Es scheint hoch hergegangen zu sein bei einem dem BGH, Beschl. v. 21.04.2016 – 2 StR 394/15 – zugrunde liegenden Vorfall; ja den Beschluss hatte ich schon mal vorgestellt, und zwar hier: Durchsuchung IV: Wenn Oberstaatsanwälte irren, Beweisverwertungsverbot, oder: Kein gesund Beten. Verurteilt worden sind die Angeklagten vom LG Frankfurt/Main u.a. wegen eines Verstoßes gegen § 224 StGB. Das LG hat dann zu Lasten beider Angeklagter berücksichtigt, „dass § 224 StGB „gleich in drei Tatbestandsvarianten“ (scil. § 224 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 4 und Nr. 5 StGB) verwirklicht worden sei. Soweit das LG davon ausgegangen ist, (auch) die Tatvariante des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB sei erfüllt, begegnet das nahc Auffassung des BGh rechtlichen Bedenken:
„a) Den Qualifikationstatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB verwirklicht, wer die Tat mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich begeht. Weder Eigenhändigkeit noch Mittäterschaft wird vorausgesetzt; ausreichend ist vielmehr schon das gemeinsame Wirken eines Täters und eines Gehilfen bei der Begehung der Körperverletzung (vgl. BGH, Urteil vom 3. September 2002 – 5 StR 210/02, BGHSt 47, 383, 386; Beschluss vom 8. März 2016 – 3 StR 524/15, NStZ-RR 2016, 139). Dies folgt aus dem Sinn und Zweck des Qualifikationstat-bestandes des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB, wonach durch ein solches Zusam-menwirken – nicht anders als durch mittäterschaftliche Begehung – eine verstärkte Gefährlichkeit der Körperverletzung für das Opfer begründet wird (vgl. BGH, Urteil vom 3. September 2002 – 5 StR 210/02, BGHSt 47, 383, 386).
Allerdings ist eine gemeinschaftliche Begehung in dieser Beteiligungsform regelmäßig erst dann anzunehmen, wenn der am Tatort anwesende Gehilfe die Wirkung der Körperverletzungshandlung des Täters – physisch oder psychisch (vgl. BGH, Urteil vom 22. Dezember 2005 – 4 StR 347/05, NStZ 2006, 572, 573) – bewusst in einer Weise verstärkt, welche die Lage des Verletzten zu verschlechtern geeignet ist. Dies wird in der Regel vor allem durch eine Schwä-chung der Abwehrmöglichkeiten verwirklicht, wenn das Opfer durch die Präsenz mehrerer Personen auf der Verletzerseite insbesondere auch wegen des erwarteten Eingreifens des oder der anderen Beteiligten in seinen Chancen beeinträchtigt wird, dem Täter der Körperverletzung Gegenwehr zu leisten, ihm auszuweichen oder zu flüchten.
b) Nach den Feststellungen stand der Angeklagte L. E. bei seinem am Wendehammer abgestellten Pkw und sah, dass sein Bruder den Geschädigten „durch hin und herschwingende Hiebe mit dem Schlachtermesser“ bedrohte. Der Angeklagte L. E. forderte seinen Bruder auf, „schnell in das Auto einzusteigen und mit ihm zu fliehen. Sein Bruder kam der Aufforderung jedoch nicht nach, sondern fragte den Mitangeklagten L. E. lediglich, ob die Polizei schon da sei. Als der Angeklagte L. E. die Frage verneinte und zusätzlich von sich aus noch darauf hinwies, dass hier auch keine Kameras befindlich seien, schwang der Angeklagte Y. E. im Beisein seines Bruders das Schlachtermesser mit der scharfen Klin ge voraus mehrfach“ gegen den Geschädigten, dem er sodann u.a. eine Skalpierungsverletzung zufügte.
Unbeschadet des Umstandes, dass schon nicht erkennbar ist, ob sich das Landgericht des oben unter 2. a) dargelegten Maßstabes bewusst gewesen ist, ist den Feststellungen ein gemeinsames Einwirken auf das Opfer bei der Begehung der Körperverletzungshandlung nicht hinreichend zu entnehmen; insoweit erscheinen indes ergänzende Feststellungen möglich.“