Die Reisekosten des freigesprochenen Angeklagten – Ja, aber…

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Nach Freispruch beantragt der ehemalige Angeklagte die Festsetzung ihm zu erstattender Auslagen in Höhe von insgesamt 2.916,00 €, die ihm durch Fahrten mit seinem eigenen Kraftfahrzeug von J. zu den insgesamt 15 Hauptverhandlungsterminen in H. entstanden seien. Begründung: Er studiere seit dem Sommersemester 2011 in J. und habe dort seinen angemeldeten Nebenwohnsitz. Die Rechtspflegerin hat nur die Kosten festgesetzt, die bei Fahrten von dem Hauptwohnsitz des Angeklagten in B., wo er auch geladen worden ist, nach H. entstanden wären. Das waren rund 190 €.  Der ehemalige Angeklagte geht ins Rechtsmittel und hat teilweise Erfolg. Der OLG Celle, Beschl. v. 14.09.2012 – 1 Ws 360/12 – sagt: Ja, aber:  

„a) Zu den erstattungsfähigen Auslagen des Freigesprochenen gehören grundsätzlich auch die Kosten für die Fahrten zu den Verhandlungsterminen im eigenen Kraftfahrzeug (vgl. Meyer-Goßner, StPO 55. Aufl. § 464a Rn. 15 m.w.N.). Zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass §§ 5 und 6 JVEG insoweit entsprechend anzuwenden sind (Meyer-Goßner aaO). Nach § 5 Abs. 5 JVEG hat ein Beteiligter, der dem Gericht nicht unverzüglich anzeigt, dass er zum Termin von einem anderen als dem in der Ladung angegebenen Ort anreist, grundsätzlich nur Anspruch auf Ersatz seiner Reisekosten in Höhe der notwendigen Fahrtkosten von dem in der Ladung angegebenen Ort. Der Behauptung, dass der Freigesprochene die Anreise aus J. hier rechtzeitig angezeigt habe, steht entgegen, dass im Protokoll der Hauptverhandlung als sein Wohnsitz nur der in B. angegeben ist.

b) Dies kann hier jedoch dahingestellt bleiben. Denn die Regelung in § 5 Abs. 5 JVEG gilt nicht ausnahmslos. Die unverzügliche Anzeige soll dem Gericht nur die Prüfung ermöglichen, ob es den Zeugen oder Sachverständigen zunächst abbestellen will (vgl. OLG Dresden JurBüro 1998, 269; Hartmann, Kostengesetze, 39. Aufl. JVEG § 5 Rn. 22). Hätte das Gericht die Ladung aber in jedem Fall aufrechterhalten, so sind dem Zeugen oder Sachverständigen die Mehrkosten der An- und/oder Rückreise von oder zu einem anderen als dem in der Ladung angegebenen Ort auch dann zu erstatten, wenn er die Anreise von dem anderen Ort verspätet oder überhaupt nicht angezeigt hat (vgl. OLG Dresden aaO; OLG Schleswig RPfl 1962, 367; Hartmann aaO Rn. 24; Meyer/Höver/Bach, JVEG 25. Aufl. § 5 Rn. 5.23). So liegt es zweifelsohne auch hier. Da gegen einen ausgebliebenen Angeklagten gemäß § 230 Abs. 1 StPO eine Hauptverhandlung nicht stattfinden kann, ist es ausgeschlossen, dass die Jugendkammer den Freigesprochenen abgeladen hätte, wenn er seine Anreise aus J. rechtzeitig angezeigt hätte. Die fehlende Anzeige steht also der Erstattungspflicht hier nicht entgegen.“

Das war das „Ja“, und dann das „Aber“:

Der Beschwerdeführer hat bislang nicht nach § 464b Satz 3 StPO i.V.m. § 104 Abs. 2 Satz 1 ZPO glaubhaft gemacht, dass er tatsächlich nach jeder Sitzung mit seinem eigenen Kraftfahrzeug zurück nach J. gefahren und zur nächsten Sitzung erneut von dort angereist ist. Allein die vorgelegte Meldebescheinigung genügt dafür nicht. Denn der Freigesprochene hat seinen Hauptwohnsitz ausweislich des Sitzungsprotokolls noch zu Beginn der Verhandlung mit B. angegeben. Berücksichtigt man zudem die hohe Terminierungsdichte – zum Teil haben Sitzungen an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen stattgefunden -, so versteht es sich keinesfalls von selbst, dass ein Angeklagter, der zum damaligen Zeitpunkt noch nicht sicher voraussehen konnte, dass ihm die Fahrtkosten von der Landeskasse erstattet werden, nach jedem Sitzungstag die erhebliche Entfernung zu seinem Nebenwohnsitz nach J. zurücklegt, obwohl er in der Nähe seinen Hauptwohnsitz hat.“

Bei der Konstellation hätte ich auch mal nachgefragt.

 

Ein Gedanke zu „Die Reisekosten des freigesprochenen Angeklagten – Ja, aber…

  1. F. Lorenz

    Die Reisekosten des mittellosen Angklagten mit Formular:
    https://www.kanzlei-hoenig.de/specials/infos-zu-den-kosten/kostenfragen-im-strafverfahren/reisekosten-fuer-den-angeklagten

    Das ist jetzt mal wieder der Oberhammer:
    http://blog.justizfreund.de/wp-content/uploads/2019/0120190116reisekostenversagunggerichtsschreiben.pdf

    Um die Durchführung der Hauptverhandlungs zu gewährleisten gab es Fahrkarten der DB für eine über 400km lange Anreise. Es wurde aber um eine weitere Verspätung von bereits 2 Stunden von min. 1,5 Stunden zu vermeiden mit einem Bus für 10 EUR gefahren und außerdem besteht ja noch ein Anspruch auf Tagegeld.

    Ich habe jetzt 5 falsche unterschiedliche (Nicht-)Bewilligungen von diesem Gericht und die sind nicht in der Lage auch nur das allergeringste zu verstehen egal wie ausführlich man ihnen mit welchen Nachweisen vom Deutschen Bundestag etc. erklärt.

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