In dem dem LG Magdeburg, Beschl. v. 19.06.2014 – 21 Qs 44/14 – zugrunde liegenden Verfahren hat sich Angeklagte in U-Haft befunden. Er ist mehr als zwei Wochen vor Beginn der Hauptverhandlung aus der Haft entlassen worden. Das AG hat daraufhin die Bestellung des dem Angeklagten nach § 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO beigeordneten Pflichtverteidigers zurückgenommen. Die dagegen gerichtete Beschwerde hatte Erfolg. Das LG Magdeburg hat die Aufhebung der Pflichtverteidigerbestellung aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das AG Magdeburg zurückverwiesen.
„Die angefochtene Entscheidung beruht auf § 140 Abs. 3 Satz 1 StPO. Die Bestellung eines Verteidigers nach — wie hier – § 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO kann aufgehoben werden, wenn der Beschuldigte mindestens zwei Wochen vor Beginn der Hauptverhandlung aus der Anstalt entlassen wird.
Ob die Voraussetzungen dieser Vorschrift vorliegen, hat das Amtsgericht Magdeburg nicht ausreichend überprüft. § 140 Abs. 3 Satz 1 StPO ordnet nicht die uneingeschränkte Aufhebung der Pflichtverteidigerbestellung bei Vorliegen der formellen Voraussetzungen an. Vielmehr wird für das mit der Frage befasste Gericht ein Ermessensspielraum eröffnet. Das Gericht ist gehalten, dieses Ermessen fehlerfrei zu gebrauchen. Im Rahmen des insoweit eingeräumten Ermessens ist stets sorgfältig zu prüfen, ob die frühere mit dem Umstand der Inhaftierung verbundene Behinderung des Angeklagten in seinen originären Verteidigungsrechten und -möglichkeiten entfallen ist oder diese Einschränkung des Angeklagten trotz Aufhebung der Haft fortbesteht und deshalb eine weitere Unterstützung durch einen Verteidiger erfordert. Das Gericht ist verpflichtet, insoweit nachvollziehbare Erwägungen anzustellen und diese zur Grundlage seiner Entscheidung zu machen (OLG Düsseldorf, Beschluss vorn 9. November 2010 – III- IV Ws 615/10, 4 Ws 615/10, zitiert nach Juris; Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 140 Rndz. 36 m. w. N.).
Diesen Anforderungen wird die angefochtene Entscheidung des Amtsgerichts Magdeburg nicht gerecht. Weder dem angefochtenen Beschluss noch der Nichtabhilfeentscheidung des Amtsgerichts Magdeburg von 4. Juni 2014 kann entnommen werden, dass sich das Gericht des ihm zustehenden Ermessens bewusst gewesen ist oder umfassend die gebotenen Überlegungen unter Berücksichtigung der spezifischen Gesichtspunkte des Einzelfalls angestellt hat. Die Begründung lässt insbesondere nicht erkennen, ob ein Fortwirken der Behinderung der Verteidigung ausnahmsweise nicht mehr besteht.
Entgegen § 309 Abs. 2 StPO ist die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses an das Amtsgericht Magdeburg zurückzuverweisen, um ihm die Möglichkeit zu geben, das ihm durch § 140 Abs. 3 Satz 1 StPO eingeräumte Ermessen rechtsfehlerfrei auszuüben (so auch OLG Düsseldorf, a.a.O.).“
Also: Einen Automatismus: Entlassung des Angeklagten aus der U-Haft – Aufhebung der Pflichtverteidigerbestellung?, gibt es nicht. So übrigens nicht nur das OLG Düsseldorf, sondern auch das OLG Celle im Beschl. des OLG Celle v. 29.07.2010 – 1 Ws 392/10 und dazu: Leider etwas vorschnell entpflichtet… leider aber auch “sitzen geblieben”.