Manchmal ist es dann doch ertragreich 🙂 mal über den Tellerrand zu schauen und auch die zivilrechtlichen BGH-Entscheidungen durchzuforsten. Muss ich ja so oder so machen für den zivilrechtlichen Teil des VRR, aber es fallen immer mal wieder auch BGH-Entscheidungen der Zivilsenate an, die straf(verfahrens)rechtlichen Bezug haben. Dazu gehört das BGH, Urt. v. 14.03.2013 – III ZR 253/12. Da ging es um folgenden Sachverhalt:
„Der Kläger ist Miteigentümer einer in B. gelegenen Eigentumswohnung. Im Rahmen einer richterlich angeordneten Durchsuchung der Wohnung wurde das von einem Spezialeinsatzkommando der Polizei zum Einsteigen benutzte Fenster beschädigt und der Teppichboden durch Glassplitter verunreinigt. Hintergrund des Durchsuchungsbeschlusses war der Verdacht, dass der Mieter der Wohnung mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel trieb. Eine in der Vergangenheit liegende Verstrickung des Mieters in Drogendelikte kannte der Kläger, der mit der Schwester des Beschuldigten in einer Beziehung lebt.
Der Kläger verlangt aus eigenem und abgetretenem Recht Erstattung der für die Beseitigung der entstandenen Schäden erforderlichen Kosten. Das Landgericht hat dem Kläger eine Entschädigung von 802 € unter dem Gesichtspunkt des enteignenden Eingriffs zugesprochen. Auf die Berufung des beklagten Landes hat das Oberlandesgericht unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers.“
Die Revision hatte beim BGH Erfolg. Der hat aufgehoben und zurückverwiesen. Die Auffassung des Berufungsgerichts, das davon ausgegangen war, dass ein Vermieter grundsätzlich das Risiko von Sachschäden bei Ermittlungsmaßnahmen gegen seinen Mieter trägt, und insoweit von vornherein die Annahme eines entschädigungspflichtigen Sonderopfers ausscheide, sei rechtsfehlerhaft. Unerheblich war auch – so hatte das beklagte Land argumentiert – dass der eingetretene Schaden lediglich 802 € betragen hatte. Aber von Bedeutung kann sein, ob der Vermieter von der Begehung von Straftaten aus der vermieteten Wohnung weiß.
Die interessante und lesenswerte Entscheidung hat folgende Leitsätze.
a) Dem Vermieter einer Wohnung steht für Schäden, die im Zuge einer rechtmäßigen Durchsuchung der Wohnung im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen den Mieter verursacht worden sind, grundsätzlich ein Anspruch aus enteignendem Eingriff zu.
b) Ein dem Anspruch aus enteignendem Eingriff zugrunde liegendes gleichheitswidriges Sonderopfer kann allerdings dann zu verneinen sein, wenn der Vermieter weiß beziehungsweise davon erfährt oder es sich ihm aufdrängen muss, dass die Wohnung für die Begehung von Straftaten, die Lagerung von Diebesgut oder von Drogen benutzt wird oder werden soll, und er gleichwohl den Mietvertrag abschließt oder von einem Kündigungsrecht keinen Gebrauch macht.
Wissen, erfahren, aufdrängen. Wann drängt sich einem Vermieter auf, dass in der vermieteten Wohnung Straftaten begangen werden? Wenn Bärtige große blaue Fässer in die Wohnung rollen? Bei Jugendlichen um die 15 mit eigenem PC? Wenn auf dem Mieterauto „Legalize it“ steht?