Manchmal ist zu einer bestimmten Problematik monate-/jahrelang Ruhe. Und dann gibt es auf einmal dazu Entscheidungen. So im Moment zum rechtfertigenden Notstand bei der Geschwindigkeitsüberschreitung. Nach dem Stuhldrang beim AG Lüdinghausen (vgl. “ein drückendes Problem” – das AG Lüdinghausen und der Stuhldrang) nun das befürchtete Erbrechen beim OLG Bamberg. Da war es ein Taxifahrer, den das AG frei gesprochen hatte. Es war der Einlassung des Taxifahrers gefolgt, wonach dieser zwei betrunkene Fahrgäste befördert und deswegen auf einer BAB die Geschwindigkeit überschritten hatte, um die nächste Ausfahrt zu erreichen. Er habe damit verhindern wollen, dass einer der Fahrgäste sich im Fahrzeug übergeben müsse und sein Fahrzeug mit Erbrochenem verunreinige. Das OLG Bamberg hebt im OLG Bamberg, Beschl. v. 04.09.2013 – 3 Ss OWi 1130/13 – erst jetzt bekannt geworden – auf:, und zwar weil:
- das amtsgerichtliche Urteil legt nicht dar, wieweit das Taxi von der nächsten Ausfahrt oder einem Parkplatz entfernt war. Deshalb könne nicht nachvollzogen werden, ob der Betroffene berechtigter Weise annehmen durfte, er könnte durch schnelles Fahren die bevorstehende Verunreinigung seines Fahrzeugs durch Erbrochenes verhindern.
- dem Urteil lässt sich nicht entnehmen lässt, inwiefern – abgesehen von einem Anhalten auf dem Seitenstreifen – andere Mittel zur Verfügung gestanden hätten, um die Gefahr der Verunreinigung des Taxis abzuwehren. Es liege in jeder Hinsicht nahe, dass in Taxis sog. Brechtüten, wie dies in Flugzeugen üblich ist, mitgeführt werden.
- es kann nicht von einem Überwiegen der Interessen des Betroffenen ausgegangen werden.
Nicht nachvollziehen kann ich das Argument mit den Brechtüten. Liegt es wirklich „in jeder Hinsicht nahe, dass in Taxis sog. Brechtüten, wie dies in Flugzeugen üblich ist, mitgeführt werden„? Da muss dich dann demnächst doch mal nachfragen.
Brechtüten? Naja, je nach Fahrstil des Taxifahrers. 😉
Hallo!
Das sind wirklich unterhaltsame Themen, die Sie behandeln. Zu einer Stuhlgang-Entscheidung des OLG Zweibrücken habe ich auch schon einen Blog-Beitrag verfasst 🙂
http://dasrechtderstrasse.blogspot.de/2014/01/flitzekacke-aber-nicht-zu-schnell.html
ich bemühe mich, unterhaltsam zu sein.
Zumindest das „Brechtüten-Argument“ geht m.E. fehl: Im Flugzeug kann der „Anwender“ die Tüte sicher bedienen, da ihm zumeist aufgrund Turbulenzen/Flugangst/Essen übel sein wird. Alles Gründe, in denen die Motorik noch intakt ist.
Wer hingegen so volltrunken ist, dass er erbrechen muss, wird kaum motorisch dazu in der Lage sein, das Tütchen zu „treffen“.
Vielleicht sollte der OLG-Senat dem nächsten Trinkversuch der Rechtsreferendare (sofern in diesem Bundesland stattfindend) beiwohnen, um alkoholtypische Ausfallerscheinungen vor Augen geführt zu bekommen 😉
Ich finde das „Brechtütenargument“ albern. ich kenne keine Taxe, in der Brechtüten ausliegen, nun ja, vielleicht in Bamberg? 🙂
Albern? Auf den ersten Blick schon. Aber wenn Argumente aus Gründen der rückwärts implementierten Rechtsprechung verwendet werden ist das eigentlich nicht albern.
Die Grenze ist manchmal sehr schmal.
Aus den allermeisten Taxis würde man vermutlich umgehend rausfliegen, wenn man nach einer Brechtüte fragt. Welcher Fahrer nimmt denn jemanden mit, der so besoffen ist, dass er das Unheil schon herannahen sieht?