Archiv für den Monat: September 2014

2. Strafsenat des BGH – „Rebellensenat“? – nee, nur „Unruhestifter“

© Blackosaka - Fotolia.com

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In der vergangenen Woche ist ein (weiterer) Anfragebeschluss des BGH auf der Homepage eingestellt worden, und zwar (wieder) ein Beschluss des 2. Strafsenats, und zwar der BGH, Beschl. v. 04.06.2014 – 2 StR 656/13. Dazu sind ja auch schon einige Postings in anderen Blogs gelaufen (vgl. z.B. hier: Verliert ein beliebtes Umgehungsmittel bald an Wert?). Auch LTO hat sich dazu geäußert. In dem dortigen Beitrag: „BGH: 2. Strafsenat will Rechtsprechung erneut ändern Alles was Sie sagen, kann und wird verwendet werden“ – taucht dann für den 2. Strafsenat des BGH und seinen Vorsitzenden Th. Fischer die Bezeichnung „Rebellensenat“ auf. Nun damit kann/muss er leben, musste der 1. Strafsenat ja früher auch, als er unter seinem ehemaligen Vorsitzenden „Oliver Kahn Senat  – „der hält alles -“ genannt wurde.

Nun, und worum geht jetzt aber eigentlich es? Die Antwort erschließt sich  aus den Überschriften der beiden zitierten Beiträge: Der 2. Strafsenat möchte die Rechtsprechung des BGH ändern. Und man kann hinzufügen: Mal wieder: Denn nach der Wahlfeststellung (vgl. dazu (BGH, Beschl. v. 28.01.2014 – 2 StR 495/12) mit Ungleichartige Wahlfeststellung ade? – entscheidet das ggf. der große Senat und Mit der ungleichartigen Wahlfeststellung geht es in den “Großen Senat für Strafsachen”??) hat der 2. Strafsenat in diesem Jahr dann mit dem Beschl. v. 04.06.2014 gleich den zweiten Anfragebeschluss an die anderen Senate gestartet. Jetzt also ein verfahrensrechtlicher Zopf, den er abgeschnitten haben möchte – der BGH soll also quasi eine neue Frisur bekommen, wenigstens in einem Teilbereich.

In der Sache geht es um ein alt bekanntes Problem, das den BGH schon in vielen Entscheidungen beschäftigt hat, nämlich um § 252 StPO, der nach allgemeiner Meinung ein umfassendes Beweisverwertungsverbot in Zusammenhang mit einem Zeugnisverweigerungsrecht enthält. Das geht dahin, dass ein Zeuge mit einem Zeugnisverweigerungsrecht als Angehöriger, der im Ermittlungsverfahren z.B. von der Polizei vernommen worden ist und dort Angaben gemacht hat, sich also nicht auf sein Zeugnisverweigerungsrecht berufen hat, sich später in der Hauptverhandlung immer noch auf sein Verweigerungsrecht berufen kann. Dann darf – das regelt eben § 252 StPO – in der Hauptverhandlung nicht verlesen werden. Aber nicht nur das: Die Rechtsprechung hat das Verwertungsverbot ausgedehnt: Es darf z.B. auch der Vernehmungsbeamte nicht als Zeuge über den Inhalt der geführten Vernehmung befragt werden.

Soweit die Regel, von der es nach der Rechtsprechung eine Ausnahme gibt. Und das ist nach der BGH-Rechtsprechung die richterliche Vernehmung. Denn, wenn der Zeuge von einem Richter befragt worden ist, darf dieser Richter in einer Hauptverhandlung als Zeuge über den Inhalt der Vernehmung befragt werden. Damit will der 2. Strafsenat nun Schluss machen: Nach seiner Auffassung soll die Vernehmung des Richters und die Verwertung der vor ihm gemachten Angaben nur noch dann möglich sein, wenn der Zeuge in der richterlichen Vernehmung ausdrücklich über die spätere Verwertungsmöglichkeit belehrt worden ist. Also; „qualifizierte Belehrung“. Grund u.a.:

