Es mehren sich m.E. die Entscheidungen, in denen sich die VG mit der Frage der Entziehung der Fahrerlaubnis beim älteren Mensch/Senior befassen müssen (vgl. dazu u.a. der OVG Saarland, Beschl. v. 01.10.2014 – 1 A 289/14 und dazu: Senoirentag: Ich würde gerne eine Fahrprobe abliefern…. und der VG Stade, Beschl. v. 20.10.2014 – 1 B 1544/14 und dazu: Und nochmals “Seniorentag”: “Nicht spurtreu”, Schlagenlinien oder über die Straße irren?). Mit der Problematik der Entziehung der Fahrerlaubnis und Abgabe des Führerscheins wegen Kraftfahrungeeignetheit des Fahrzeugführers aufgrund des hohen Alters musste sich jetzt auch das VG Düsseldorf im VG Düsseldorf, Beschl. v. 04.03.2015 – 4 L 484/15. In dem Verfahren ging es um einen 95-jährigen, der nach einem Vorfall, bei dem er beim Rückwärts-Ausparken aus einer Parkbox den Vorwärtsgang seines Automatikgetriebes eingelegt hatte und dann mit seinem Fuß vom Bremspedal abgerutscht war, zu einer 30-minütigen Fahrprobe aufgefordert worden war, bei der dann aber gar nichts (mehr) klappte.Das führte dann zur Entziehung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG.
Selbst auf die Gefahr hin, dass ich mir hier den Unwillen mitlesender „Senioren“ zuziehe: Wenn das VG feststellt:
„In dem Gutachten wurden die einzelnen Fehlverhalten, wie z.B. ein dreimaliges Nichtbeachten der Regelung „Rechts vor Links“ und ein zweimaliges Nichtbeachten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit angegeben. Der Gutachter hat zudem die einzelnen Verkehrsverstöße detailliert beschrieben und u.a. ausgeführt, dass der Antragsteller bei einer Rechts-vor-links-Situation trotz fehlender Sicht auf den Querverkehr keine Reaktion gezeigt habe. Im Bereich eines Fußgängerüberweges sowie einer Baustelle sei er deutlich zu schnell gefahren. Bei dem Auffahren auf die Autobahn sei er zögerlich und unsicher gewesen. Der Gutachter führt unter der Rubrik „Orientierende Beobachtung“ aus, dass der Antragsteller Verkehrssituationen oder Verkehrsschilder nicht wahrnehme und dass sein Orientierungsverhalten eingeschränkt sei. Auch habe er sich bei einem Links-Abbiege-Vorgang so auf dem Fahrstreifen des Gegenverkehrs eingeordnet, dass der begleitende Fahrlehrer aufgrund des nahenden Gegenverkehrs habe eingreifen und das Fahrzeug wieder auf die rechte Fahrbahnseite habe lenken müssen. Zudem sei eine Beobachtung des rückwärtigen Verkehrs durch den linken Außenspiegel und den Innenspiegel nur ansatzweise zu erkennen gewesen.“
muss man m.E. dem VG Recht geben, wenn es dem 95-jährigen Kraftfahrzuegführer die Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeuges abspricht.
Ich hoffe, dass ich in dem Alter so vernünftig bin, nicht mehr selbst zu fahren bzw. noch besser: Die Fahrerlaubnis vorher zurückgeben.
Die Entscheidung ist im Ergebnis sicher richtig, ein ungutes Gefühl bleibt aber doch.
Wenn Sie mal ein bisschen googeln, werden Sie feststellen, dass es auch jüngeren Verkehrsteilnehmern immer wieder mal passiert, dass sie „vom Bremspedal abrutschen“, z. T. auch mit Verletzen. Das führt aber m. W. nicht dazu, dass sie ihre Fahreignung in einer Fahrprobe (letzten Endes nichts anderes als eine nochmalige Durchführung der praktischen Führerscheinprüfung) unter Beweis stellen müssen.
Nach meinen eigenen Beobachtungen im Straßenverkehr würde ich schätzen, dass bei ca. 10% aller Verkehrsteilnehmern eine derartige Fahrprobe auch kein besseres Ergebnis bringen würde – bei solchen, die gerade erst den Führerschein erworben haben (darunter manche erst beim x. Anlauf), sicher weitaus mehr. Überhöhte Geschwindigkeit, zögerliches Auffahren auf die Autobahn, Rechts vor Links nicht beachtet, falsches Einordnen – das sind alles Standardfehler, die jedem Prüfer tagtäglich begegnen, keine besonderen Anomalien. Nur dass eben bei einem jüngeren Autofahrer niemand auf die Idee kommt, ihn wegen eines Unfalls gleich zur Wiederholung der Führerscheinprüfung aufzufordern.
Also doch Altersdiskriminierung?
Tja, wieso „Altersdiskriminierung? Hier ist/war es dann doch ein wenig viel:: Abrutschen, Fahrfehler und auch der Hausarzt meinte, besser keinen Führerschein mehr – und das dann zu dem Alter von 95….
Die Altersdiskriminierung ergibt sich m. E. daraus, dass ein Sachverhalt („Abrutschen vom Bremspedal“), der bei einem jüngeren Verkehrsteilnehmer unproblematisch ist, bei einem alten Verkehrsteilnehmer zu weiteren Massnahmen führt. Dass die Massnahmen sich im Nachhinein als berechtigt erwiesen haben, ändert daran nichts. Die Rechtmäßigkeit einer Durchsuchung hängt ja auch nicht davon ab, ob etwas gefunden wurde.
Gleiches Recht für alle! Z. B. finde ich, alle Käufer eines BMWs sollten eine Fahrprobe machen, bevor sie den neuen Wagen bekommen… oder, etwas ernsthafter: ein signifikanter Anteil der übergewichtigen Männer über 40 leidet unter einer nicht diagnostizierten obstruktiven Schlafpnoe. Eine OSA führt direkt zur Fahruntauglichkeit. Wäre es da nicht sinnvoll, einen Test für alle Männer vorzuschreiben, die zur Risikogruppe gehören?