Ich habe ja schon häufiger über Schadensersatzprozesse nach „getürkten Unfällen“ berichtet (vgl. z.B. Unfallmanipulation, oder: Manchmal haben auch Zivilrichter mit einem “Tatverdacht” zu tun, oder:“Getürkter” Unfall auf der BAB: Abdrängen in die Leitplanke? oder “Pechfamilie” – 25 Verkehrsunfälle in vier Jahren?, sowie: Woran erkennt man einen fingierten/manipulierten Verkehrsunfall?).
Bei der Auswertung von Jurion bin ich jetzt auf das OLG Köln, Urt .v . 12.04.2013 – 19 U 96/12 – gestoßen, das sich auch mit der Frage befasst und die Schadensersatzklage eine Unfallbeteiligten abgewiesen hat., weil von einem „manipulierten Unfall“ auszugehen war:
„Die Klage ist gleichwohl unbegründet, da dem Kläger ein Schadensersatzanspruch gemäß §§ 7 Abs. 1, 18 StVG, § 823 Abs. 1 BGB, § 3 Nr. 1 PflVG nicht zusteht. Es ist zwar entsprechend dem Vortrag der Parteien und der Auffassung des Landgerichts davon auszugehen, dass am 10.12.2008 gegen 22:35 Uhr in L auf der Q Nr. 1 die Beklagte zu 2) mit ihrem G beim Rückwärtssetzen das geparkte Fahrzeug des Klägers beschädigt hat. Auch die Beklagte zu 1) geht erstinstanzlich wie auch im Berufungsverfahren davon aus, dass nach den Feststellungen des von der Versicherung eingeholten Gutachtens vom 20.04.2009 (Anlage B 9, Bl. 73 GA) die Schäden der beiden Fahrzeuge kompatibel sind und es zu einem Unfall durch Rückwärtssetzen des G unter Unfallbeteiligung der Beklagten zu 2) gekommen ist.
Ein Schadensersatzanspruch besteht dennoch nicht, weil die Beklagte zu 1) den von ihr zu führenden Nachweis (vgl. dazu BGH NJW 1978, 2154) erbracht hat, dass die Rechtsgutsverletzung mit Einwilligung des Verletzten erfolgte und der Verkehrsunfall manipuliert, mithin nur vorgetäuscht war. Der Beweis des ersten Anscheins spricht vorliegend für einen „gestellten Unfall“ (dazu BGH, Urt. v. 06.03.1978 – VI ZR 269/76 – BeckRS 1978, 00257). Bei Häufung von Anzeichen, die auf eine Manipulation des Unfallgeschehens hindeuten, ist der Anscheinsbeweis geführt. Unerheblich ist dabei, ob diese Indizien bei isolierter Betrachtung jeweils auch als unverdächtig erklärt werden können. Ausschlaggebend ist vielmehr eine Gesamtwürdigung aller Tatsachen und Beweise, bei der aus einer Indizienkette auf eine planmäßige Vorbereitung und Herbeiführung des vermeintlichen Unfalls geschlossen werden kann (OLG Koblenz NJW-RR 2006, 95, 96; OLG Frankfurt NJW-RR 2007, 603; OLG Köln, Urt. v. 28.01.2004 – 11 U 149/01 – BeckRS 2010, 06359, OLG Köln, Urt. v. 19.07.2011 – 4 U 25/10 – BeckRS 2011, 19429).
Dabei bedarf es zum Nachweis einer Kollisionsabsprache allerdings keiner lückenlosen Gewissheit im Sinne einer mathematischen Beweisführung. Es reicht vielmehr die Feststellung von Indizien aus, die in lebensnaher Zusammenschau und praktisch vernünftiger Gewichtung den Schluss auf ein kollusives Zusammenwirken zulassen, das die Rechtswidrigkeit der angeblichen Rechtsverletzung ausschließt (vgl. OLG Hamm Schaden-Praxis 2004, 222; OLG Köln, Urt. v. 19.07.2011 – 4 U 25/10 – BeckRS 2011, 19429). Auf Grund des Sachvortrag der Parteien und des Ergebnisses der Beweisaufnahme sowie aller sonstigen Umstände liegen in ihrer Gesamtheit so viele gewichtige Anzeichen für einen gestellten Unfall vor, dass der Senat bei lebensnaher Betrachtung von dem Vorliegen eines manipulierten Verkehrsunfalls überzeugt ist.
Abgestellt hat das OLG dann u.a. auf folgende Indizien.:
- Unfall zur Nachtzeit, somit bei Dunkelheit,
- vor Ort keine neutralen Zeugen
- leicht zu steuernde Unfallkonstellation (Kollision beim Ausparken) ohne nennenswerte Verletzungsrisiken
- Abrechnung auf Reparaturkostenbasis ohne Vorlage einer Reparaturrechnung
- angebliche Schädiger ist in den vergangenen sieben Monaten in vier Verkehrsunfälle verwickelt war, die er allein verschuldet hat und bei denen werthaltige Luxusfahrzeuge deutscher Hersteller beschädigt wurden.