Der passive Beifahrer, oder: Dabei sein ist nicht alles….

© Haramis Kalfar - Fotolia.com

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Manchmal müssen die Revisionsgerichte Selbstverständlichkeiten entscheiden bzw. Frage, bei denen ich mich dann frage: Muss(te) das eigentlich sein. So ist es mir mal wieder mit dem OLG Koblenz, Beschl. v. 25.08.2014 – 2 OLG 3 Ss 100/14 ergangen, der über die Revision gegen ein Urteil einer großen (!!!) Strafkammer entschieden hat. Das LG hatte den Angeklagten und fünf Mitangeklagte wegen gemeinschaftlich begangener schwerer räuberischer Erpressung verurteilt, und zwar auf der Grundlage folgender Feststellungen:

Nach Ansicht der Kammer war der Angeklagte am 23. März 2013 an einem Überfall auf eine Spielhalle in A. beteiligt, den zwei der Mitangeklagten maskiert und unter Einsatz einer Softair-Pistole, die äußerlich einer echten Schusswaffe ähnelte, ausführten. Unter Vorhalt der Pistole forderten sie die Kassiererin der Spielhalle zur Herausgabe von Geld auf, woraufhin sie den beiden Tätern insgesamt 2065 Euro Bargeld aushändigte. Nach den Urteilsfeststellungen war der Angeklagte bei der vorangegangenen Tatplanung, die im PKW eines der Mitangeklagten stattfand, auf dem Beifahrerplatz sitzend zugegen. Er beteiligte sich daran nicht, erlangte aber von allen Details der Planung Kenntnis und schloss sich sodann stillschweigend dem Tatplan an. Alle rechneten mit einer beachtlichen Beute, wovon der Angeklagte einen Anteil erhalten sollte. Nach dem Tatplan sollten der Angeklagte und einer der anderen fluchtbereit im Auto warten. Einen darüber hinaus gehenden Beitrag zu der anschließend planmäßig durchgeführten Tat leistete der Angeklagte nach den Urteilsausführungen nicht. Festgestellt ist, dass alle Angeklagten nach der Tatausführung mit dem bereit stehenden Fahrzeug vor der eintreffenden Polizei flüchteten, wobei sich der Angeklagte nach wie vor auf dem Beifahrersitz befand. Bei Aufteilung der Beute nach der gelungenen Flucht erhielt der Angeklagte mindestens 224 Euro.

Das passt dem OLG nicht und es hebt auf:

„2. Die auch im Übrigen zulässige Revision hat einen zumindest vorläufigen Erfolg. Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen lassen eine strafrechtlich relevante Beteiligung des Angeklagten an der von den Mitangeklagten begangenen schweren räuberischen Erpressung nicht erkennen, so dass sie den Schuldspruch wegen Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB) nicht tragen und auch eine Änderung des Schuldspruchs in Beihilfe zu der Tat (§ 27 Abs. 1 StGB) nicht zulassen.
Eine Beteiligung an der Tat eines anderen – sei es als Mittäter oder als Gehilfe – setzt in jedem Fall einen die Tatbegehung objektiv fördernden Beitrag voraus (BGH NStZ 2013, 104 [BGH 12.06.2012 – 3 StR 166/12]; NStZ 2010, 224; NStZ-RR 2007, 37 [BGH 14.11.2006 – 4 StR 374/06]), der hier, da den Angeklagten keine Garantenpflicht traf, die Tat zu verhindern oder sich von ihr zu distanzieren (vgl. BGH NStZ 2010, 224, 225), nur durch positives Tun geleistet werden konnte. Allein die Kenntnisnahme von der Tat eines anderen und deren subjektive Billigung reichen dafür nicht aus. Zwar kann auch bloßes Dabeisein die Tat eines anderen im Sinne aktiven Tuns fördern oder erleichtern (BGH a.a.O.). Jedoch bedarf es in einer solchen Fallkonstellation sorgfältiger und genauer Feststellungen dazu, dass und wodurch die Tatbegehung in ihrem konkreten Ablauf objektiv gefördert oder erleichtert worden ist (BGH NStZ-RR 2007, 37 [BGH 14.11.2006 – 4 StR 374/06]).
Dazu verhalten sich die Urteilsgründe nicht. Ihnen ist lediglich zu entnehmen, dass der Angeklagte beim Ablauf des Geschehens von der Planung der Tat bis zu ihrer Beendigung auf dem Beifahrerplatz des Tat- und Fluchtfahrzeugs sitzend zugegen war. Darin liegt noch kein positiver Tatbeitrag. Der passiv bleibende Beifahrer entfaltet durch seine Mitfahrt keine mit der Tätigkeit des Fahrzeugführers vergleichbare Aktivität, die als Unterstützungshandlung durch positives Tun gewertet werden könnte (BGH NStZ 2010, 224, 225).
Es bedarf daher näherer Aufklärung, ob und inwieweit das Dabeisein des Angeklagten die Tat gefördert oder erleichtert hat. Steht eine Unterstützungshandlung des Angeklagten fest, wird unter Berücksichtigung der subjektiven Tatseite zu prüfen sei, ob sie ihm als Mittäter oder Gehilfe zuzurechnen ist (zur Abgrenzung vgl. BGH NStZ 2013, 104 [BGH 12.06.2012 – 3 StR 166/12] m.w.N.).

Dabei sein ist eben dann doch nicht immer alles.

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