„Die von §§ 52, 252 StPO geschützten Interessen gebieten es vor diesem Hintergrund, den Zeugen auch darüber zu belehren, dass er an zu diesem Zeitpunkt endgültig und unwiderruflich über die Wahrnehmung des ihm zustehenden Zeugnisverweigerungsrechts zu entscheiden hat. Geschieht dies – wie bisher – nicht, leidet der Entschluss des Zeugen an einem durchgreifenden Mangel, weil er sich dieser Konsequenz seines Handelns nicht bewusst ist (vgl. zur notwendigen Belehrung eines Zeugen, der Angaben in der Hauptverhandlung verweigern, aber der Verwertung zuvor gemachter polizeilicher Angaben zulassen möchte, BGH, Beschluss vom 18. Juli 2007 – 1 StR 296/07, NStZ 2007, 712, 713).

Eine in diesem Sinn qualifizierte Belehrung bietet hingegen eine sichere Grundlage für die Entscheidung des Zeugen. Sie kann zudem seinen Blick auf die bei ihm bestehende Konfliktsituation schärfen, die ansonsten für den Angehörigen oft erst unmittelbar vor und während der Hauptverhandlung erkenn- und spürbar wird (vgl. Eisenberg, NStZ 1988, 488, 489; so auch Sander/Cirener, aaO, § 252, Rn. 10).“

Ich bin gespannt, wie die anderen Senate auf die Anfrage reagieren und ob sie diesen Weg des 2. Strafsenats mitgehen werden. Ich wage die Behauptung, dass zumindest nicht alle Strafsenate dem 2. Strafsenat folgen werden, und dann geht es in den Großen Senat für Strafsachen. Folgen wird dem 2. Strafsenat sicherlich auch nicht der GBA, denn für die Staatsanwaltschaften wird – wenn sich die Auffassung des 2. Strafsenats durchsetzt – das Ermitteln sicherlich nicht einfacher, wenn die Zeugen bei einer richterlichen Vernehmung „qualifiziert belehrt“ werden müssen.

Abschließend dann aber doch noch mal die Frage: Wird man mit zwei Anfragebeschlüssen nun gleich zum „Rebellensenat“? M.E. nicht, aber immerhin „Unruhestifter“, das ist/wird man. Vor allem, wenn man dann noch die Diskussion um das „10-Augen-Prinzip“ mit einbezieht (vgl. dazu: Wie viele Augen hat ein BGH-Senat: Vier Augen oder doch zehn Augen? 🙂 ), die vom Vorsitzenden des Senats losgetreten worden ist.

Sonntagswitz: Heute zu Richter, Staatsanwalt und Rechtsanwalt

© Teamarbeit – Fotolia.com

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Das Posting: Richter, Staatsanwalt oder Rechtsanwalt – Was passt zu mir?, auf das ich ja auch schon im Wochenspiegel hingewiesen hatte, hat mich auf die Idee gebracht, mal wieder „Juristenwitze“ zu bringen. Dazu passt dann übrigens auch noch: Die Top 10 No-Gos im Le­bens­lauf für Ju­ris­ten 🙂 . Und hier dann also eine kleine Auswahl aus den an vielen Stellen kursierenden „Juristenwitzen“.

Ein Beschuldigter meldet sich bei seinem Rechtsanwalt: „Sitze in U-Haft. Bitte um Rat.“
Die Antwort kommt postwendend: „Aussage verweigern. Ankomme morgen mit Zeugen.“

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Fragt der Richter nach Verlesung der Anklageschrift: „Angeklagter, ging der Einbruch denn so vor sich, wie ihn der Staatsanwalt eben geschildert hat?“
Angeklagter: „Nee, ganz anders, Herr Richter, aber die Methode des Herrn Staatsanwalt ist wirklich auch nicht schlecht.“

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Kommt ein Fachanwalt für Familienrecht in ein Spielzeuggeschäft und will eine neue Barbie-Puppe für seine Tochter kaufen. Die Verkäuferin zeigt ihm einiges aus der Auswahl, nennt die Preise.
„Hier haben wir die Reiter-Barbie, mit Kappe und Gerte – kostet 25 Mark.“
„Hm“, sagt der Anwalt, „was haben Sie sonst noch?“
„Da wär‘ noch unsere Schwimm-Barbie; die hat einen Bikini an und ’ne Sonnenbrille … zum Preis von 29 Mark.“
Der Anwalt schaut sich weiter um.
„Und dann hätten wir hier noch unsere geschiedene Barbie, die kostet allerdings 240 Mark.“
Der Mann traut seinen Ohren nicht. „240 Mark für ’ne Barbie-Puppe, das kann doch nicht wahr sein!“
Die Verkäuferin: „Doch, doch, aber bei dem Preis ist auch das Haus, das Boot und das Auto von KEN dabei …“.

