Der Beklagte im Verfahren, das zu dem LG Bonn, Urt v. 29.10.2013 – 8 S 118/13 – geführt hatte, hatte mit dem Pkw eines anderen als Fahrer einen Verkehrsunfall begangen und sich danach unerlaubt vom Unfallort entfernt (§ 142 StGB). Er wird dann später von der Kfz-Versicherung im Wege des Regresses in Anspruch genommen, weil er die auch den mitversicherten Fahrer treffenden vertraglichen Obliegenheiten des Versicherungsvertrages nicht beachtet haben soll. Und die Versicherung hat mit ihrer Klage keinen Erfolg:
„Etwas anders könnte allenfalls dann gelten, wenn man annähme, dass ohne Weiteres bei jedem Verkehrsunfall, bei dem sich der Fahrer von der Unfallstelle entfernt, eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine alkohol- bzw. betäubungsmittelbedingte oder anderweitig bedingte Verkehrsuntüchtigkeit des Fahrers spricht (so OLG Naumburg (Urt. v. 21.06.2012 – 4 U 95/11). Dem ist indes nicht zu folgen. So hat der Bundesgerichtshof in seinem jüngeren Urteil vom 21.11.2012 (IV ZR 97/11, […] Rz 32) ausgeführt, dass der Kausalitätsgegenbeweis nicht zwingend den Nachweis erfordert, dass der Versicherungsnehmer bzw. die versicherte Person im Unfallzeitpunkt nicht alkoholisiert gewesen ist (so auch schon LG Offenburg Urt. v. 23.08.2011 – 1 S 3/11, […]; LG Bonn, Urt. v. 15.11.2012 – 6 S 63/12, […]). Rein theoretische Möglichkeiten wie eine alkohol- bzw. betäubungsmittelbedingte Verursachung des Verkehrsunfalls reichen nicht aus, sondern es müssen gewisse Anhaltspunkte dafür bestehen. Solche sind indes (anders als in dem vom LG Zweibrücken mit Urteil vom 07.02.2013 – 2 O 88/12 – entschiedenen Fall) nicht vorhanden. Die Zeugen C und N haben im Gegenteil nicht von Anzeichen für eine Alkoholisierung oder den Genuss von Betäubungsmitteln berichtet. Allein der Umstand, dass der Beklagte den Unfallort trotz Aufforderung verlassen hat, genügt wiederum nicht, um eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine Fahruntüchtigkeit anzunehmen. Der Beklagte hat dazu vorgebracht, dass er keinen erheblichen Schaden habe erkennen können und es deshalb für gerechtfertigt gehalten habe, den Unfallort zu verlassen. Diese Einlassung ist – wenn auch nicht zutreffend – so zumindest in sich schlüssig.
c) Der Kausalitätsgegenbeweis nach § 28 Abs. 3 S. 2 VVG war auch nicht wegen einer arglistigen Obliegenheitsverletzung des Beklagten ausgeschlossen, § 28 Abs. 3 VVG. Dass der Beklagte arglistig gehandelt hat, kann nicht festgestellt werden.
aa) Die Anforderungen, die an die Annahme arglistigen Verhaltens im Sinne des § 28 Abs. 3 S. 2 VVG zu stellen sind, sind umstritten.
Einer Auffassung zufolge stellt jede vorsätzliche Verkehrsunfallflucht eine arglistige Aufklärungsobliegenheitsverletzung im Verhältnis zum Versicherer dar (LG Düsseldorf, Urt. v. 18.06.2010 – 20 S 7/10, […]; OLG München, Urt. v. 25.06.1999 – 10 U 5636/98, […]; AG Berlin-Mitte, Urt. v. 16.02.2010 – 107 C 3279/09, […]). Denn das Verlassen der Unfallstelle schränke generell die Möglichkeit des Versicherers ein, Feststellungen zu treffen, die zur Aufklärung des Sachverhalts oder zur Minderung des Schadens dienlich sein könnten.Nach anderer Ansicht und insbesondere nach in jüngster Zeit ergangener Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 21.11.2012 – IV ZR 97/11, […] Rz 29 ff.) kann bei Vorliegen einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung nicht generell auf Arglist geschlossen werden. Arglist verlange neben der vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung und über den bloßen Vorsatz hinausgehend vielmehr, dass der Versicherungsnehmer bzw. Versicherte einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolge und wisse, dass sein Verhalten den Versicherer bei der Schadensregulierung möglicherweise beeinflussen könne (so auch schon LG Bonn, Urt. v. 15.11.2012 – 6 S 63/12, […]; LG Offenburg, Urt. vom 23.08.2011, 1 S 3/11, […]; vgl. zur Arglist bei einem Unfallversicherungsvertrag: BGH, Urt. v. 04.05.2009 – IV ZR 62/0, […] Rn. 9).
Die Kammer folgt der zuletzt genannten und vom Bundesgerichtshof bestätigten, differenzierten Betrachtungsweise. ….“