Ich hatte zunächst gedacht, der Begriff „Klippschule“ würde ganz gut zu diesem Beitrag passen, habe das dann aber doch lieber gelassen, um mir nicht unnötige Kommentare einzufangen. Kleiner Grundkurs geht auch, und wer den BGH, Beschl. v. 01.09.2015 – 3 StR 227/15 – gelesen hat, weiß warum. Da muss der 3. Strafsenat ziemlich angefressen gewesen sein, über ein Urteil des LG Hannover – wobei man nicht weiß, ob das Urteil, das Gegenstand dieses Revisionsverfahrens möglicherweise der berühmte Tropfen war, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Man kennt auch leider das Urteil nicht und erfährt aus dem BGH-Beschluss auch nur, dass es sich um eine Verurteilung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. gehandelt hat. Und der BGH hat die Revision als „ou“ gem. § 349 Abs. 2 StPO verworfen. Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten hat er also nicht gefunden, allerdings war das, was er gelesen hat „gerade noch ausreichend“.
Aber irgendwie hat es ihm gereicht. Anders kann ich seinen Zusatz nicht verstehen:
„Ergänzend bemerkt der Senat:
Das Urteil lässt die Regeln für die Abfassung von Urteilen in Strafsachen weitgehend außer Acht.
1. Soweit der Angeklagte verurteilt wird, müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden (§ 267 Abs. 1 Satz 1 StPO). Dies sollte in einer geschlossenen Darstellung der einzelnen Tat(en) erfolgen (regelmäßig unter II. der Urteilsgründe), ehe in einem nachfolgenden Abschnitt dargelegt wird, auf welcher beweismäßigen Grundlage das Gericht zu der Überzeugung von dem zuvor festgestellten Sachverhalt gekommen ist.
Vorliegend stellt das Landgericht unter II. 2. der Urteilsgründe lediglich fest, dass der Angeklagte die verschiedenen Betäubungsmittel, Handelsutensilien und Waffen, die in einer Garage und in der Wohnung des Angeklagten sichergestellt worden waren, jeweils dort „gelagert“ hatte. Die den Schuldspruch des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen sowie des Sichverschaffens von Betäubungsmitteln in sonstiger Weise rechtfertigenden weiteren Feststellungen kann der Senat gerade noch ausreichend der Beweiswürdigung (III. der Urteilsgründe) und der Subsumtion (IV. der Urteilsgründe) entnehmen.
2. Die Beweiswürdigung soll keine umfassende Dokumentation der Be-weisaufnahme enthalten, sondern lediglich belegen, warum bestimmte bedeutsame Umstände so festgestellt worden sind. Es ist regelmäßig untunlich, die Aussagen von Zeugen aus der Hauptverhandlung der Reihe nach und in ihren – teilweise völlig unbedeutenden – Einzelheiten mitzuteilen. Ein solches Vorgehen kann die Besorgnis begründen, der Tatrichter sei davon ausgegangen, eine breite Darstellung der erhobenen Beweise könne die gebotene eigenverant-wortliche Würdigung ersetzen und unter Umständen den Bestand des Urteils gefährden (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 31. März 2015 – 3 StR 630/14, juris Rn. 10).
3. Zum notwendigen Inhalt eines (teilweise) freisprechenden Urteils verweist der Senat auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. nur BGH, Urteile vom 10. August 1994 – 3 StR 705/93, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 10 mwN; vom 24. Juli 2008 – 3 StR 261/08, juris Rn. 4; vom 29. Juli 2010 – 4 StR 190/10, juris Rn. 7 ff.; vom 2. April 2014 – 2 StR 554/13, NStZ 2014, 419, 420).“
Na, da geht die ganze Kammer am besten noch mal (?) in einen „Einführungslehrgang“
Da hat wohl der Vorsitzende nicht ausreichend über die Ausarbeitung des Proberichters geschaut, der das Schreiben der Gründe aufgebrummt bekommen hat.
Ist denn die Drohung „können unter Umständen den Bestand des Urteils gefährden“ jemals wahr gemacht worden? Ich habe mir extra die Mühe gemacht, die Zitatkette zurückzugehen und bis in die vierte Generation, als ich es aufgegeben habe, ist es bei einer leeren Drohung geblieben. 🙂
irgendwann schlägt ein Senat mal zu 🙂
@OG :
In 3 StR 224/14 hat er schon zugeschlagen
@schneidermeister
Ah, danke.