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und dann war da noch – schon alt, aber immer wieder schön:

Kommt ein Kunde in eine Tierhandlung und möchte einen Papagei erwerben. Der Tierhändler hat 3 Vögel vorrätig.
Der Kunde fragt den Händler, was der linke Vogel kosten soll. Der Verkäufer antwortet: “ Das ist ein besonderes Tier, das kostet 500 Euro, es kann das gesamte BGB auswendig“.
Daraufhin fragt der Kunde, was der rechte Vogel kosten soll. Hierauf antwortet der Händler: „1.000 Euro, denn dieser kann sogar den ganzen Palandt auswendig“.
Dem Kunden ist dies zu teuer und er erkundigt sich nach dem Preis des mittleren Vogels, der recht unansehnlich mit gerupftem Federkleid auf seiner Stange sitzt.
Der Händler antwortet: „Oh, das ist der teuerste von allen, der kostet 2.000 Euro“. Der Kunde ist beeindruckt und fragt voller Erwartung nach dessen Fähigkeiten.
Der Händler sagt hierzu: “ Dieser Vogel kann und sagt nichts. Dafür reden die beiden anderen Vögel ihn aber mit Herr Vorsitzender an!“

 

Wochenspiegel für die 38. KW., das war NSU, Kinderpornografie, Uli`s Geist und Karrierefragen

entnommen wikimedia.org Urheber Tropenmuseum

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Urheber Tropenmuseum

Die vergangene Woche hatte m.E. zwei beherrschende Themen, wenn man mal die Entscheidung des ArbG Regensburg zur außerordentlichen Kündigung wegen Versenden einer Email mit“unsittlichen Inhalt“, über die ich nun nicht auch noch berichten will, außen vorlässt: Nämlich die drei „Deal-Beschlüsse“ vom BVerfG und die Veröffentlichung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung zur Kinderpornografie. Beide Themen werden uns m.E. sicherlich noch länger begleiten. Wir berichten heute über die und über:

  1. mal wieder NSU mit: Rosaroter Panther zu Besuch in Beate Zschäpes Zelle,

  2. den geplanten Gesetzesentwurf zur Kinderpornografie mit Beim Fotografieren in der Familie droht der Staatsanwalt – Einschätzung zum Gesetzentwurf „Kinderpornographie”, oder: Gesetzgeberischer Murks – der geplante § 184c StGB (Jugendpornografie),

  3. die Entscheidung aus Karlsruhe zum „Deal“ mit: An der Negativmitteilung führt kein Weg vorbei oder: Ob es Deal-Gespräche gab muss mitgeteilt werden – Das Gesetz gilt auch für den BGH oder: Deal: Angeklagter muss vor Zustimmung belehrt werden und dazu dann auch – außer der Reihe – der Hinweis auf unseren eigenen Beitrag: Das Imperium schlägt zurück, oder: Quo vadis Verständigung?,

  4. den Geist von Uli (Hoeneß),

  5. eine „Unsitte“ bei der Justiz mit „Das “Ausbildungsgericht”, aber irgendwo müssen, um den Begriff aus dem Beitrag auszugreifen, „Frischlinge“ ja hin,

  6. aus dem Gebührenrecht: Kein Economy-Flex-Ticket für den Anwalt,

  7. ein Bisschen was zum 70 DJT.: Bisherige Beiträge und Leseempfehlungen,

  8. einen Beitrag zum Taxifahren – wichtig, wenn man viel unterwegs ist: Dein Taxifahrer und Du: Rechte und Pflichten,

  9. die Frage: Richter, Staatsanwalt oder Rechtsanwalt – Was passt zu mir?

