Unsere Gebührenfrage am Freitag (vgl. Ich habe da mal eine Frage: Kann ich jetzt noch eine Pauschgebühr beantragen? ist ohne Reaktion/Antwort geblieben. Was ist los? Alle das schöne Wetter genossen oder interessiert die Pauschgebühr nicht (mehr), was ich verstehen kann, wenn ich sehe, wie die OLG teilweise damit umgehen? Dabei wäre m.E. die Antwort gar nicht schwer gewesen. Denn es gibt zu der Frage bereits eines OLG-Entscheidung, auf die sich das im Fall der Kollegin zuständige OLG sicherlich gern stürzen wird; aber da man das nie weiß, habe ich ihr dennoch geraten, den Antrag zu stellen.
Entschieden ist die Problematik vor einiger Zeit bereits vom OLG Karlsruhe im OLG Karlsruhe, Beschl. v. 22.01.2013 – 2 AR 51/12. Das OLG sagt, dass, wenn der Pflichtverteidiger eines freigesprochenen Angeklagten gem. §§ 52 Abs. 1 und 2, 14 RVG die Festsetzung der Gebühren eines Wahlverteidigers gegen die Staatskasse beantragt hat und ist diesem Antrag entsprochen worden ist, ein danach gem. § 51 RVG gestellter Antrag auf Bewilligung einer Pauschgebühr unzulässig ist. Begründet wird das damit, dass der Pflichtverteidiger eine dreifache Wahlmöglichkeit habe:
- Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 RVG kann er die Gebühren eines Wahlverteidigers im Kostenfestsetzungsverfahren geltend machen.
- Erscheinen die Rahmengebühren als unzumutbar, kann der Pflichtverteidiger ebenso wie ein Wahlverteidiger anstelle ihrer Festsetzung gemäß § 42 Abs. 2 Satz 2 RVG einen Pauschgebührenantrag gemäß § 42 Abs. 1 RVG stellen, wenn die Voraussetzungen des § 52 Abs. 1 und 2 RVG vorliegen.
- Der Pflichtverteidiger kann aber auch einen Antrag auf Bewilligung einer Pauschgebühr gemäß § 51 RVG stellen.
Und daraus schließt das OLG:
„…Es liegt auf der Hand, dass einem Verteidiger, dem eine Pauschgebühr gemäß § 51 RVG bewilligt worden ist, nicht auch noch eine Pauschgebühr gemäß § 42 RVG zugesprochen werden kann. Gleiches gilt für den umgekehrten Fall. Ferner ist ein Antrag auf Feststellung einer Pauschgebühr gemäß § 42 RVG unzulässig, wenn über einen Antrag auf Festsetzung der Wahlverteidigergebühren abschließend entschieden ist (Thüringer OLG Rpfleger 2008, 98 und 2011, 177f.; OLG Celle StraFo 2008, 398; OLG Bamberg DAR 2011, 237). Schließlich besteht nach Ansicht des Senats keine Möglichkeit der Bewilligung einer Pauschgebühr gemäß § 51 RVG, wenn dem Antrag die Bestimmung und antragsgemäße Festsetzung der Wahlverteidigergebühren gemäß §§ 52, 14 RVG vorangegangen ist. Denn wenn der Verteidiger gemäß § 14 RVG nach eigenem Ermessen unter Berücksichtigung aller Umstände, zu denen auch die für die Bewilligung einer Pauschgebühr gemäß § 51 RVG maßgeblichen Kriterien, Umfang und Schwierigkeit der Tätigkeit des Rechtsanwalts, an erster Stelle gehören, die für angemessen erachteten Gebühren verbindlich bestimmt hat, ist kein Raum mehr für die Annahme, diese Gebühren seien für ihn unzumutbar.“
M.E. ist das so nicht zutreffend. Das OLG zieht die Rechtsprechung zu § 42 RVG heran – der Pauschgebühr für den Wahlanwalt. Ich habe dazu schon in meiner Besprechung der Entscheidung im RVGreport Stellung genommen und zitiere das mal einfach:
„..Anders ist die Rechtslage bei § 51 RVG (s. oben 1). Die nach dieser Vorschrift gewährte Pauschgebühr ist nicht eine im Grunde dem Angeklagten zustehende, sondern eine eigenständig dem Pflichtverteidiger zustehende Gebühr, die die Staatskasse grundsätzlich neben den Wahlanwaltsgebühren an den RA/Pflichtverteidiger des frei gesprochenen Angeklagten zu zahlen hat. In dem Zusammenhang spielt dann auch – und das dürfte der Grund für die Entscheidung des OLG Karlsruhe sein – dass das System der Kostenerstattung in § 52 Abs. 1 RVG durch § 52 Abs. 1 Satz 2 RVG so ausgebildet ist, dass u.a. im Fall des Freispruchs die Staatskasse nicht doppelt in Anspruch genommen wird (vgl. auch dazu Burhoff/Volpert, a.a.O.), nämlich einmal vom ehemaligen Angeklagten über § 52 Abs. 1 RVG und einmal über § 45 RVG vom Pflichtverteidiger wegen seiner gesetzlichen Gebühren. Hier hilft es m.E. aber nicht, wenn das OLG den Pauschgebührantrag von vornherein als unzulässig anzusehen und damit den Pflichtverteidiger – wie hier – teilweise seiner Kosten zu beschneiden. Vielmehr wäre hier der richtige Weg über § 58 Abs. 3 RVG einzuschlagen gewesen, indem nämlich die angemessene Pauschgebühr gewährt worden wäre und im Festsetzungsverfahren darauf dann die ggf. von der Staatskasse gezahlten Gebühren angerechnet worden wären. Der Beschluss des OLG krankt auch ein wenig daran, dass er nicht mitteilt, ob der freigesprochene Angeklagten seinen Kostenerstattungsanspruch an den Pflichtverteidiger abgetreten hatte und ob ggf. von diesem zur Vermeidung einer doppelten Inanspruchnahme der Staatskasse ein Verzicht auf die Pflichtverteidigergebühren verlangt worden ist (vgl. dazu Burhoff/Volpert, § 52 Rn. 28).“§
Daher: Ein Versuch ist ein Pauschgebührantrag wert. Nur ein Versuch macht klug. Kostet ja auch nichts 🙂 .