Heute mal was aus dem arbeitsrechtlichen Bereich – nein, ich erweitere das Blog nicht auch noch auf Entscheidungen aus dem Themenbereich. Aber das BAG, Urt. v. 26.03.2015 – 2 AZR 517/14 -, auf das ich durch die Berichterstattung in anderen Blogs gestoßen (worden) bin, hat einen straf(verfahrensrechtlichen) Bezug. Es geht nämlich um die Kündigung eines Arbeitsnehmers, der seinen Arbeitgeber nicht bzw. nicht rechtzeitig darüber informiert hatte – dass er sich in U-Haft befindet und des deshlab – nach einem Urlaub – nicht wieder zur Arbeit kommen kann. „Hallo, ich bin in U-Haft – kann nicht zur Arbeit kommen…“
Im Verfahren ging es um die Wirksamkeit mehrerer Kündigungen. Zwischen dem Kläger, dem Arbeitnehmer, und der beklagten, seinem Arbeitgeber, einem IT-Unternehmen, bestand eh schon Streit. Der Kläger wurde versetzt, war dann wegen Krankheit arbeitsunfähig und hatte im Anschluss daran bis Mitte Mai 2011 Erholungsurlaub. Am 26. 04. 2011 bat er seinen Vorgesetzten, ihn bis Anfang August 2011 von der Pflicht zur Arbeitsleistung freizustellen. Zur Begründung verwies er auf eine von ihm gegen die Versetzung erhobene Klage. Der Vorgesetzte lehnte eine Freistellung ab und erklärte, er erwarte den Kläger am 16. 05. 2011 an seinem Arbeitsplatz. Gegen den Kläger wurde ein Strafverfahren geführt. Am 28. 04. 2011 wurde er während der Verhandlung im Gerichtssaal verhaftet. Dabei war eine Rechtsanwältin zugegen, die das Verfahren für die Beklagte beobachtete. Grundlage der Verhaftung war ein Haftbefehl wegen des Verdachts der Erstellung falscher Lohnsteuerbescheinigungen und der unrechtmäßigen Vereinnahmung von Lohnsteuererstattungen. Der Kläger wurde in U-Haft genommen und in die (JVA gebracht. Kontakt zur Beklagten nahm er nicht auf. Er informierte sie weder über den Grund seiner Verhaftung, noch über den Ort seiner Unterbringung. Er blieb bis zu seiner strafgerichtlichen Verurteilung am 08.11.2011 inhaftiert.
Die Beklagate hat dann später frsitlos gekündigt und die Kündigung u.a. damit begründet, dass der Kläger seine Pflicht verletzt habe, ihr nach dem Ende seines Urlaubs den Grund seiner fortwährenden Abwesenheit mitzuteilen. Von der U-Haft hatte sie erst in einem Anhörungstermin vor dem Integrationsamt am 09.06.2011 Kenntnis erlangt.
Das BAG sagt zur Mitteilungspflicht des Klägers:
„b) Eine Nebenpflicht des Arbeitnehmers besteht darin, auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen (§ 241 Abs. 2 BGB). Diese Pflicht dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks (BAG 8. Mai 2014 – 2 AZR 249/13 – Rn. 19 mwN). Aus ihr leitet sich die allgemeine Pflicht des Arbeitnehmers ab, den Arbeitgeber im Rahmen des Zumutbaren unaufgefordert und rechtzeitig über Umstände zu informieren, die einer Erfüllung der Arbeitspflicht entgegenstehen (ErfK/Preis 15. Aufl. § 611 Rn. 736; allgemein zum Recht der Schuldverhältnisse Palandt/Grüneberg BGB 73. Aufl. § 241 Rn. 7, § 280 Rn. 30). Wird der Arbeitnehmer in Untersuchungshaft genommen, ist er deshalb gehalten, dem Arbeitgeber diesen Umstand unverzüglich anzuzeigen und ihn – im Rahmen des Möglichen – über die voraussichtliche Haftdauer in Kenntnis zu setzen. Aus dem berechtigten Planungsinteresse des Arbeitgebers kann sich zudem die Pflicht des Arbeitnehmers ergeben, über anstehende Haftprüfungstermine Auskunft zu geben…“
Aber: Wenn ich das Urteil richtig verstehe :-): Die nicht erfolgte Information des Klägers an seinen Arbeitgeber über die U-Haft stellt zwar die Verletzung einer Mitteilungspflicht dar, rechtfertigt aber nicht automatisch eine fristlose Kündigung. Wenn es so nicht stimmt: Die Arbeitsrechtler mögen es mir nachsehen….