Beweisverwertungsverbot im Bußgeldverfahren – das ist selten

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Entscheidungen, in denen von den Gerichten Beweisverwertungsverbote angenommen werden, sind selten. Daher lohnt sich m.E. ein Hinweis auf solche Entscheidungen immer und daher ist der OLG Koblenz, Beschl. v. 30.10.2014 – 1 OWi 3 SsBs 63/14 – von (allgemeinem) Interesse. Ergangen ist er in einem Bußgeldverfahren wegen u.a. des Vorwurfs einer Geschwindigkeitsüberschreitung. Dem Betroffenen wurde zur Last gelegt, auf der B 52 und auf der A 64 in Fahrtrichtung Luxemburg die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften zunächst um 58 km/h und sodann um 33 km/h überschritten und dabei den erforderlichen Abstands zum vorausfahrenden Fahrzeug auf weniger als 4/10 des halben Tachowertes unterschritten zu haben. Das AG hat den Betroffenen frei gesprochen, weil es sich nicht zu der Feststellung in der Lage sah, der Betroffene sei der Fahrer des Tatfahrzeuges gewesen. Zwar hatten deutsche Polizeibeamte dieses Fahrzeug unmittelbar nach Tatbegehung angehalten und anschließend den Betroffenen anhand seiner mitgeführten Papiere als Fahrer festgestellt. Weil diese polizeiliche Maßnahme aber jenseits der Sauertalbrücke auf dem bereits auf luxemburgischem Staatsgebiet liegenden Rastplatz Mesenich durchgeführt worden war, hat das AG ein Verwertungsverbot angenommen.

Das hat das OLG Koblenz gehalten: .

„Weder Art. 41 SDÜ noch eine sonstige völkerrechtliche Vereinbarung erlaubt es deutschen Polizeibeamten, im Zusammenhang mit der Verfolgung einer Ordnungswidrigkeit eine strafprozessuale Ermittlungshandlung auf dem Staatsgebiet des Großherzogtums Luxemburg ohne vorherige Erlaubnis der dafür zuständigen luxemburgischen Behörde vorzunehmen. Damit liegt aber nicht „nur“ eine Verletzung des Hoheitsrechts eines fremden Staates vor. Das Territorialitätsprinzip gehört zu den allgemeinen Grundsätzen des Völkerrechts im Sinne des Art. 25 GG. Es ist „Bestandteil des Bundesrechtes“ und geht einfachen Gesetzen vor. Ein Verstoß gegen das Territorialitätsprinzip ist somit zugleich eine Verletzung hochrangigen nationalen Rechts. Zudem ist der Staat, dem die Verletzung des Völkerrechts zuzurechnen ist, grundsätzlich verpflichtet, das völkerrechtliche Unrecht und seine Folgen nach Möglichkeit zu beseitigen und auszugleichen (Tiedemann, Festschrift für Paul Bockelmann 1978, S. 825 f.). Berücksichtigt man ferner, dass einerseits die allgemeinen Regeln des Völkerrechts einen besonderen, auch von den Gerichten zu beachtenden Stellenwert haben und andererseits lediglich ein Fehlverhalten unterhalb der Schwelle zu einer Straftat verfolgt werden soll, ist die Annahme eines Beweisverwertungsverbots folgerichtig.“

Sicherlich kein alltäglicher Fall, im „Grenzgebiet“ aber wahrscheinlich nicht so selten….

4 Gedanken zu „Beweisverwertungsverbot im Bußgeldverfahren – das ist selten

  1. OG

    Eine sympathische Entscheidung. Ob aber die Argumentation mit Art. 25 GG im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung steht, kann man bezweifeln. Es liegt nahe, daß danach ein Beweisbewertungsverbot hier nur vorliegen würden, wenn Luxemburg einen völkerrechtlichen Protest angebracht hätte (vgl. BGH, Urteil vom 02.08.1984 – 4 StR 120/83; BVerfG, Beschluß vom 17.07.1985 – 2 BvR 1190/84; Beschluß vom 19.10.1994 – 2 BvR 435/87).

  2. Ano Nym

    Eine völlig unsympathische Entscheidung ein ausgekochtes (?) Schlitzohr betreffend.

    Ist denn niemandem das widersprüchliche Verhalten des Betroffenen aufgefallen? Anscheinend hat er sich doch auf luxemburgischem Hoheitsgebiet – freiwllig! – von dort als Privatpersonen agierenden deutschen Polizeibeamten befragen lassen. Es hat ihm doch freigestanden, dort die deutschen Ordnungshüter schlicht zu ignorieren, ihre „Anweisungen“ – sofern es welche gab – zu misachten. Insofern liegt schon eine völlig abwegige Sicht auf das tatsächliche Geschehen vor, wenn diese Unterhaltung zwischen Privaten als eine „strafprozessuale Maßnahme“ gedeutet wird.

    Eine Nacheile [1] liegt nicht vor, weil sich die Unterhaltung mangels geeigneter Tat (Artikel 41 Absatz 4 Buchstabe a des Schengener Übereinkommen) nicht unter den Wortlaut der „Erklärungen der Regierung des Großherzogtums Luxemburg gemäß Artikel 41 Absatz 9 des am
    19. Juni 1990 in Schengen geschlossenen Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion,der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den Gemeinsamen Grenzen“ subsumieren lässt.

    [1] https://www.youtube.com/watch?v=uN3c64j2DPE&t=3m30s

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