Manche Problembereich haben die Rechtsprechung eine Zeit lang sehr beschäftigt, um dann auf einmal fast oder völlig in der Versenkung zu verschwinden. Dazu gehört für mich der Bereich des Verdeckten Ermittlers und/oder des V-Mannes. Woran es liegt, kann ich nicht sagen, jedenfalls ist auffällig, dass es dazu in der letzten Zeit bzw. fast keine Rechtsprechung gegeben hat. Um so schöner, wenn man dann mal doch wieder auf eine Entscheidung stößt, die sich mit der Problematik befasst, nämlich den – schon etwas älteren – KG, Beschl. v. 24.07.2012 – (4) 161 Ss 99/12 (177/12) , der sich mit der Frage der Beweiswürdigung in den Fällen des sog. „Zeugen vom Hörensagen“, der sich auf die Angaben (s)eines Gewährsmannes beruft. In den Fällen sind erhöhte Anforderungen an die Beweiswürdigung erforderlich. Die hatte das LG nicht erfüllt:
„aa) Die Kammer hat die erhöhten Anforderungen an die Beweiswürdigung in den Urteilsgründen zwar erwähnt, jedoch nicht die Notwendigkeit erkannt, sich mit der Persönlichkeit des Belastungszeugen und vor allem den für seine Bekundungen maßgeblichen Motiven auseinanderzusetzen. Sie hat ferner den über die Vernehmung der VP-Führer in die Hauptverhandlung eingeführten Aussageinhalt und das Aussageverhalten der VP 2, auf deren Angaben sie die Verurteilung wegen Beteiligung an dem Betäubungsmittelgeschäft im Wesentlichen gestützt hat, nur im Ansatz dargelegt. Sie hat sich stattdessen auf die – nicht nach den Personen differenzierte – pauschale Feststellung beschränkt, dass die VP 1 und 2 „ohne Beanstandungen“ gearbeitet, das Vertrauen der VP-Führer genossen und „detailreich und nachvollziehbar belastende Geschehensabläufe“ geschildert hätten. Ob die Schilderung der VP 2 über das Tatgeschehen dieser – auf Hörensagen beruhenden – Wertung genügt hat, kann der Senat nicht beurteilen. Denn welche Einzelheiten die VP 2 über die bloße Anwesenheit des Angeklagten, seine an die VP 2 gerichtete Aufforderung zu warten und das Führen eines Telefonats nicht näher mitgeteilten Inhalts hinaus berichtet hat, hat die Kammer nicht mitgeteilt.
bb) Eine Vertrauensperson der Polizei, die sich regelmäßig in dem kriminellen Umfeld bewegt, in dem die Strafverfolgungsbehörden Erkenntnisse zu gewinnen versuchen, und aufgrund ihrer Möglichkeiten, das Vertrauen von Straftätern zu gewinnen oder vorhandene Verbindungen auszunutzen, angeworben worden ist, bietet besonderen Anlass zu einer (kritischen) Würdigung ihrer Angaben, wenn – wie hier ausweislich der Angaben des Zeugen S. – ein finanzielles Eigeninteresse an einem Gelingen der polizeilichen Maßnahme nicht ausgeschlossen werden kann. Zudem liegt ein Interesse von Vertrauenspersonen, auch zu künftigen Einsätzen hinzugezogen zu werden, regelmäßig nahe. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Angaben der VP 2 wäre ferner erforderlich gewesen, weil aufgrund der zeitgleich durchgeführten Telefonüberwachung zumindest eine Bestätigung des durch die VP 2 erwähnten Telefonanrufs des Angeklagten zu erwarten gewesen wäre. Die Generalstaatsanwaltschaft hat insofern zutreffend darauf hingewiesen, dass die Annahme des Landgerichts, dass der Angeklagte mit einem polizeilich nicht registrierten und nicht überwachten Mobiltelefon telefoniert haben kann, zwar theoretisch möglich ist, jedoch nicht auf objektiven Anhaltspunkten beruht.“
Ein „Undercover agent mit finanziellem Eigeninteresse” (= korrupter verdeckter Ermittler der Polizei) ist etwas anderes als ein „V-Mann mit finanziellem Eigeninteresse“ (= Person aus dem kriminellen Milieu, die für Informationen Geld von der Polizei erhält). Hier geht es um letztere Konstellation.
es ist immer schön, wenn man von intelligenten Menschen umgeben ist 🙂
Auch bei BGH 5 StR 240/13 taucht der V-Mann wieder auf, nebst Ohrfeigenbegleitung für die Ermittler.