Gestern ist auf der Homepage NRWE der OLG Hamm, Beschl. v. 01.10.2015 – 1 RVs 66/15 – veröffentlicht worden. In ihm geht es um den Tatbestand der Volksverhetzung. Das AG Dortmund hatte zwei Anhänger des BVB wegen Volksverhetzung (§ 130 StGB) jeweils zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 60,00 € verurteilt, weil sie bei einem Bundesligaspiel gegen Mainz 05 im April 2014 das sog. U-Bahn-Lied in Richtung gegnerischer Fans gesungen hatten. Text des Liedes „Eine U-Bahn, eine U-Bahn, eine U-Bahn bauen wir, von Jerusalem bis nach Auschwitz, eine U-Bahn bauen wir!“. Das Singen dieses Liedes war für die umstehenden Personen deutlich hörbar.
Das OLG Hamm hat die Verurteilung wegen Volksverhetzung bestätigt. Das OLG geht davon aus, dass die Angeklagten eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 VStGB bezeichneten Art verharmlost hätten. Die Verharmlosung sei zudem geeignet gewesen, den öffentlichen Frieden zu stören. Dazu aus der PM zu dem m.E. lesenswerten Beschluss:
Das Verhalten der Angeklagten stelle eine, so der Senat, gemäß § 130 Abs. 3 Strafgesetzbuch strafbare Volksverhetzung dar. Die Angeklagten hätten eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangenen Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise verharmlost, die geeignet sei, den öffentlichen Frieden zu stören.
Die Vorschrift des Völkerstrafgesetzbuches verbiete es, eine nationale, rassische, religiöse oder ethische Gruppe unter Lebensbedingungenzu stellen, die sie körperlich zerstören könne. Der gesungene Liedtext beziehe sich auf eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung dieser Art, er billige das Massenvernichtungsunrecht im Konzentrationslager Auschwitz. Der im Liedtext besungene Startort Jerusalem stehe als Synonym für Juden. Die Verbindung von Jerusalem und Auschwitz durch die U-Bahn als direktes Transportmittel verbildliche die Transporte der Opfer des Holocaust nach Auschwitz.
Nach dem Text solle die U-Bahn von den Sängern erst noch gebaut werden. Das stelle die Bezüge zur Vergangenheit in einen Kontextzu einem künftigen Geschehen, auf welches die Sänger hinwirken wollten. Unabhängig davon, dass ersichtlich nicht ernsthaft eine UBahn von Jerusalem nach Auschwitz gebaut werden solle, bringe der Text des Liedes symbolisch die Möglichkeit zum Ausdruck, dass eine Wiederholung der Transporte jüdischer Menschen an den Ort eines früheren Vernichtungslagers denkbar sei. Dadurch erscheine der Völkermord der Nationalsozialisten an den Juden in seinem Unrechtsgehalt begrenzt, mithin nicht schwerwiegend und der Gedanke einer Wiederholung als billigenswert. Aus Sicht eines verständigen Zuhörers erscheine das als eine Verharmlosung der Verbrechen der Nationalsozialisten.
Es gebe keine Begleitumstände, die das Lied in einen anderen Kontext, z.B. den einer Fanrivalität, stellen könnten. Das Lied sei
zwar in der Nähe einer Gruppe Mainzer Fans gesungen worden, sein Inhalt aber nicht an diese gerichtet gewesen, Mainz sei nicht Jerusalemund Jerusalem sei am Spiel nicht beteiligt gewesen. Das Singen des Liedes durch die Angeklagten sei geeignet gewesen,den öffentlichen Frieden zu stören. Insoweit genüge schon die konkrete Eignung. Bei der in der Liedform in die Öffentlichkeit getragenen ?Judenhetze? bestehe ohne weiteres die Gefahr, dass die Botschaft der Angeklagten von Zuhörern, die diese billigten, weitergetragen werde, so dass das psychische Klima aufgeheizt.“
Ohne Worte. Nicht wegen des Beschlusses, sondern wegen des Liedes…..
Wirklich Ohne Worte ? Das „U-Bahn-Lied“ ist sicherlich verwerflich, unsäglich dämlich, abstoßend und wer weiß was noch. Aber dafür 90 Tagessätze?
Zumal mir die Begründung der Störung des öffentlichen Friedens nicht recht einleuchtet, es soll also die „Gefahr bestehen, dass die Botschaft der Angeklagten von Zuhörern, die diese billigten, weitergetragen werde, so dass das psychische Klima aufgeheizt (wird).“ Fischer meint unter Hinweis auf den BGH zur Störung des öffentlichen Friedens – also eines Zustandes allgemeiner Rechtssicherheit und des Bewusstseins der Bevölkerung, in Ruhe und Frieden zu leben – , dass diese vorliege, wenn eine allgemeine Beunruhigung der Bevölkerung, mindestens aber eines Teils davon im Sinne des §130 Nr. 1, eintrete. Wie das zwei Gestalten, die sicher nicht zu den hellsten Sternen am Dortmunder Himmel gehören, gelingen soll, verstehe ich nicht.
Zum Vergleich mag eine Julia Schramm dienen, lange Zeit Vorstand der Piratenpartei. Die hat über Twitter folgende Sentenzen zum Besten gegeben: „Sauerkraut, Kartoffelbrei – Bomber Harris, Feuer Frei!“ und “ Bomber Harris Flächenbrand – Deutschland wieder Ackerland.“ Dass die Staatsanwaltschaft Dortmund hier tätig geworden ist, hat man nicht gehört. Im Gegeteil, Frau Schramm ist jetzt tätig bei der durch Steuergelder finanzierten Amadeu-Antonio-Stiftung der ehemaligen IM des MfS Anetta Kahane. Dort ist sie „Fachreferentin für Hate Speech“. Was tut sie dort? Sie arbeitet in der „Initiative für Zivilcourage Online“, die zusammen mit Arvato/Bertelsmann im Auftrag von Herrn Maaß die ins privatrechtliche ausgelagerte Zensur von Meinungen, deklariert als Bekämpfung von Hassbotschaften, bei Facebook durchführt. Darüber mache ich mir angesichts der dort vorhandenen technischen Möglichkeiten deutlich mehr Sorgen als über ein paar im Zweifel besoffene Fussballbesucher, die Lieder krähen, die ohnehin niemand goutiert.