Schattendasein, oder: Manchmal muss der Mandant nicht alle Kosten tragen

© Gina Sanders - Fotolia.com

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Ja, Schattendasein, richtig gelesen und zwar führt das m.E. die Vorschrift des § 465 Abs. 2 StPO, und zwar nicht nur bei den Gerichten sondern auch bei Verteidigern. Denn sie wird leider häufig übersehen und damit dann eine Chance vertan, ggf. auch im Fall der Verurteilung wenigstens einem Teil der Kostenlast zu entgehen. Daher heute der Hinweis auf einen BGH, Beschl. , der sich mit der Vorschrift auseinandersetz. Und zwar auf den BGH, Beschl. v. 08.10.2014 – 4 StR 473/13 – ergangen im Verfahren Ouri Jallow, über das Urteil in der Hauptsache hatte ich ja schon berichtet (vgl. hier BGH, Urt. v. 04.09.2014 – 4 StR 473/13 – und dazu Nicht unverzüglich vor den Richter – ggf. Freiheitsberaubung durch Unterlassen….). Im Beschluss vom 08.10.2014 ging es dann noch um einen Teil der Kosten, nachdem der Verteidiger gegen die landgerichtliche Kostenentscheidung Beschwerde eingelegt hatte.

2. Eine von der landgerichtlichen Kostenentscheidung abweichende Auslagenverteilung ist auch auf der Grundlage von § 465 Abs. 2 StPO nicht veranlasst.
Danach hat das Gericht die entstandenen Auslagen ganz oder teilweise der Staatskasse aufzuerlegen, wenn durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter Umstände besondere Auslagen entstanden sind, diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen sind und es unbillig wäre, den Angeklagten mit diesen Auslagen zu belasten (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 1991 – 1 StR 267/91, BGHR StPO § 465 Abs. 2 Billigkeit 3). Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Entscheidend dafür ist, ob die tatsächlich erfolgten Untersuchungen auch dann notwendig gewesen wären, wenn Anklage und Eröffnungsbeschluss von vorn-herein dem späteren Urteil entsprochen hätten (BGH, Beschlüsse vom 23. September 1981 – 3 StR 341/81, NStZ 1982, 80; vom 10. Januar 2002 – 3 StR 398/01; KK-StPO/Gieg, 7. Aufl., § 465 Rn. 5).

Diese Voraussetzungen sind jedoch nicht allein deswegen erfüllt, weil die Verurteilung leichter wiegt als der ursprüngliche Vorwurf und die Tateinheit zwischen dem zur Verurteilung gelangten und dem ursprünglich erhobenen Tatvorwurf einen Teilfreispruch nicht zulässt (BGH, Beschlüsse vom 11. Juli 1985 – 4 StR 307/85, NStZ 1986, 210, bei Pfeiffer; vom 12. Februar 1998 – 1 StR 777/97, BGHR StPO § 465 Abs. 2 Billigkeit 4; KK-StPO/Gieg, 7. Aufl., § 465 Rn. 5). Zwar kann auch in solchen Fällen eine Quotelung erfolgen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 2. Juni 2005 – 4 StR 177/05; vom 9. Oktober 2012 – 5 StR 441/12), wobei dahinstehen kann, ob dies auch dann gilt, wenn – wie vorliegend – der schwerere Tatvorwurf den abgeurteilten Straftatbestand im Wege der Gesetzeskonkurrenz verdrängen würde. Angesichts der Besonderheiten des Falles war und ist eine weitere Aufteilung der angefallenen Auslagen auch unter Berücksichtigung von deren Höhe nicht geboten. Denn die Einholung der Sachverständigengutachten und die Vernehmung der Zeugen waren zur gesetzlich gebotenen Sachaufklärung veranlasst und auch dann unerlässlich, wenn die Anklage von vornherein nicht auf Körperverletzung mit Todesfol-ge, sondern auf fahrlässige Tötung gelautet hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Februar 1989 – 1 StR 12/89, BGHR StPO § 465 Abs. 2 Billigkeit 2). Dies gilt insbesondere für die – vom Beschwerdeführer hervorgehobenen – Beweiserhebungen durch Einholung von Sachverständigengutachten und durch Vernehmung von Zeugen, die das Geschehen nach der Zellenkontrolle um 11.45 Uhr und insbesondere zum Entstehen des Brandes zum Gegenstand hatten. Denn diese waren nicht zuletzt für die Vorhersehbarkeit und damit auch für den – vom Angeklagten ebenfalls nicht hingenommenen – Vorwurf der fahrlässigen Tötung von Bedeutung (vgl. ferner OLG Rostock, NStZ 2001, 199; Eisele in Schönke/ Schröder, StGB, 29. Aufl., vor §§ 13 ff. Rn. 101).“

Also als Verteidiger diese Vorschrift, mit der sich die Gerichte manchmal schwer tun, nicht übersehen, weil in ihr eine Menge Geld für den Mandanten stecken kann. Das beweisen so schöne Entscheidungen wie LG Berlin NZV 2011, 213 oder LG Hildesheim NZV 2010, 48, oder im Bußgeldverfahren der LG Wuppertal, Beschl. v. 25.11.2009 – 26 Qs 309/09 und dazu Erfreuliches aus Wuppertal: SV-Kosten bleiben bei der Staatskasse. Ich binn dann doch auch immer wieder erstaunt, über was ich schon alles berichtet habe 🙂 .

Ein Gedanke zu „Schattendasein, oder: Manchmal muss der Mandant nicht alle Kosten tragen

  1. RA Thomas Scheffler

    Schön für den Wahlverteidiger. Der Pflichti geht leider leer aus, da der Staat alle PflV-Gebühren zunächst auf die zu erstattenden Wahlverteidigergebühren anrechnet.

    So grad erlebt beim LG Bad Kreuznach nach Berufungsurteil mit Kosten 50/50. An mich abgetretene Ansprüche auf Wahlverteidigergebühren gingen ins Leere.

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