Der Aufruf: „Komm, wir gehen schottern“ – strafbar oder nicht?

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Durch die wieder aufgekommene Diskussion um die Castortransporte und/oder die Endlagerung von Atom-Müll, bekommt wahrscheinlich ein Beschluss des OLG Celle erhebliche Brisanz und praktische Bedeutung, auf den das OLG in einer PM  hingewiesen hat, und zwar der OLG Celle, Beschl. v. 14. 03.2013 – 31 Ss 125/12. In dem Verfahren ging es um die Frage der Strafbarkeit des öffentlichen Aufrufs zum „Schottern“. Die hat das OLG bejaht. Dazu die – zunächst nur vorliegende PM –

Etwa 1.780 Unterzeichner, darunter auch der Angeklagte, hatten sich im Jahr 2010 auf einer frei zugänglichen Internetseite mit ihren Namen in eine dort veröffentlichte Liste eingetragen, um die angekündigte „Schotter – Aktion“ anlässlich des Castortransportes zu unterstützen. Ziel der Aktion war es den damaligen Castor – Transport aufzuhalten. Durch Entfernung der Schottersteine aus dem Gleisbett der Schienenstrecke, sollte die Standfestigkeit des Gleisbettes derart beeinträchtigt werden, dass die Strecke unbefahrbar würde (sog. Schottern). Das Amtsgericht Lüneburg verurteilte den Angeklagten im Juni 2012 wegen öffentlicher Aufforderung zu Strafftaten zu einer Geldstrafe in Höhe eines halben Netto-Monatsgehalts.

Der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle bestätigte auf die Revision des Angeklagten die Entscheidung des Amtsgerichts Lüneburg mit Beschluss vom 14. März 2013 (31 Ss 125/12). Zunächst stelle die Entfernung der Schottersteine aus einem Gleisbett, bis dieses unterhöhlt und unbefahrbar ist, eine strafbare Handlung im Sinne einer Störung öffentlicher Betriebe nach § 316 Abs. 1 Nr. 1 StGB* dar. Die Gleise der Deutschen Bahn AG dienten dem öffentlichen Verkehr, auch wenn sie in gewissen Zeiträumen ausschließlich dem Castor – Transport zur Verfügung stünden.

Außerdem habe sich der Angeklagte mit der Unterzeichnung einer öffentlich zugänglichen Unterschriftenliste, die ausdrücklich den bildlichen und schriftlichen Aufruf zum „Schottern“ unterstützen sollte, den Aufruf zur Störung öffentlicher Betriebe zu Eigen gemacht. Damit habe der Angeklagte die Schwelle von einer Meinungsäußerung oder straflosen Befürwortung von Straftaten zur strafbaren Aufforderung überschritten. Die Veröffentlichung der Aktionspläne könne nicht mehr als Versuch der Sensibilisierung anders Denkender innerhalb eines politischen Streites gesehen werden. Vielmehr enthalte der Aufruf die Handlungsanweisung, an einem bestimmten Tattag und Tatort eine näher bezeichnete strafbare Handlung umzusetzen. Die tatsächliche Umsetzung der „Aktion-Schottern“ sei vom Aufruf bezweckt und durch die Unterzeichnung des Angeklagten von diesem auch ausdrücklich erwünscht und angestrebt gewesen.

Der Pressesprecher und Richter am Oberlandesgericht Dr. Götz Wettich erläutert: „Die Entscheidung schafft Rechtssicherheit in Bezug auf die bisher diskutierte Frage der Strafbarkeit des sog. Schotterns. Atomkraftgegnern bleibt es natürlich weiter unbenommen, andere von ihrer Meinung zu überzeugen und die Auseinandersetzung mit den Castor-Transporten öffentlich und mit kreativen oder spektakulären Aktionen zu begleiten.Aber die Rechtsordnung schützt nicht nur die Meinungs- und Demonstrationsfreiheit der einen, sondern auch die Eigentumsrechte der anderen. Die Gerichte müssen dies bei der Auslegung der Straftatbestände berücksichtigen.

Dass die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner des Aufrufs jede Gefahr für Leib und Leben von Unbeteiligten und Polizisten ausschließen wollten und sich für ein überragend wichtiges politisches Anliegen einsetzten, spiegelt sich in der sehr milden Strafe.“

*Hinweis: Kleiner Fehler in der PM: Es muss nicht „§ 316 Abs. 1 Nr. 1 StGB heißen sondern: § 316b Abs. 1 Nr. 1 StGB“. Kann auch mal beim OLG passieren.

 

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