Ich habe ja schon mehrfach darauf hingewiesen, dass die Abspracheregelungen der StPO, also § 257c StPO und alles, was damit zusammenhängt, sicherlich der verfahrensrechtlichen Dauerbrenner sind, der den BGH beschäftigt. Es vergeht i.d.R. kaum eine Woche, in der der BGH nicht auf seiner Homepage dazu Entscheidungen einstellt. Wenn man über alle berichten wollte, würde es sicherlich schnell langweilig; etwas anderes würde vielleicht dann gelten, wenn man ein „Abprache-Blog“ betreiben wollte. Nun, das habe ich nicht vor, so dass ich immer nur über „ausgewählte“ Entscheidungen berichten möchte. Und da kam der gestern auf der BGH-HP eingestellte BGH, Beschl. v. 08.10.2014 – 1 StR 352/14 – gerade recht. Vor allem auch deshalb, weil er zugleich auch ein revisionsrechtliches Problem behandelt, nämlich (mal wieder) die ausreichende Begründung der Verfahrensrüge (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
Beanstandet worden ist in dem Verfahren mit der Revision, die Mitteilungs- und Dokumentationspflicht sei dadurch verletzt worden, dass nicht mitgeteilt worden sei, von wem die Initiative zur Führung der Verständigungsgespräche ausgegangen sei. Die Rüge hatte der Angeklagte nicht ausreichend begründet, weil sich seinem Revisionsvortrag nicht entnehmen ließ, ob überhaupt ein Rechtsfehler vorliegen würde, wenn das tatsächliche Vorbringen zuträfe:
Die Revision trägt zum Verfahrensgeschehen vor, dass die Hauptverhandlung unterbrochen worden sei, sodann Verständigungsgespräche stattgefunden hätten und im Anschluss in öffentlicher Hauptverhandlung durch den Vorsitzenden über den Inhalt der Gespräche Mitteilungen erfolgt und diese auch protokolliert worden seien. Es sei „nicht erkennbar, ob bereits aus dem konkreten Grund der Führung von Verständigungsgesprächen unterbrochen wurde“ oder es sich „alternativ“ um eine „reguläre Unterbrechung der Hauptverhandlung“ gehandelt habe.
Damit wird das tatsächliche Geschehen schon nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit behauptet, vielmehr werden alternativ zwei Geschehensabläufe als bloße Möglichkeiten dargestellt. Durch den insoweit unvollständigen Vortrag bleibt aber offen, ob überhaupt eine Verpflichtung bestand, darüber zu informieren, von wem die Initiative zu den Gesprächen ausgegangen ist (vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 – 2 BvR 2628/10 u.a., NJW 2013, 1058, 1065; BGH, Beschluss vom 9. April 2014 – 1 StR 612/13; Beschluss vom 15. April 2014 – 3 StR 89/14). Wäre dies nämlich in öffentlicher Hauptverhandlung angeregt worden, wie es die Revision als möglich darstellt und es der Darstellung in den dienstlichen Erklärungen des Sitzungsstaatsanwalts und der Berufsrichter entspricht, bestünde insoweit keine Informationspflicht gemäß § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO. Diese soll nämlich dazu dienen, außerhalb der Hauptverhandlung stattgefundene Gespräche in der Hauptverhandlung zur Sprache zu bringen, so dass die Möglichkeit eines informellen und unkontrollierbaren Verfahrens ausgeschlossen wird (vgl. BVerfG, aaO, 1069; BGH, Urteil vom 10. Juli 2013 – 2 StR 195/12, BGHSt 58, 310, 312 f.). An dem Erfordernis einer Erörterung von Geschehnissen außerhalb der Hauptverhandlung in der Hauptverhandlung fehlt es aber, wenn die Führung von Verständigungsgesprächen in öffentlicher Hauptverhandlung, mithin für alle Verfahrensbeteiligten und für die Öffentlichkeit transparent, angeregt worden ist.