Auf einem Bahnübergang im LG-Bezirk Detmold ist es am 22.06.2012 zu eine „Begegnung“ zwischen einer Schienenbahn und einem Pkw gekommen, der eine Bahnstrecke an einem Bahnübergang mit einer Geschwindigkeit von 50 km/h überqueren wollte. Der Bahnübergang war an sich durch eine Schrankenanlage gesichert, die wurde jedoch, weil sie durch einen Blitzeinschlag beschädigt war, von einem Schrankenwärter bedient. Die Sicherung hatte der Schrankenwärter zu dem Zeitpunkt nicht vorgenommen. Er war zwar von dem Herannahen eines Zuges benachrichtigt worden, hatte den Bahnübergang jedoch nicht abgesichert.
Nach Auffassung des LG Detmold im LG Detmold, Urt. v. 02?.?07?.?2014? – 12 O ?210?/?12? – haften Bahnunternehmen und Mitarbeiter jeweils zu 100 %:
„Bei der Abwägung der Verursachungsbeiträge tritt die Betriebsgefahr des Fahrzeugs der Klägerin vollständig hinter den Verursachungsbeiträgen der Beklagten zurück.
Die Schadensverteilung erfolgt auch bei Unfällen zwischen Schienenbahnen und Kfz auf Bahnübergängen nach § 17 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 StVG (vgl. SVR, Straßenverkehrsrecht 12/2010, 441 (444)). Danach hängt im Verhältnis zueinander die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Bei der Abwägung entscheiden in erster Linie das Maß der Verursachung, das Gewicht der von den Beteiligten gesetzten Schadensursachen und wie sie sich beim konkreten Unfall ausgewirkt haben.
Auszugehen ist dabei zunächst von den Betriebsgefahren. Dabei ist die allgemeine Betriebsgefahr der fahrenden Bahn aufgrund der großen, bewegten, schienengebundenen Masse und dem langen Bremsweg grundsätzlich höher als die des fahrenden Kfz (Hentschel/König/Dauer: Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl., § 17, Rn. 6).
Die Beklagte zu 1) muss sich zudem das Verschulden eines für die Gewährleistung der Sicherheit an Bahnübergängen beauftragten Unternehmens nach § 278 BGB zurechnen lassen.
Ein Verschulden des Fahrers muss sich die Klägerin nach § 4 HPflG zurechnen lassen. Ein Verursachungsbeitrag der Klägerin tritt jedenfalls zurück.
Nach § 19 Abs. 1 Satz 2 StVO darf sich der Straßenverkehr Bahnübergängen nach Satz 1 nur mit mäßiger Geschwindigkeit nähern. Mäßig ist die Geschwindigkeit dann, wenn die Wartepflicht erfüllt werden kann, ohne dass eine Gefahrbremsung notwendig wird (Hentschel/König/Dauer: Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl., § 19, Rn.14). Maßgebend sind die tatsächlichen Verhältnisse vor Ort.
Wenn die Schranke geöffnet ist, darf der Kraftfahrer jedoch darauf vertrauen, dass – auch bei Unübersichtlichkeit – kein Zug kommt. Ist die Geschwindigkeit vor dem Bahnübergang auf die allgemein innerorts zugelassene Geschwindigkeit beschränkt, darf sich der Fahrer auch mit dieser Geschwindigkeit dem Bahnübergang nähern. Denn der Kraftfahrer hält die an Bahnübergängen vorgeschriebene mäßige Geschwindigkeit ein, wenn er sich im Rahmen der allgemein für die benutzte Straße zugelassenen Höchstgeschwindigkeit fortbewegt (vgl. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 29. März 1985 – 1 Ss OWi 659/84 -, […]).
Vorliegend handelte es sich um einen gesicherten Bahnübergang. Dass die Schranke durch einen Bediensteten manuell bedient werden musste, ändert nichts daran, dass der Fahrzeugführer darauf vertrauen durfte, dass bei geöffneter Schranke kein Zug kreuzen würde. Dass die Schranke auch ordnungsgemäß bedient werden würde, konnte der Fahrzeugführer berechtigterweise aus dem beleuchteten Diensthäuschen und dem davor geparkten Pkw schließen. Vor dem Bahnübergang steht hier das Orteingangsschild, welches nach § 3 Abs. 3 Nr. 1 StVO eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h anordnet.
Diese Umstände sprechen für die Kammer dafür, eine Annäherungsgeschwindigkeit an den Bahnübergang von 50 km/h als angemessen anzusehen und dann einen Verstoß gegen § 19 Abs. 1 Satz 2 StVO zu verneinen.
Dass der Fahrzeugführer sich mit einer Ausgangsgeschwindigkeit von 50 km/h genähert hat, sieht die Kammer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme als erwiesen an.
Aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. T ergibt sich, dass sich das Fahrzeug der Klägerin mit 50 km/h den Bahngleisen näherte.
Das Gericht folgt den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen. Sie sind auch für den Laien gut nachvollziehbar, das Gutachten ist in sich schlüssig und widerspruchsfrei. Der Sachverständige ist für die vorliegende Beurteilung auch besonders qualifiziert. Er hat anschaulich und überzeugend dargelegt, wie er zu den jeweiligen Erkenntnissen gelangt ist und auf welchen Grundlagen diese beruhen……
Selbst wenn der Fahrzeugführer aufgrund der defekten und manuell betriebenen Bahnschranke gehalten gewesen wäre mit einer mäßigen Geschwindigkeit von nicht mehr als 40 km/h an den Bahnübergang heranzufahren, so träte auch diese erhöhte Betriebsgefahr nach Ansicht der Kammer gegenüber der Betriebsgefahr des Bahnbetreibers jedenfalls zurück.