bezugnahme und den hierdurch statthaften ‚Blick in die Akten‘ ermöglichte Überprüfung der generellen Ergiebigkeit der in Bezug genommenen Lichtbilder beschränkt (BGH, Beschl. v. 19.12.1995 – 4 StR 170/95 = BGHSt 41, 376/382 = DAR 1996, 98 = NJW 1996, 1420 = NZV 1996, 413 = MDR 1996, 512 = BGHR StPO § 267 I 3 Verweisung 2 = StV 1996, 413 = VerkMitt 1996, 89).“
Aufgehoben hat das OLG dann aber doch. Denn:
„Schließt sich das Tatgericht ohne weitere eigene Erwägungen den Ausführungen eines Sachverständigen zur Ordnungsgemäßheit der Durchführung einer ‚standardisierten‘ Messung an, müssen im Urteil die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und fachbezogenen Ausführungen des Sachverständigen – wenigstens in zusammenfassender, im Einzelfall auch nur ‚gedrängter‘ Form – derart wiedergegeben werden, wie dies zum Verständnis des Gutachtens und zur Beurteilung seiner Schlüssigkeit unabdingbar ist (st.Rspr.; u.a. Anschluss an BGHSt 39, 291/297; BGH, Beschl. v. 02.04.2015 – 3 StR 103/15 [bei juris]; 06.05.2014 – 5 StR 168/14 = NStZ-RR 2014, 244; 17.06.2014 – 4 StR 171/14 = NStZ-RR 2014, 305; OLG Bamberg, Beschl. v. 20.10.2015 – 3 Ss OWi 1220/15 [bei juris]).„
Auch das: Mainstream.
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