Etwas erstaunt war ich dann doch, als ich das BGH, Urt. v. 19. 12. 2012 – IV ZR 186/11 – gefunden habe. Der – 4. Zivilsenat des – BGH nimmt darin zu der in Rechtsprechung und Literatur immer noch umstrittenen Frage Stellung, ob im Bußgeldverfahren das vorbereitende Verfahren vor der Verwaltungsbehörde und das gerichtliche Verfahren dieselbe oder verschiedene Angelegenheiten sind. Die Frage hat Bedeutung für den Anfall mehrerer Postentgeldpauschalen nach Nr. 7002 VV RVG – darum ging es in dem Urteil -, für die Frage des Übergangrechts und für die Anrechnung von Vorschüssen nach § 58 Abs. 3 RVG.
Der 4. Zivilsenat hat sich gegen die h.M. in Rechtsprechung und Literatur entschieden, die von verschiedenen Angelegenheiten ausgeht, und hat dieselbe Angelegenheit angenommen. So weit, so gut. Mich überzeugen – als Angehöriger der Gegenmeinung 🙂 – die Argumente des BGH nicht, aber man muss es eben hinnnehmen, auch wenn es nicht der Fachsenat des BGH ist, der zu der Frage Stellung genommen hat. Die RSV werden jubeln, bringt die Entscheidungen doch bei der Nr. 7002 VV RVG manchen Euro. Auch Kleinvieh macht eben Mist.
Ich frage mich bei der Lektüre des Urteils allerdings: Warum so und warum jetzt noch? Auch wenn man das Urteil mehrfach liest: Man findet nämlich keinen Hinweis auf die gegenteilige Ansicht des Gesetzgebers, der im 2. KostenrechtsmodernisierungsG ab 01.07.2013 die Frage gesetzlich regeln wird, und zwar durch einen neuen § 17 Nr. 11 RVG. Danach handelt es sich um verschiedene Angelegenheiten.Warum der BGH das nun noch anders sieht, bleibt sein Geheimnis. Und: Es stünde einem obersten Bundesgericht m.E. gut an, in einer solchen Entscheidung wenigstens mal auf die kommende – andere – gesetzliche Regelung hinzuweisen, wenn man sich schon nicht damit auseinander setzen will, dass und warum der Gesetzgeber einen anderen Weg gehen wird/will. Aber wie gesagt: Dazu kein Wort.
Dennoch alles in allem: Das BGH-Urteil wird ab 01.07.2013 nur noch Rechtsgeschichte sein = für die Vergangenheit gelten. Alle „neuen“ Aufträge richten sich dann nach § 17 Nr. 11 RVG.
Vorfreude ist doch die schönste Freude!
Nun ja, wenn der Gesetzgeber sich zu einer *Änderung* (bestenfalls: Klarstellung) gezwungen sieht, spricht das doch durchaus gerade dafür, dass die Rechtslage davor entgegengesetzt sein muß (bestenfalls: kann).
wieso „davor entgegengesetzt sein muß (bestenfalls: kann).“? Dre BGh ist doch nicht im Stande der allein selig machenden Gnade :-). Auch er kann irren….
Was „der Gesetzgeber“ denkt, wissen wir (und der BGH) überdies frühestens dann, wenn das Gesetz im Bundestag beschlossen worden ist. Oder hat Herr Burhoff Kenntnisse darüber, dass Gesetze in Deutschland neuerdings auch auf andere Weise zustande kommen können??
Den Kommentar hatten wir ähnlich schon an anderer Stelle. Die Wiedeholung macht ihn m.E. nicht besser.
„entgegengesetzt sein muß“ deshalb, weil sonst eine Änderung nicht erforderlich wäre.