Manchmal wird eine Strafaussetzung ein wenig schnell widerrufen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn sich der Verurteilte beim bewährungshelfer nicht oder nicht ausreichend häufig meldet. Dann sind die Strafvollstreckungskammer schnell mit dem Widerruf bei der Hand. Sie übersehen aber dann nicht selten, dass allein der beharrliche und gröbliche Verstoß des Verurteilten gegen ihm erteilte Weisungen oder das beharrliche Sich-Entziehen der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers schon nach dem Gesetzeswortlaut des § 56f StGB den Widerruf der Strafaussetzung nicht rechtfertigen. Maßgeblich ist vielmehr, ob unter Berücksichtigung der gesamten Umstände der Verstoß zu der kriminellen Neigung oder Auffälligkeit des Verurteilten so in einer kausalen Beziehung steht, dass die Gefahr weiterer Straftaten besteht.
Das hat jetzt noch einmal der OLG Hamm, Beschl. v. 26.03.2013 – III-1 Ws 124/13 – klar gestellt:
Der Widerruf der Strafaussetzung gern. § 56f Abs. 1 Nr. 2 StGB setzt allerdings neben dem beharrlichen „Sich Entziehen“ voraus, dass der Betroffene dadurch Anlass zur Besorgnis gibt, dass er erneut Straftaten begehen wird. Allein der beharrliche und gröbliche Verstoß des Verurteilten gegen ihm erteilte Weisungen oder das beharrliche Sich-Entziehen der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers rechtfertigen schon nach dem Gesetzeswortlaut den Widerruf der Strafaussetzung nicht (BVerfG NStZ-RR 2007, 338). Maßgeblich ist vielmehr, ob unter Berücksichtigung der gesamten Umstände der Verstoß zu der kriminellen Neigung oder Auffälligkeit des Verurteilten so in einer kausalen Beziehung steht, dass die Gefahr weiterer Straftaten besteht (BVerfG a.a.O.; Fischer, 60. Aufl. § 56f Rdnr 11, jew. m.w.N.). Dies setzt eine erneute Prognosestellung voraus, welche auf konkreten und objektivierbaren Anhaltspunkten beruht (BVerfG a.a.O.; Fischer a.a.O.). Die Strafkammer hat neben den Weisungsverstößen vorliegend keine konkreten und objektivierbaren Anhaltspunkte da- für dargelegt, aus welchem Grund der Weisungsverstoß Anlass zur Begehung neuer Straftaten bietet. Die Straftaten des Betroffenen in der Vergangenheit betreffen ausschließlich solche auf dem Gebiet des Betäubungsmittelrechts. Der Betroffene beging die der vorliegenden Strafe zugrundeliegenden Taten nach den Urteilsfeststellungen aufgrund seiner Verstrickung in das Drogenmilieu bei eigenem Suchtmittelmissbrauch und fehlenden beruflichen Perspektiven. Mit Blick auf die derzeit aufgenommene Arbeitsstelle und die vorgelegten sämtlich negativen Drogenscreenings lässt sich insoweit keine negative Prognose allein aufgrund des sich der Überwachung des Bewährungshelfers entziehenden Verhaltens des Betroffenen herleiten. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte für den Verdacht erneuten Suchtmittelmissbrauchs aufgrund des Verstoßes gegen die Weisung. Soweit die Kammer aus- schließlich darauf abstellt, dass der Betroffene ihr bzw. der Ausländerbehörde gegenüber falsche Angaben gemacht hat, vermag der Senat allein hierin keine Anhaltspunkte für eine kriminelle Neigung des Betroffenen zur gewohnheitsmäßigen Begehung von Straftaten herleiten. Die entsprechende Folgerung der Strafkammer stellt sich vielmehr als reine Mutmaßung dar.