Ich habe länger nichts zum „manipulierten Unfall“ gebracht. Da passt es ganz gut, dass ich auf das – schon etwas ältere – OLG Köln, Urt. v. 08.05.2015 – 19 U 47/13 – gestoßen bin, das sich mit den damit zusammenhängenden Fragen auseinander setzt. Es geht um Schadensersatz von rund 7.000 €, die die Klägerin nach Beschädigung ihres Fahrzeugs verlangt. Behauptet wird, dass der Pkw der Beklagten das geparkte Fahrzeug der Klägering im Vorbeifahren gestreift haben soll. Der Beklagte erklärtm dass zum Zusammenstoß gekommen ist, als das Fahrzeug der Beklagten versehentlich nach links gelenkt wurde. Das OLG hat einen Sachverständigen beauftragt, der dann allerdings zu einem ganz anderen Ergebnis kommt. Er geht nämlich davon aus, dass die Spuren an beiden Fahrzeugen nicht auf ein einziges Unfallereignis zurückgeführt werden können, sondern dass mehrere Anstöße mit unterschiedlichen Relativgeschwindigkeiten stattgefunden haben. Und das findet dann Eingang in die „Indizienkette“ des OLG Köln, dass von einem manipulierten Unfall ausgeht, u.a. weil:
- „…Für eine Unfallmanipulation spricht besonders deutlich der Umstand, dass die Schäden an den beiden beteiligten Kraftfahrzeugen P und D nicht mit dem von dem Beklagten zu 3 als Fahrer des PKW D sowie der Klägerin geschilderten Hergang des Geschehens in Einklang zu bringen sind und auch im Übrigen nicht durch ein Unfallgeschehen aus dem Verkehrsfluss heraus resultieren können. ….Eine mehrfache Kollision des Schädigerfahrzeugs gegen ein geparktes Fahrzeug, die nach Einschätzung des gerichtlichen Sachverständigen nicht als unabsichtlich zu erklären ist, spricht deutlich für das Einverständnis des Geschädigten und die Feststellung eines manipulierten Unfalls (vergleiche KG Berlin, Urteil vom 08.12.2005, 12 U 201/05, zitiert nach juris).
- „….Beschädigt wurde mit dem PKW P A ein zum Zeitpunkt des angeblichen Unfalls etwa viereinhalb Jahre altes (Erstzulassung: 25.10.2006) durchaus werthaltiges Fahrzeug (Wiederbeschaffungswert gemäß Schadensgutachten: 13.200 €) mit einer schon erheblichen Laufleistung (am 30.03.2011: 91.501 km). Das Fahrzeug wurde nur wenige Monate vor dem Schadensfall auf die Klägerin angemeldet (Eintragung in der Zulassungsbescheinigung am 03.01.2011). Es handelt sich mithin um ein für manipulierte Unfallgeschehen typischerweise verwendetes Fahrzeug (vergleiche OLG Schleswig, Urteil vom 24.07.2010, 7 U 102/09, zitiert nach juris).“
- „….Dasselbe gilt für das von dem Beklagten zu 3 geführte Fahrzeug D. Dieses war seinerzeit ca. 16 Jahre alt (Erstzulassung Mai 1995), wies eine Laufleistung von ca. 237.000 km auf und hatte erhebliche Vorschäden. Dies steht aufgrund der Angaben in dem beklagtenseits vorgelegten Gutachten der E vom 18.05.2011 fest. Es entspricht der typischen Vorgehensweise, einen derart wertlosen PKW bei einem gestellten Unfall als Schädigerfahrzeug einzusetzen (vergleiche Senat, Urteil vom 25.03.1994, 19 U 168/93; OLG Schleswig, a.a.O.).“
- „….Hinzu kommt hier noch, dass der Beklagte zu 3 den von ihm geführten Pkw von einem Dritten geliehen hatte, der nach Erwerb des Fahrzeugs dieses noch nicht umgemeldet hatte……Dass der Beklagte zu 3 bei seiner Anhörung vor dem Landgericht nicht einmal den Namen desjenigen nennen konnte, von dem er den PKW D geliehen hatte, lässt das Geschehen erst recht dubios erscheinen….“
- „…Ein weiterer Umstand, der für eine Unfallmanipulation spricht, ist die schlechte wirtschaftliche Lage des Beklagten zu 3, über dessen Vermögen am 05.01.2011 das Insolvenzverfahren eröffnet worden war (Amtsgericht Köln, 74 IN 380/10). Finanzielle Bedrängnis eines oder beider an einem gestellten Unfall Beteiligten ist keineswegs außergewöhnlich (vergleiche OLG Köln, Urteil vom 02.03.2010, 9 U 122/09, zitiert nach juris ; OLG Schleswig, a.a.O.).“
- Auch die Umstände des Vorfalls vom 29.03.2011 sprechen deutlich für eine Unfallmanipulation. …..Typisch für die Konstellation eines gestellten Unfalls ist zudem die Zeit des Geschehens, nämlich spät abends (22:00 Uhr), wenn üblicherweise keine Zeugen zugegen sind (vergleiche OLG Schleswig, a.a.O.; OLG Koblenz, Urteil vom 13.03.1989, 12 U 434/88; OLG Köln, Urteil vom 02.03.2010, 9 U 122/09; jeweils zitiert nach juris).
Ist wirklich ein wenig viel, oder?