  10. und dann waren da noch – zur Vorbereitung auf die Verteidigung – Blitzer-Marathon: Die 5 schlechtesten Ausreden wenn Sie geblitzt wurden.

Justiz kann Sachverständige nicht mehr bezahlen

© mpanch - Fotolia.com

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„Justiz kann Sachverständige nicht mehr bezahlen“. Echt? Wo. nun ja, nicht „bei uns“, sondern in Eupen, wie man denmBeitrag: Eupener Justiz kann Sachverständige nicht mehr bezahlen,auf den mich gestern ein Kollege aus der Eifel hingewiesen hatte. Berichtet wird in ihm über die Justiz in Eupen, wo die Kassen schon seit Juni so leer sind, dass man Sachverständige nicht mehr bezahlen kann. Die arbeiten dann erst mal „pro bono – gezwungener Maßen – oder auch gar nicht.Da heißt es.

„Seit Juni ist das Budget der Justiz  für diese Experten aufgebraucht. Mit anderen Worten: Dienstleistungen werden erbracht, doch die Rechnungen werden nicht mehr fristgerecht bezahlt. Monate, gar Jahre müssen die Betroffenen dann auf ihr Geld warten. Deshalb haben viele das Handtuch geworfen und verzichten darauf, für die Justiz zu arbeiten.

Psychologen flüchten

Einer von ihnen ist der Eupener Psychologe Elmar Homburg. Elf Jahre lang arbeitete er mit viel Begeisterung regelmäßig für die Eupener Justiz. Ihr bescheinigt er auch eine sehr gute Zusammenarbeit. Auch wenn die Honorare spärlich waren, sei die Arbeit zusätzlich zu seiner Privatpraxis sehr interessant gewesen. Jahrelang wurden die Honorare regelmäßig ausgezahlt:

Kann „bei uns“ natürlich nicht passieren – oder doch? Jedenfalls würden sich in Haftsachen sehr schnell die OLG melden – im Rahmen der Sechs-Monat-Prüfung.

Das mobile Verkehrsschild, oder: Teures Feiern…

entnommen wikimedia.org Urheber Mediatus

entnommen wikimedia.org
Urheber Mediatus

Tja, Pech gehabt. Da parkt der Kläger seinen Pkw am Freitagabend. Als er ihn dann  am Samstag wieder benutzen will, ist er abgeschleppt. Und die Abschleppkosten soll der Kläger zahlen. Der will nicht und klagt gegen den entsprechenden Leistungsbescheid. Das VG Düsseldorf gibt der Gemeinde im VG, Düsseldorf, Urt. v. 04.02.2014 – 14 K 4595/13 – Recht und sagt: salopp ausgedrückt: Nicht aufgepasst mein Freund. Denn:

In dem Bereich, in dem der Kläger geparkt hatte, war wegen eines Karnevalsumzugs ein mobiles Verkehrsschild aufgestellt. Das VG sagt dazu: Stellt ein Fahrzeugführer sein Fahrzeug in einem Bereich ab, in dem zuvor wegen eines Karnevalsumzuges durch Aufstellen mobiler Verkehrszeichen eine absolute Haltverbotszone eingerichtet wurde, so kann er sich im Nachhinein nicht auf die Rechtswidrigkeit des Leistungsbescheides nach einer ordnungsgemäß durchgeführten Abschleppmaßnahme berufen. In Bezug auf Einschränkungen des Parkens und Haltens ist ein Verkehrsteilnehmer nämlich  grundsätzlich verpflichtet, sich nach vorhandenen Verkehrszeichen mit Sorgfalt umzusehen und sich über den örtlichen und zeitlichen Geltungsbereich eines mobilen Haltverbotsschilds zu informieren. Dabei muss er jedenfalls den leicht einsehbaren Nahbereich auf das Vorhandensein verkehrsrechtlicher Regelungen überprüfen, bevor er sein Fahrzeug endgültig abstellt.

War dann wohl eine teure Karnevalsfeier – wenn der Kläger da war oder da hin wollte….