Der OLG Hamm, Beschl. v. 31.05.2016 – 4 RBs 111/16 – ist ein „schönes“ Beispielt, dass nicht selten von den OLG „gehalten“ wird, was gehalten werden kann. Das AG hat den Betroffenen wegen eines Verstoßes gegen §§ 9 Abs. 1, 17 Abs. 1 lit. e LImSchG – Störung der Nachtruhe – schon da stimmte die der Liste der angewandten Vorschriften im Urteil nicht – zu einer Geldbuße von 5.000 EUR verurteilt. Nach den Feststellungen im AG-Urteil ließ der Betroffene als verantwortlicher Geschäftsführer einer U GmbH& Co KG „am 29.10.2014 zu einer nicht näher festgestellten Uhrzeit Geräuschimmissionen von dem Betriebsgelände des genannten Unternehmens ausgehen, welche mit einem konstanten Lärmpegel von 52,9 dB(A) gemessen wurden, wobei der Mindestpegel bei 52,1 dB(A) und der Spitzenpegel bei 54,3 dB(A) lag. Die Messung wurde von einem „Ersatzmessort“ aus vorgenommen, der ca. 30m vom Wohnhaus eines Beschwerdeführers wegen einer früheren Lärmbelästigung aus dem Jahre 2013 liegen und diesem gleichwertig sein soll. Näheres zum Messort wird nicht mitgeteilt.“
Das OLG schaut in die Akten und stellt bei der Prüfung des dem Verfahren zugrunde liegenden Bußgeldbescheides fest: Der Bußgeldbescheid hat eine Tat vom 26.10.2014 zum Gegenstand. Wer meint, das OLg hat nun Porbleme mit der Wirksamkeit des Bußgeldbescheides, der irrrt sich gewaltig. Locker heißt es dazu:
„Das Verfahren war nicht wegen Fehlens einer Verfahrensvoraussetzung – hier eines wirksamen Bußgeldbescheids betreffend die abgeurteilte Tat – einzustellen. Zwar bezieht sich der von Amts wegen vom Rechtsbeschwerdegericht zur Kenntnis zu nehmende Bußgeldbescheid vom 15.01.2015 auf eine Tat am 26.10.2014. Angesichts der nahezu identischen Messergebnisse (laut Bußgeldbescheid 53 dB(A), laut Urteil 52,9 dB(A) konstanter Lärmpegel) und im Übrigen gleichem Tatort und sonstiger Umstände, geht der Senat davon aus, dass Bußgeldbescheid und angefochtenes Urteil dieselbe Tat betreffen.“
Das, was das OLG schreibt, ist in meinen Augen nicht haltbar. Man kann zwei Abweichungen feststellen zwischen festgestellter Tat und der Tat, die Gegenstand des Bußgeldbescheides ist/war, nämlich einemal beim Tattag – 26.10.2014 oder 29.10.2014 – und beim Messergbnis – „laut Bußgeldbescheid 53 dB(A), laut Urteil 52,9 dB(A)“. Aber das macht dem OLG nichts. Und die Begründung? „Nahezu identisch“, aber bitte: Das ist für mich aber nicht identisch. Und was heißt: „im Übrigen gleichem Tatort und sonstiger Umstände„? Damit ist doch bei den Geräuschimmission aus einer Firma zu rechnen.
Die Begründung des OLG ist in meinen Augen heiße Luft und deckt schlampige Feststellungen des AG. Da kann man doch am besten gleich den Bußgeldbescheid als Verfahrensgrundlage abschaffen. Denn wie soll sich der Betroffene denn zeitlich – Alibi-Beweis!! – verteidigen können, wenn nicht klar ist, wann denn nun die ihm zur Last gelegte Tat begangen sein soll?
Es hilft auch nicht, dass das OLG aus einem anderen Grund aufgehoben hat. Denn die erforderliche Einstellkung hätte zur Erledigung des Verfahrens insgesamt geführt. So darf das ASG es noch einmal versuchen…..
Jetzt zieht sich das Nichtkönnen schon bis zum OLG durch.
Wo soll das noch hinführen?
Die Gesamtschüler halten Einzug bei den Obergerichten. Lieber Herr Burhoff, Menschen ihres Formats braucht es mehr! Sie haben den Durchblick auch bei schwierigsten (!) Sachen. Danke dafür.
Ich bin gerührt
Wie soll man sich einen „Alibi-Beweis!!“ bei den von einem Betriebsgelände (!!) ausgehenden Geräuschemissionen vorstellen?
Und: Mal angenommen, von diesem Betrieb gehen permanent überhöhte Geräuschemissionen aus. Würden dann die bei unterstelltermaßen verschiedenen Messungen am 26. bzw. 29.10.2014 festgestellten Grenzwertüberschreitungen überhaupt zur Annahme einer unterschiedlichen prozessualen „Tat“ führen?
ah, die Immissionen fallen vom Himmel? Und ihr „Und: Mal angenommen….“ trifft m.E. nicht das Problem. Mit „mal angenommen“ komme ich im Straf-/Bußgeldverfahren ja wohl nicht weiter. Im Übrigen geht es m.E. doch wohl um zwei unterschiedliche Taten, nur beim OLG offenbar nicht.
Die Immissionen fallen nicht von Himmel, sondern kommen aus einem Betrieb, dessen verantwortlicher Geschäftsführer der Betroffene war, an dem einen Tag ebenso wie an dem anderen – da ist ein „Alibi-Beweis“ nutzlos.
Und was die prozessuale Tatidentität angeht, dürfte das hier ebenso zu beurteilen sein wie beim Fahren ohne Fahrerlaubnis oder anderen Dauerdelikten.
Sie konstruieren m.E. einen anderen Sachverhalt, aber lassen wir das. Bringt nichts.
Der von Ihnen vorgestelle Sachverhalt mehrt nicht das Vertrauen des Bürgers in die Gerichtsbarkeit, im Gegenteil. DARÜBER sollten die RichterInnen an Amts-, Landes- und Oberlandesgerichten mal nachdenken.
Auch ein bedauerlicher Einzelfall ist schon einer zuviel.
Genau!