Um die Frage, wann ein Rechtsanwalt vor einem Gerichtstermin, zu dem er anreisen muss, übernachten darf und die Übernachtungskosten zu erstatten sind, gibt es immer wieder Diskussionen. Das OLG Naumburg legt im OLG Naumburg, Beschl. v. 08.06. 2016 – 12 W 36/16 (KfB) – noch einmal das, worauf abzustellen ist.
Nach dem hier insoweit interessierenden Sachverhalt war der Rechtsanwalt in einem Zivilverfahren als Prozessbevollmächtigter der Streithelferin tätig. Der Sitz seiner Kanzlei befand sich in A. Die Gerichtstermine fanden beim rund 350 km entfernten LG Halle statt. Vor den Gerichtsterminen in Halle hat der Rechtsanwalt dort in einem Hotel übernachtet. Die entstandenen Hotelkosten hat er gegenüber der Klägerin, der die Kosten der Streithelferin auferlegt worden sind, geltend gemacht. Das LG hat diese nur zum Teil festgesetzt. Die sofortige Beschwerde des Rechtsanwalts hatte teilweise Erfolg.
Das OLG Naumburg sagt dazu.
„Erstattungsfähige Prozesskosten sind auch die Übernachtungskosten eines Rechtsanwalts, wenn es diesem nicht zuzumuten ist, am Terminstag anzureisen. Ihm kann nicht abverlangt werden, die notwendige Anreise zum Terminsort zur Nachtzeit anzutreten. Als Nachtzeit ist in Anlehnung an § 758a Abs. 4 ZPO die Zeit von 21.00 Uhr bis 6.00 Uhr anzusehen.“
Auf der Grundlage verfährt das OLG dann wie folgt:
Terminsbeginn 09.00 Uhr: Übernachtungskosten anerkannt.
Terminsbeginn 10.00 Uhr: Übernachtungkosten anerkannt. Zwar war ausweislich des Google-Routenplaners derzeit mit einer reinen Fahrtzeit von drei Stunden und sechs Minuten zu rechnen. Um allerdings möglichst rechtzeitig zu der Verhandlung zu erscheinen, ist ein Rechtsanwalt darauf verwiesen, einen ausreichenden zeitlichen Puffer bei der Reisezeit wegen unvorhergesehener Verzögerungen wie Staus u.ä. vorzusehen. Hinzu komme die Zeit einer angemessenen Fahrpause, dies auch eingedenk des Umstandes, dass der Prozessbevollmächtigte zum Zeitpunkt jener Termine schon weit älter als 70 Jahre war. Und: Zu berücksichtigen ist zudem, dass zu dem Zeitpunkt, zu dem die Termine stattfanden, die zu benutzende BAB 9 noch nicht ausgebaut war, so dass regelmäßig mit Verzögerungen und Geschwindigkeitsreduzierungen wegen Baustellen und hohem Verkehrsaufkommen zu rechnen war.
Terminsbeginn ab 10.30 Uhr: Keine Übernachtungskosten, da zumindest 4,5 Stunden ab 6.00 Uhr für eine ausreichend rechtzeitige Anreise nach Halle zur Verfügung gestanden haben.
Gilt m.E. nicht nur für den „Zivilisten“, sondern auch für den „Strafrechtler“.
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Bleibt dann noch die Frage, was z. B. ein Hamburger RA machen muss, der zu einer mündlichen Verhandlung oder HV vor dem LG Frankfurt geladen ist und diesen mühelos mit einem Flieger um 07:00 Uhr erreichen kann. Trotzdem Anreise am Vorabend und ins Hotel, wenn’s (wieviel?) preiswerter ist?