An sich ein ganz einfacher Sachverhalt, der dem BGH, Beschl. v. 13.01.2016 – 4 StR 532/15 – zugrunde gelegen hat. Der Angeklagte fährt mit einem „geklauten“ Pkw Opel Corsa zu einer Tankstelle, betankt das Fahrzeug und fährt anschließend – wie von vornherein geplant – ohne Bezahlung der eingefüllten Treibstoffmenge davon. Verurteilung durch das LG wegen vollendeten Betruges (§ 263 StGB). Der BGH sagt: Nein, denn:
„b) Diese Feststellungen tragen nicht die Verurteilung wegen vollendeten Betrugs. Nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ist von einem Tanken an einer Selbstbedienungstankstelle auszugehen. In derartigen Fällen setzt die Annahme der Tatvollendung voraus, dass der Täter durch (konkludentes) Vortäuschen seiner Zahlungsbereitschaft bei dem Kassenpersonal einen entsprechenden Irrtum hervorruft, der anschließend zu der schädigenden Ver-mögensverfügung (Einverständnis mit dem Tankvorgang) führt. Mangels Irrtumserregung liegt jedoch kein vollendeter Betrug vor, wenn das Betanken des Fahrzeugs vom Kassenpersonal überhaupt nicht bemerkt wird. In einem sol-chen Fall ist vielmehr regelmäßig vom Tatbestand des versuchten Betrugs aus-zugehen, wenn das Bestreben des Täters – wie im vorliegenden Fall – von An-fang an darauf gerichtet war, das Benzin unter Vortäuschung einer nicht vor-handenen Zahlungsbereitschaft an sich zu bringen, ohne den Kaufpreis zu entrichten (BGH, Urteil vom 5. Mai 1983 – 4 StR 121/83, NJW 1983, 2827; Beschluss vom 19. Dezember 2012 – 4 StR 497/12, StV 2013, 511 mwN). Da das Landgericht trotz des Geständnisses des Angeklagten und unter Heranziehung der Lichtbilder der Überwachungskamera keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob der Tankvorgang vom Kassenpersonal bemerkt wurde, geht der Senat zugunsten des Angeklagten davon aus, dass dies nicht der Fall war; er ändert den Schuldspruch in versuchten Betrug ab. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.“
Bei einer Selbstbedienungtankstelle, welche m.E. solche meint, die ohne Kassenpersonal auskommen, denn ihnen ist ein Bezahlen mit Karte ausnahmslos zugeordnet, kann auch kein versuchter Betrug in Betracht kommen.
In diesen Fällen stellt sich ähnlich wie in den Selbstbedienungsfällen die Rechtsfrage, ob Diebstahl oder ein Computerbetrug im Einzelfall anzunehmen ist.
@Frank: Eine SB-Tankstelle ist eine Tankstelle, an der man selbst tankt, bei der es also keinen Tankwart gibt. Sie verwechseln das mit einem Tankautomaten.
Der Fehler des BGH ist, dass es sich überhaupt nicht um Betrug handelt, auch nicht um versuchten Betrug. Betrug setzt voraus, dass der betr. Vermögensgegenstand (hier: der Kraftstoff) durch täuschungsbedingte Verfügung den Besitzer wechselt. Das ist beim Selbstbedienungstanken (wie schon der Name sagt) gar nicht der Fall, denn der Kraftstoff wechselt ohne Verfügung allein durch Aktivität des Tankenden den Besitzer. Da dies (der Gewahrsamswechsel) mit Einverständnis des Berechtigten geschieht, liegt auch keine Wegnahme vor. Deshalb ist allein vollendete Unterschlagung (§ 246 StGB) gegeben. Auch ein versuchter Betrug liegt nicht vor, weil sich der Täter regelmäßig gar nicht vorstellt, durch Verfügung in den Besitz des Kraftstoffs zu kommen. Er will gerade vermeiden, als pot. Nichtzahler bemerkt zu werden, täuscht also auch nichts vor.
Henning Ernst Müller